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Das Moskau-Komplott

Das Moskau-Komplott

Titel: Das Moskau-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Gebrauch mehr davon gemacht. Ein Moskowiter war er mit Sicherheit nicht, ja, sie bezweifelte, dass er überhaupt Russe war. Hätte sie sich festlegen müssen, hätte sie auf Jude getippt. Nicht dass sie etwas gegen Juden gehabt hätte. Es war durchaus möglich, dass sie selbst ein wenig jüdisches Blut in den Adern hatte.
    »Ich hoffe, ich komme nicht ungelegen«, sagte er.
    »Ich habe nur ferngesehen. Der Präsident hält eine wichtige Rede.«
    »Ach, tatsächlich? Worüber spricht er denn?«
    »Ich weiß nicht genau. Es ist immer dasselbe.«
    Der Besucher überreichte ihr die Blumen und die Pralinen. »Wenn ich so frei sein darf. Ich weiß, wie sehr Sie Blumen lieben.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Von Elena natürlich. Elena hat mir viel von Ihnen erzählt. «
    »Woher kennen Sie meine Tochter?«
    »Ich bin ein Freund, Frau Federowa. Ein guter Freund.«
    »Hat sie Sie geschickt?«
    »Ganz richtig.«
    »Aus welchem Grund?«
    »Um etwas Wichtiges mit Ihnen zu besprechen.« Er senkte die Stimme. »Es geht um das Wohlergehen Elenas und ihrer Kinder.«
    »Sind sie denn in Gefahr?«
    »Das sollten wir besser drinnen besprechen, Frau Federowa. Die Angelegenheit ist höchst vertraulich.«
    Sie musterte ihn noch einen Augenblick lang misstrauisch, bevor sie schließlich beiseitetrat. Er glitt an ihr vorbei und schritt geräuschlos über den gefliesten Fußboden der Diele.
Als würde er schweben,
dachte sie mit einem Schauder, während sie die Kette wieder vorlegte.
Wie ein Geist.
     

51 Genf
    Es heißt, dass Reisende, die mit dem Zug aus Zürich nach Genf kommen, von der Schönheit der Stadt nicht selten so überwältigt sind, dass sie ihre Rückfahrkarte aus dem Fenster werfen und geloben, nie wieder fortzugehen. Gabriel, der mit dem Auto aus Paris kam, mitten in einer lauen Augustnacht, verspürte keinen solchen Drang. Er hatte Genf immer für eine bezaubernde, aber auch todlangweilige Stadt gehalten. An der einstigen Stätte calvinistischen Glaubenseifers war Geld heute die einzige Religion, und die Bankiers und Finanziers waren ihre neuen Priester und Bischöfe.
    Sein Hotel, das Metropole, lag in der Nähe des Sees, vis-á-vis dem Jardin Anglais. Der Nachtportier, ein kleiner Mann mit tadelloser Uniform und ausdruckslosem Gesicht, reichte ihm seinen elektronischen Schlüssel und teilte ihm mit, dass seine Gattin bereits eingecheckt habe und oben auf ihn warte. Sie saß in einem Lehnstuhl am Fenster, die langen Beine auf dem Fensterbrett und den Blick auf den Jet d'Eau gerichtet, die hohe Wasserfontäne draußen auf dem See. Ihre El-Al-Uniform hing, frisch gereinigt und gestärkt, an der Stange im Kleiderschrank. Weiches Kerzenlicht spiegelte sich in den silbernen Wärmeglocken auf dem für zwei gedeckten Serviertisch. Gabriel hob eine Flasche gekühlten Chasselas aus dem Eiskübel und goss sich ein Glas ein.
    »Ich habe dich schon vor einer Stunde erwartet.«
    »Der Verkehr in Paris war eine Katastrophe. Was gibt es zu essen?«
    »Hühnchen Kiew«, antwortete sie ohne eine Spur von Ironie in der Stimme. Ihre Augen waren immer noch auf die Fontäne gerichtet, die von den Scheinwerfern jetzt rot angestrahlt wurde. »Die zerlassene Butter dürfte mittlerweile fest geworden sein.«
    Gabriel legte die Hand auf eine Wärmeglocke. »Das geht doch noch. Soll ich dir einen Wein einschenken?«
    »Besser nicht. Ich muss um vier raus. Ich habe Dienst in der Frühmaschine von Genf zum Ben-Gurion, dann in der Nachmittagsmaschine vom Ben-Gurion nach Moskau.« Sie sah ihn zum ersten Mal an. »Weißt du, ich habe langsam das Gefühl, dass El-Al-Flugbegleiterinnen noch weniger Schlaf bekommen als Agenten des Dienstes.«
    »Niemand bekommt weniger Schlaf als ein Agent des Dienstes.« Er goss ihr Wein in ein Glas. »Trink etwas. Wein soll gut fürs Herz sein.«
    Sie nahm das Glas und prostete ihm damit zu. »Schönen Hochzeitstag, Liebling. Heute vor fünf Monaten haben wir geheiratet.« Sie trank einen Schluck. »So viel zu unseren Flitterwochen in Italien.«
    »Fünf Monate sind doch kein Jubiläum, Chiara.«
    »Natürlich sind sie das, du Dummkopf.«
    Sie blickte wieder zu der Fontäne.
    »Bist du sauer auf mich, weil ich zu spät zum Essen komme, oder ärgert dich etwas anderes?«
    »Ich bin sauer auf dich, weil ich keine Lust habe, morgen nach Moskau zu fliegen.«
    »Dann lass es.«
    Sie warf ihm einen verärgerten Blick zu und sah dann wieder auf den See hinaus.
    »Ari hat dir mehrfach Gelegenheit gegeben, dich aus dieser Sache zu

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