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Das Moor Des Vergessens

Das Moor Des Vergessens

Titel: Das Moor Des Vergessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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bedenkt, wie wenig Möglichkeiten sie hatte, finde ich es ein Wunder, dass Tenille so geworden ist, wie sie ist.«
    »Was? Eine, die im ganzen Land von der Polizei gesucht wird?« Matthew lachte. »Es gibt offensichtlich noch eine andere Seite in ihrem Leben, von der du nichts weißt.« »Das hat nichts mit Tenille zu tun«, sagte Jane ungeduldig. »Der Ermordete, Geno Marley, ist der Freund ihrer Tante. Was immer er an Problemen gebracht hat, es hat nichts mit Tenille zu tun.« Jane wandte sich plötzlich ab, weil sie nicht wollte, dass ihre Mutter ihr Gesicht sah. Judy hatte immer schon die Gabe, Lügen zu erkennen. »Ich geh nach oben. Ich will die Sache online verfolgen, mal sehen, was ich herausfinden kann.«
    »Jane ...«, sagte ihre Mutter, ohne etwas zu erreichen, als sie hinausging. Judy sah Allan hilflos an. »Wir können sie nicht dorthin zurückgehen lassen. Es ist auch ohne diese Sache schon schlimm genug, sich darüber Sorgen machen zu müssen, dass ihr bei einem Anschlag etwas passieren könnte.«
    »Ich wüsste nicht, wie wir sie zurückhalten sollten. Sie ist erwachsen, Judy, und trifft selbst ihre Entscheidungen.« »Hat sie das nicht schon immer gemacht?« Matthew stand auf und übergab Judy seinen Sohn. »Ich muss nach Hause«, sagte er, sammelte die Babysachen ein, die er überall bei sich hatte, wo er mit seinem Sohn hinging, und packte sie in den Kinderwagen. »Ach ja, morgen geh ich mit den Kindern zum Hadrianswall. Diane hat gesagt, sie wird auf jeden Fall am Vormittag zu Hause sein, falls Jane zum Kaffee vorbeikommen will. Könntet ihr ihr das vielleicht ausrichten, wenn sie mit ihrem Streifzug durch die Londoner Unterwelt fertig ist?«
    Aber als er seinen Sohn ins Tal hinunterschob, war er in Gedanken nicht mit Mord beschäftigt. Dorcas Masons Name war ihm plötzlich wie aus heiterem Himmel begegnet. Er würde zu Hause nachsehen müssen, aber er war ziemlich sicher, dass er genau wusste, wo er die Nachkommen von Dorcas Mason finden konnte. Wenn er Jane half, ihr kostbares Manuskript aufzuspüren, würde er einen Teil des Ruhms abkriegen. Und es würde ihren paranoiden Klagen ein Ende setzen, dass er davon besessen sei, sich gegen sie durchzusetzen. Im Grunde seines Herzens hatte er die ständigen Grabenkämpfe und das Gezänk genauso satt wie Jane. Dies könnte seine große Chance sein, zu zeigen, dass er doch ein guter Bruder war. Eine Gelegenheit, die sie niemals so hindrehen konnte, dass er in einem schlechten Licht erschien. Das sonnige Lächeln ließ Matthews Augen wieder leuchten, und er begann beim Gehen leise zu summen.
    Der Bus nach Lancaster hatte Verspätung, und Tenille verpasste den Anschluss nach Kendal, dem Tor zum Lake District. In der Nähe des Busbahnhofs hatte sie ein Hamburgerlokal gefunden, wo sie versuchte, sich mit einem Cheeseburger und einer Cola so lange wie möglich aufzuhalten. Aber der dünne Junge hinter dem Tresen starrte sie immer wieder an. Zuerst fragte sie sich, ob er ihre Verkleidung durchschaut hatte, aber als die Zeit langsam verrann und sie die anderen Gäste genauer betrachten konnte, wurde ihr klar, es ging wahrscheinlich eher darum, dass sie der einzige schwarze Teenager in der Imbissstube war. Sie hatte schon immer gewusst, dass es außerhalb von London nicht so viele Schwarze gab, aber das hatte sie nicht darauf vorbereitet, aufzufallen.
    Wenn sie schon an einem Ort wie dem Schnellimbiss so wahnsinnig hervorstach, war ihr klar, dass es noch viel schwieriger sein würde, im Freien zu schlafen, als sie gedacht hatte. Dies hier war eine kleine Stadt, wo die Bullen ihre Leute kannten und sowieso gleich wüssten, dass sie von auswärts war. Wenn von den Polizisten in London weitergegeben worden war, dass sie sich abgesetzt hatte, würde selbst ein blöder Provinzpolizist nicht lange brauchen, um ihr auf die Schliche zu kommen.
    Tenille starrte auf den Tisch hinunter. Sie hatte sich vorgemacht, es werde eine Art von Abenteuer sein. Aber das war es nicht. Sie war einsam und hatte Angst, und egal, wie sehr sie sich bemühte, es zu vergessen, Geno war tot. Und zwar ihretwegen.
    Ihr Dad war nie ein Teil ihres Lebens gewesen. Sie hatte sich gesagt, das mache ihr nichts aus und es ginge ihr gut ohne ihn. Aber jetzt war er ein Teil ihres Lebens geworden, und sie konnte die widerstreitenden Gefühle, die dadurch entstanden waren, nicht einordnen. Sicher, sie war stolz, dass er ihr dadurch Respekt erwiesen hatte, dass er sich bei der Bedrohung für sie

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