Das Moskau-Komplott
öffnete im selben Moment seine Schleusen, als Uzi Navots Stimme aus Gabriels Kopfhörer krächzte.
»Wir rücken ab.«
»Wovon redest du?«
»Der Alte hat Befehl zum Abbruch gegeben.«
»Sag ihm, ich brauche noch zehn Minuten.«
»Gar nichts sage ich ihm. Ich führe seinen Befehl aus.«
»Dann fahrt. Wir treffen uns am Scheremetjewo.«
»Wir gehen.
Sofort.«
»Ich bleibe hier.«
»Stellt den Funkverkehr ein und steigt in eure Wagen.«
Gabriel und Peled erhoben sich gleichzeitig und gingen ruhig aus dem Park hinaus in den strömenden Regen. Peled steuerte auf die Wolga zu, Gabriel auf den Bolotnaja-Platz. Navot und Lavon stießen zu ihm. Lavon war barhäuptig. Nach kurzer Zeit klebte ihm das dünne Haar am Schädel.
»Was tun wir noch hier?«, fragte Navot. »Wieso stehen wir im Regen? Wir sollten jetzt in unseren Autos sitzen und auf dem Weg zum Flughafen sein.«
»Weil ich noch nicht fahre, Uzi.«
»Und ob du fährst, Gabriel.« Navot tippte auf seinen PDA. »Hier steht es:
>17
Uhr Moskauer Zeit abbrechen und in SWO an Bord gehen. < So lautet die Nachricht. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass das kein Vorschlag ist. Ich bin mir sogar sicher, dass es ein direkter Befehl vom
memuneh
höchstpersönlich ist.«
Memuneh
war ein hebräisches Wort für »Chef«. Und soweit man zurückdenken konnte, war es im Dienst für einen einzigen Mann reserviert: Ari Schamron.
»Du kannst hier herumstehen und mich anschreien, bis du heiser bist, Uzi. Ich werde sie trotzdem nicht zurücklassen.«
»Darüber hast du nicht zu entscheiden, Gabriel. Du hast Schamron in Paris ein Versprechen gegeben. Wenn sie nicht innerhalb der festgesetzten Zeit aus dem Haus kommt, verschwindest du.«
Gabriel wischte die Regentropfen von seiner getönten Brille. »Du solltest jetzt losfahren, Uzi. Der Verkehr zum Scheremetjewo kann um diese Tageszeit schrecklich sein.«
Navot packte Gabriel am Oberarm und drückte so fest zu, dass Gabriel ein taubes Gefühl in der Hand bekam.
»Was hast du vor, Uzi? Willst du mich zum Auto schleifen?«
»Wenn es sein muss.«
»Das könnte auffallen, meinst du nicht?«
»Aber nur kurz. Und im Unterschied zu deinem Wunsch, in Moskau zu bleiben, hätte das Ganze wahrscheinlich keine tödlichen Folgen.«
»Lass meinen Arm los, Uzi.«
»Sag mir nicht, was ich zu tun habe, Gabriel. Ich leite die Operationsabteilung, nicht du. Du bist nichts weiter als ein freier Mitarbeiter. Du unterstehst mir. Und ich verlange von dir, dass du jetzt in das Auto da steigst und mit uns zum Flughafen kommst.«
Eli Lavon nahm behutsam Navots Hand von Gabriels Arm. »Das reicht, Uzi. Er wird nicht in das Flugzeug steigen.«
Navot warf ihm einen finsteren Blick zu. »Danke für die Unterstützung, Eli. Ihr Jungs vom >Zorn Gottes< haltet wohl immer zusammen, was?«
»Ich will ebenso wenig wie du, dass er hierbleibt. Aber ich weiß, dass es zwecklos ist, es ihm ausreden zu wollen. Er ist ein Dickkopf.«
»Den wird er auch brauchen.« Der Regen rann nun von Navots Hutkrempe über sein Gesicht. »Weißt du, was passiert, wenn ich ohne dich in dieses Flugzeug steige? Der Alte wird mich an die Wand stellen und Zielübungen mit mir machen.«
Gabriel hielt seine Armbanduhr hoch, damit Navot sie sehen konnte. »Fünf Uhr, Uzi. Fahr jetzt endlich los. Und nimm Eli mit. Er ist ein guter Beschatter, aber er war nie ein Mann fürs Grobe.«
Navot starrte Gabriel in Schamron-Manier an. Er hatte von der Streiterei die Nase voll.
»Wenn ich du wäre, würde ich einen großen Bogen um dein Hotel machen.« Er fasste in seine Jackentasche und gab Gabriel einen Schlüssel. »Den habe ich für den Fall, dass wir einen Unterschlupf brauchen, mit mir herumgetragen. Es ist eine alte Bruchbude aus Sowjetzeiten in der Nähe des Dynamo-Stadions, aber besser als nichts.«
Navot nannte ihm Straße, Haus- und Wohnungsnummer. »Sobald du drin bist, informierst du die Station und verriegelst die Tür. Wir werden ein Team schicken, das dich herausholt. Mit etwas Glück bist du noch da, wenn sie kommen. «
Dann wandte er sich ohne ein weiteres Wort ab und lief über den verregneten Platz zum Wagen. Lavon blickte ihm eine Weile nach, dann sah er Gabriel an.
»Bist du sicher, dass du keine Gesellschaft willst?«
»Fahr zum Flughafen, Eli. Steig in die Maschine.«
»Was soll ich deiner Frau sagen?«
Gabriel zögerte einen Moment, dann antwortete er: »Sag ihr, dass es mir leid tut, Eli. Sag ihr, dass ich es schon irgendwie zu ihr schaffen
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