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Das Moskau-Komplott

Das Moskau-Komplott

Titel: Das Moskau-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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nicht umsetzen können.« Eine Pause. »Noch können Sie aussteigen, Elena. Und niemand würde es Ihnen übel nehmen.«
    »Ich bringe zu Ende, was ich angefangen habe«, erwiderte sie. »Für Aleksandr Lubin. Für Boris Ostrowskij. Und für Olga.«
    Gabriel winkte der Stewardess und bat sie, das Geschirr abzuräumen. Dann legte er seinen Aktenkoffer auf den Tisch und öffnete das Zahlenschloss. Er nahm vier Gegenstände heraus: eine kleine Sprayflasche aus Kunststoff, ein Gerät, das aussah wie ein gewöhnlicher MP3-Player, ein zweites, rechteckiges Gerät mit einem kurzen USB-Anschlusskabel und eine Bordkarte für den El-Al-Flug 1612 von Moskau nach Tel Aviv am Sonntag um 18.15 Uhr.
    »Wie Sie mittlerweile wahrscheinlich wissen, ist Timing alles, Elena. Wir haben einen Zeitplan für Ihre letzten Stunden in Moskau erstellt, und es ist wichtig, dass Sie ihn streng einhalten. Hören Sie genau zu, was ich Ihnen sage. Wir haben viel zu tun und sehr wenig Zeit.«
     
    Die Maschine landete pünktlich um 20.05 Uhr in Scheremetjewo. Elena stieg zuerst aus und ging ein paar Schritte vor ihm durch das Terminal, wobei sie die Handtasche über der linken Schulter trug und den kleinen Rollkoffer auf dem rissigen Fußboden neben sich herzog. An der Passkontrolle reihte sich Gabriel in eine Schlange für unerwünschte Ausländer ein, und als er endlich ins Land durfte, war Elena bereits fort. Draußen vor dem Terminal stellte er sich in eine weitere endlose Schlange, diesmal, um ein Taxi zu ergattern.
    Als er schließlich in einen klapprigen Lada stieg, den ein Halbwüchsiger mit verspiegelter Sonnenbrille fuhr, kletterte hinter ihm Uzi Navot in den Wagen.
    »Wo soll es hingehen?«, fragte der Fahrer.
    »Ins Hotel Ritz-Carlton.«
    »Sind Sie das erste Mal in Moskau?«
    »Ja.«
    »Musik gefällig?«
    »Nein, ich habe schreckliche Kopfschmerzen.«
    »Dann vielleicht ein Mädchen?«
    »Einfach nur ins Hotel wäre nett, danke.«
    »Wie Sie wünschen.«
    »Wie alt bist du?«
    »Fünfzehn.«
    »Bist du sicher, dass du fahren kannst?« »Kein Problem.«
    »Wird der Wagen bis zum Ritz durchhalten?« »Kein Problem.«
    »Es wird dunkel. Bist du sicher, dass du die Sonnenbrille brauchst?«
    »Damit sehe ich aus, als hätte ich Geld. Jeder, der Geld hat, trägt in Moskau nachts eine Sonnenbrille.« »Ich werde versuchen, es mir zu merken.« »Es ist wahr.«
    »Fährt der Wagen auch schneller? Ich würde gern noch heute Nacht im Ritz ankommen.« »Kein Problem.«
     
    Die Nachricht von Gabriels und Elenas Ankunft in Moskau erreichte die Einsatzzentrale am Grosvenor Square um 18.19 Uhr Ortszeit. Graham Seymour erhob sich von seinem Stuhl und rieb sich den verspannten Rücken.
    »Heute Nacht gibt es von hier aus nichts mehr zu tun. Wie wär's, wenn wir zur Feier des Tages in den Grill Room des Dorchester gehen? Mein Dienst übernimmt die Rechnung. «
    »Ich halte nichts von Feiern mitten in einem Unternehmen«, entgegnete Schamron. »Schon gar nicht, wenn ich drei meiner besten Agenten in Moskau im Einsatz habe und drei weitere dahin unterwegs sind.«
    Carter legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Kommen Sie, Ari. Sie können jetzt nichts weiter tun. Oder wollen Sie die ganze Nacht hier herumsitzen und sich zu Tode ängstigen?«
    »Genau das werde ich tun.«
    Carter runzelte die Stirn und blickte zu Graham Seymour. »Wir können ihn nicht allein hierlassen. Wer weiß, was er anstellt.«
    »Was halten Sie davon, wenn wir uns etwas beim Inder bestellen?«
    »Aber sagen Sie ihnen, sie sollen sparsam mit den Gewürzen umgehen. Mein Magen ist nicht mehr das, was er mal war.«
     

55 Moskau
    Eine Woche vor dem Wahltag gab es vor dem Konterfei des russischen Präsidenten kein Entrinnen. Es hing an jedem Laternenpfahl und jedem Regierungsgebäude in der Innenstadt. Es blickte von den Titelseiten jeder kremlfreundlichen Zeitung und geisterte durch die Nachrichtensendungen aller vom Kreml kontrollierten Fernsehsender. Es wurde von umherziehenden Gruppen der Einigkeitsparteijugend in die Höhe gereckt und schwebte an einem Heißluftballon gottgleich über der Stadt. Der Präsident selbst gebärdete sich so, als führe er einen richtigen Wahlkampf und keine sorgfältig inszenierte Scheinkampagne. Den Vormittag verbrachte er als Wahlkämpfer in einem Potemkinschen Dorf auf dem Land, ehe er am Nachmittag zu einer Großkundgebung im Dynamo-Stadion nach Moskau zurückkehrte. Laut Radio Moskau war es die größte politische Kundgebung in der jüngeren

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