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Das Moskau-Komplott

Das Moskau-Komplott

Titel: Das Moskau-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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der anderen Seite des Raums. Der Knopf war hinter Iwans Erstausgabe von
Anna Karenina
versteckt - hinter dem zweiten Band, um genau zu sein. Als sie den Knopf drückte, glitten die Bücherschränke auseinander, und die Tür zu Iwans Tresorraum kam dahinter zum Vorschein. Sie tippte denselben achtstelligen Code in die Tastatur ein und legte den Daumen wieder auf die Scanner-Fläche. Es piepste dreimal, diesmal gefolgt vom dumpfen Rumpeln der Schlösser.
    Das Licht im Tresor ging automatisch an, als sie die schwere Tür aufzog. Iwans geheime Disketten, die grauen Zellen seines tödlichen Netzwerks, standen sauber aufgereiht in einem Fach. Im Fach darunter lagen die Früchte dieses Netzwerks: Rubel, Dollar, Euros, Schweizer Franken. Sie streckte die Hand nach dem Geld aus, hielt aber inne, als ihr das Blut in den Sinn kam.
Das Blut, das Männer mithilfe von Iwans Waffen vergossen. Das Blut von Kindern, die gezwungen wurden, in Iwans Kriegen zu kämpfen.
Sie ließ das Geld liegen und nahm nur die Disketten. Die Disketten, die Gabriel helfen würden, die Raketen zu finden. Die Disketten, die Gabriel dazu benutzen würde, ihren Mann zu vernichten.
     
    Am Rand der Serafimowitschastraße befindet sich eine breite Verkehrsinsel. Wie die meisten in Moskau ist sie Tag und Nacht zugeparkt. Einige der Autos, die an diesem Nachmittag dort standen, waren neue, ausländische Modelle, andere waren russisch und sehr alt, darunter ein verbeulter Lada von unbestimmbarer Farbe, in dem Uzi Navot und sein Fahrer von der Moskauer Station saßen. Navot sah alles andere als zufrieden aus, denn was er über Funk gehört hatte, hatte ihn zu dem Schluss gebracht, dass das Unternehmen drohte, aus dem Ruder zu laufen. Er hatte diese Ansicht den anderen Teammitgliedern so schonend wie möglich mitgeteilt. Nun aber, als er sah, in welchem Tempo Luka Osipow zurück über die Große Steinbrücke sprintete, begriff er, dass Gelassenheit jetzt fehl am Platz war. »Er kommt zurück«, murmelte er in das Mikrofon an seinem Handgelenk. »Wie es aussieht, sind wir in ernsten Schwierigkeiten.«
     
    Schmuel Peled hatte kein Funkgerät, aber die sich zunehmend verfinsternde Miene Gabriels sprach Bände.
    »Verlieren wir sie, Boss? Sagen Sie mir, dass wir sie nicht verlieren.«
    »Das werden wir noch früh genug erfahren. Wenn Sie mit der Handtasche über der linken Schulter aus dem Haus kommt, ist alles in Ordnung. Wenn nicht...« Er führte den Gedanken nicht zu Ende.
    »Was sollen wir jetzt tun?«
    »Wir warten. Und können nur hoffen, dass sie sich irgendwie herausredet und es bis zum Wagen schafft.«
    »Und wenn sie nicht herauskommt?«
    »Sprich russisch, Schmuel. Du sollst doch russisch sprechen.«
    Der junge Fahrer nahm wieder sein russisches Selbstgespräch auf. Gabriel sah zur Westfassade des »Hauses an der Uferstraße« und lauschte auf Uzi Navots Stimme.
     
    Seit seinem Abschied von der Alpha-Gruppe hatte Luka Osipow fünfzehn Pfund zugenommen und viel von seiner einstigen körperlichen Fitness verloren. Die Folge war, dass er schwer keuchte, als er wieder am Empfangstisch in der Eingangshalle ankam.
    »Ich muss sofort in Wohnung 9a.«
    »Das geht leider nicht - nicht ohne Sicherheitskarte für den Aufzug und einen Schlüssel für die Wohnung selbst.«
    »Ich glaube, dass eine Frau, für deren Sicherheit ich verantwortlich bin, in diesem Augenblick da oben in großer Gefahr ist. Sie müssen mich in die Wohnung lassen.«
    »Bedaure, das ist gegen die Vorschriften.«
    »Wissen Sie, für wen ich arbeite, Sie Schwachkopf?«
    »Sie arbeiten für Frau Charkowa.«
    »Nein, ich arbeite für Iwan Charkow. Und wissen Sie, was Iwan Charkow tun wird, wenn seiner Frau etwas zustößt?«
    Der Portier schluckte schwer. »Ich kann Sie in den neunten Stock hinaufbringen, aber in die Wohnung kann ich Sie nicht lassen. Herr Charkow hat keinen Schlüssel bei uns hinterlegt.«
    »Das lassen Sie nur meine Sorge sein.«
    »Wie Sie meinen«, sagte der Portier und kam hinter dem Tisch hervor. »Soweit ich weiß, brauchten Sie einen Panzer, um in die Wohnung zu kommen.«
     
    Elena ließ die Bücherschränke an ihren alten Platz zurückgleiten, entfernte das USB-Gerät und schaltete den Rechner aus. Als sie auf den Flur trat, blickte sie auf ihre Uhr:
16.02 Uhr...
Das Ganze hatte nur acht Minuten gedauert. Sie schob das Gerät in die Tasche und zog den Reißverschluss zu, dann gab sie den achtstelligen Code in die Tastatur ein. Während sich die schwere Tür langsam

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