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Das Mordkreuz

Das Mordkreuz

Titel: Das Mordkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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Zeugen es sich dabei handeln könnte. «Lassen Sie mich nachdenken.» Es dauerte. «Ja», sagte er gedankenversunken, «ich glaube, ich bin nochmal mit dem Uno gefahren.»
    «Warum?»
    «Himmel, das ist fast ein Jahr her. Woher soll ich das noch wissen?»
    «Ich würde mich an jede Minute erinnern, in der meine Frau noch am Leben war.»
    Wildes Blick schweifte ab. Irgendwo am Horizont suchte er nach einer Antwort. «Wahrscheinlich habe ich eine Testfahrt gemacht.»
    «Wieso das?»
    «Vielleicht hatte ich mich geirrt, und es waren doch die Bremsbeläge. Letzten Endes wäre das kostenmäßig ein großer Unterschied gewesen.»
    Heinlein glaubte ihm kein Wort. Über Wildes Schulter hinweg sah er einen Bauarbeiter auf sie zueilen. Vor der Grube machte er halt und schrie, wann der Aushub denn nun fertig wäre. Die Kipper warteten auf eine neue Fuhre. Heinlein ließ es mit der Befragung vorerst gut sein und entließ Wilde mit einer letzten Frage. «Was hat die Inschrift auf dem Steinkreuz zu bedeuten?»
    «Welche Inschrift? Welches Kreuz?»
    «An der Unfallstelle, bei der Autobahnauffahrt.»
    «Ich habe keine Ahnung, wovon Sie sprechen.»
    «Und die Blumen? Stammen die auch nicht von Ihnen?»
    Wilde sammelte Kraft. «Hören Sie: Ich kenne weder ein Kreuz noch eine Inschrift. Und schon gar keine Blumen. Wer auch immer damit zu tun hat, gehört nicht zur Familie. Denn dann wüsste ich davon. An der Stelle sind schon andere gestorben. Habe ich nun alle Fragen beantwortet? Wenn ja, dann verschwinden Sie endlich von meiner Baustelle. Jede Minute, die Sie mich aufhalten, kostet den Steuerzahler Geld. Außerdem bitte ich Sie zukünftig, Fragen, die den Tod meiner Frau betreffen, mit meinem Anwalt zu klären. Ich habe wirklich keine Zeit für diese alten Geschichten.»
    Dann gab er dem Baggerfahrer Anweisung, die Schaufel wieder in Betrieb zu nehmen.
    Heinlein lächelte. Jetzt hatte er ihn am Haken.

34
    Der blasse Mond erhob sich über die grünen Berge,
    die Sonne tauchte ins blaue Meer,
    als ich mit meiner Geliebten
    zum Brunnen schlenderte,
    im schönen Tal von Tralee.
    Sie war liebenswert und schön
    wie eine Rose.
    Doch das war es nicht allein,
    das mich überwältigte.
    Es war die Wahrheit in ihren Augen,
    die mich niemals trügen würde.
    Deswegen liebte ich sie,
    Mary, die Rose aus Tralee.
    Weißt du noch, als wir dieses rührselige alte
The Rose of Tralee
voller Inbrunst sangen? Damals in diesem Pub in Dingle? Zusammen mit den alten Männern, denen die Tränen in den Augen standen? Wir waren so sorglos, lebten nur für den Moment und vergaßen alles um uns herum. Wie im Taumel durchstreiften wir die Küste entlang den schroffen Bergen und den Klippen. Du hattest keine Angst vor dem Absturz, sagtest, der Tod sei dein Gefährte. Und bevor du ihn kennenlerntest, würde dich die Weiße Frau besuchen. Für die Umkehr wäre dann noch Zeit genug.
    Du kanntest sie gut, diese mysteriöse Gestalt, die mich ein Leben lang begleitete. Dessen war ich mir von Anfang an sicher. Sie war ein Teil von dir. Vielleicht mehr. Wir hatten zuwenig Zeit, um es herauszufinden. Gern wäre ich den Weg weiter mit dir gegangen.
    Du warst meine Rós Fódhla, meine gälische Rose, wie es keine zweite gegeben hat. Liebenswert und schön, wie dieses Land, das wir beide so sehr liebten. Wenn es regnete, und das tat es oft, dann warst du die Sonne, die dem Regenbogen die Farbe lieh. Von Horizont zu Horizont, zu deinen Füßen weideten die Schafe im satten Grün und schüttelten sich den Regen aus der Wolle. In der Gischt des Wassers, das schonungslos gegen die schroffen Klippen peitschte, sah ich dich wie im rotgoldenen Licht, das über den Mooren vor Galway lag. Im Lächeln der Menschen, die bei einem Plausch am Wegesrand oder einem Guinness im Pub ihre Herzlichkeit offenbarten, habe ich dich erkannt.
    Alles hinweggewischt durch einen gemeinen Hinterhalt. Er wird nicht ungesühnt bleiben. Das schwöre ich dir.
    Bald ist es so weit. Dann werden wir wieder vereint sein. Ich und du, meine wunderschöne Rós Fódhla.

35
    Der Polizeipräsident hatte bei Heinleins Bericht die Stirn in Falten gelegt, und es schien, als wollten sie sich tief darin vergraben, so ungeheuerlich erwiesen sich die Umstände, die zum Urteil im Fall Rosie Wilde geführt hatten.
    «Kilian hat das gewissenhaft recherchiert?», versicherte er sich vorsorglich.
    «Ja», antwortete Heinlein knapp und ohne den Hauch eines Zweifels zuzulassen.
    «Dann wird mir einiges klar.» Er erhob sich. Am

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