Das Moskau-Komplott
angelehnt war, und der unverwechselbare Geruch von türkischem Tabak stieg ihm in die Nase. Er berührte die Tür mit seinen Fingerspitzen und gab ihr einen leichten Stoß, sodass sie in ihren geölten Angeln nach innen aufschwang.
Es war zwei Jahre her, dass er einen Fuß in diese sichere Wohnung gesetzt hatte, doch es hatte sich nichts verändert: dieselben tristen Möbel, derselbe fleckige Teppich, dieselben Verdunklungsvorhänge an den Fenstern. Adrian Carter und Uzi Navot beäugten ihn neugierig von ihren Plätzen in der billigen Essecke aus, als hätten sie gerade einen Scherz gemacht, den nur sie verstanden und an dem sie Gabriel nicht teilhaben lassen wollten. Ein paar Sekunden später kam Ari Schamron durch die Küchentür marschiert, eine Tasse mit Untertasse balancierend, sein hässliches Gestell wie eine Schutzbrille auf seinen kahlen Schädel geschoben. Er trug seine übliche Uniform, Kakihosen und ein weißes Oxfordhemd, dessen Ärmel bis zu den Ellbogen hochgekrempelt waren. Eine Rückkehr in den Außendienst wirkte stets Wunder auf sein Aussehen - selbst wenn sie ihn nur in eine bequeme Wohnung im 16. Pariser Arrondissement führte -, und er wirkte so fit wie schon lange nicht mehr.
Er blieb kurz stehen und blinzelte Gabriel an, dann ging er weiter ins Wohnzimmer, wo in einem Aschenbecher auf dem Couchtisch eine Zigarette glomm. Gabriel war Sekunden vor ihm dort und drückte sie hastig aus.
»Was tust du denn da?«, fragte Schamron.
»Du sollst doch nicht rauchen.«
»Wie kann ich das Rauchen aufgeben, wenn mein bester Agent einen Krieg mit Russland vom Zaun brechen will?« Er stellte seine Tasse auf den Couchtisch und stapfte wütend im Raum auf und ab. »Du warst bevollmächtigt, ein Treffen mit Elena Charkowa zu arrangieren und, wenn möglich, mit ihr darüber zu sprechen, was sie über das illegale Waffengeschäft ihres Mannes weiß. Du hast diese Aufgabe in bewundernswerter Weise erfüllt. Ja, dein Unternehmen steht in der besten Tradition deines Dienstes. Aber am Ende hast du deine Kompetenzen weit überschritten. Du warst nicht befugt, ein Unternehmen und einen Wohnungseinbruch mitten in Moskau zu veranlassen. Und du hattest kein Recht, Vorbereitungen für ein Überlaufen Elena Charkowas zu treffen. Du hattest nicht einmal das Recht dazu, mit ihr über das Thema zu sprechen.«
»Was hätte ich denn tun sollen, Ari? Hätte ich >Nein, danke< zu ihr sagen sollen? Hätte ich zu ihr sagen sollen, dass wir eigentlich nicht daran interessiert sind, die wertvollsten Geheimnisse ihres Mannes in die Hände zu bekommen?«
»Nein, Gabriel, aber du hättest vorher mit deinen Vorgesetzten sprechen können.«
»Es war keine Zeit, mit meinen Vorgesetzten zu sprechen. Iwan hat auf der Suche nach ihr ganz Saint-Tropez auf den Kopf gestellt.«
»Und was, glaubst du, wird er tun, wenn du ihm Elena und die Kinder wegnimmst? Die weiße Flagge hissen und seine Organisation auflösen?« Schamron beantwortete die Frage selbst, indem er bedächtig den kahlen Schädel schüttelte. »Iwan Charkow ist ein mächtiger Mann mit mächtigen Freunden. Selbst wenn es dir irgendwie gelingt, Elena und diese Computerdisketten zu bekommen - was meiner bescheidenen Meinung nach fraglich ist -, wird Iwan zurückschlagen, und er wird mit aller Macht zurückschlagen. Es wird zu Massenausweisungen von Diplomaten kommen. Die ohnehin schon abgekühlten Beziehungen zwischen Russland und dem Westen werden auf den Gefrierpunkt absinken. Und es könnte finanzielle Auswirkungen haben, die der Westen in einer Zeit globaler wirtschaftlicher Unsicherheit nicht gebrauchen kann.«
»Diplomatische Sanktionen? Wann hat sich der große Ari Schamron jemals von drohenden diplomatischen Sanktionen davon abbringen lassen, das Richtige zu tun?«
»Häufiger, als du je erfahren wirst. Aber die diplomatischen Folgen sind nicht meine einzige Sorge. Iwan Charkow hat bewiesen, dass er ein gewalttätiger Mann ist. Er wird sich an uns rächen, wenn du ihm Frau und Kinder wegnimmst. Er hat Zugang zu den gefährlichsten Waffensystemen dieser Welt, auch zu nuklearen, biologischen und chemischen Kampfstoffen. Man braucht nicht viel Phantasie, um sich auszumalen, dass Iwan und seine ehemaligen KGB-Gangster diese Waffen unseren Feinden in die Hände spielen könnten.«
»Das tun sie doch bereits«, sagte Gabriel. »Sonst wären wir ja nicht hier.«
»Und wenn sie in Tel Aviv ein paar Fläschchen Polonium unter die Leute bringen? Und ein paar Tausend
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