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Das Moskau-Komplott

Das Moskau-Komplott

Titel: Das Moskau-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Geschichte Russlands.
    Der Kreml hatte zwei anderen Kandidaten das Privileg eingeräumt, bei der Wahl anzutreten, aber die meisten Russen konnten sich nicht einmal an ihre Namen erinnern, und selbst die ausländische Presse hatte längst aufgehört, über sie zu berichten. Die »Koalition für ein Freies Russland«, die einzige wirkliche, organisierte Opposition im Land, hatte keinen Kandidaten, aber viel Courage. Während der Präsident im Dynamo-Stadion zu den Massen sprach, veranstaltete sie auf dem Arbat-Platz eine Gegenkundgebung. Als die Polizei und ihre zivilen Helfer den Platz geräumt hatten, befanden sich einhundert Anhänger des Freien Russlands in Haft und weitere hundert im Krankenhaus. Überall auf dem Platz waren noch Spuren des blutigen Handgemenges zu sehen, als Gabriel, mit dunkler Schirmmütze und Barbour-Regenmantel bekleidet, am späten Nachmittag auf dem Boulevardring in Richtung Fluss ging.
    Vor ihm erhob sich die Christ-Erlöser-Kathedrale, deren fünf goldene Zwiebeltürme sich matt gegen den Himmel abhoben. Die ursprüngliche Kathedrale war 1931 von Kaganowitsch auf Stalins Befehl gesprengt worden, angeblich weil sie ihm den Blick aus seiner Wohnung im Kreml versperrte. An ihrer Stelle hatten die Bolschewiken einen mächtigen Wolkenkratzer mit dem Namen Palast der Sowjets errichten wollen, aber der Baugrund erwies sich als ungeeignet für ein solches Gebäude und die Baustelle wurde mehrmals überflutet. Schließlich fügten sich Stalin und seine Ingenieure in das Unvermeidliche und bauten ein öffentliches Schwimmbad - natürlich das größte der Welt.
    Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus mit immensen öffentlichen Mitteln wiederaufgebaut, gehörte die Kathedrale heute zu den beliebtesten Touristenattraktionen Moskaus. Gabriel verzichtete auf eine Besichtigung und ging direkt zum Fluss. Drei Männer standen, jeder für sich, am Ufer und blickten über das Wasser zu dem großen Gebäude, auf dessen Dach sich langsam ein Mercedes-Stern drehte. Gabriel ging wortlos an ihnen vorüber. Einer nach dem anderen drehte sich um und folgte ihm.
     
    Genauer betrachtet handelte es sich nicht nur um ein Gebäude, sondern um drei: ein klotziges, zum Flussufer hin ausgerichtetes Trapez mit zwei L-förmigen Anhängseln, die mehrere hundert Meter vom Wasser wegführten. Auf der gegenüberliegenden Seite der Serafimowitschastraße war eine triste Grünanlage mit braunem Gras und welken Bäumen namens Bolotnaja-Platz. Gabriel hatte dort auf einer Bank neben einem Brunnen Platz genommen, als Uzi Navot, Jaakov Rossman und Eli Lavon über die Brücke kamen. Navot setzte sich neben ihn, während Lavon und Jaakov zum Rand des Brunnens gingen. Lavon plapperte ununterbrochen russisch wie ein Filmkomparse in einer Cocktailparty-Szene. Jaakov blickte zu Boden und rauchte eine Zigarette.
    »Wann hat Jaakov wieder angefangen zu rauchen?«, fragte Gabriel.
    »Gestern Abend. Er ist nervös.«
    »Er war seine ganze Dienstzeit über auf der West Bank und in Gaza im Einsatz, und da wird er nervös, weil er in Moskau ist?«
    »Du hast verdammt recht, er ist nervös, weil er in Moskau ist. Und du wärst es auch, wenn du noch bei Verstand wärst.«
    »Wie geht es unserem hiesigen Stationschef?«
    »Er sieht etwas besser aus als Jaakov, aber nicht viel. Sagen wir mal so: Er wird aufatmen, wenn wir morgen in dieses Flugzeug steigen und wieder aus der Stadt verschwinden.«
    »Wie viele Autos hat er aufgetrieben?«
    »Vier, genau wie du wolltest - drei alte Ladas und einen Wolga.«
    »Ich hoffe doch, sie laufen auch, Uzi. Das Letzte, was wir morgen gebrauchen können, ist eine Autopanne.« »Sei unbesorgt, Gabriel. Sie laufen gut.« »Wo hat er sie her?«
    »Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus hat die Station für einen Spottpreis einen kleinen Fuhrpark aus alten sowjetischen Personen- und Lastwagen zusammengekauft und auf Eis gelegt. Alle Papiere sind in Ordnung.«
    »Und die Fahrer?«
    »Vier Agenten von der Moskauer Station. Sie sprechen alle russisch.«
    »Wann verlassen wir das Hotel?«
    »Ich gehe als Erster um zehn vor drei. Eli folgt fünf Minuten später. Weitere fünf Minuten später Jaakov. Du bist der Letzte.«
    »Wir haben nicht viel Zeit, Uzi.«
    »Wir haben genug Zeit. Wenn wir zu früh hier sind, könnten wir unliebsame Aufmerksamkeit erregen. Und das wollen wir doch nicht.«
    Gabriel erhob keinen Einwand. Stattdessen bombardierte er Navot mit Fragen zu Handy-Blockern, Überwachungsaufgaben und schließlich

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