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Das Moskau-Komplott

Das Moskau-Komplott

Titel: Das Moskau-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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gerichtet. Die Wachen zeigten nur mäßiges Interesse an ihrer Rückkehr. Offensichtlich waren sie den Anblick von Todeskandidaten gewohnt, die mit vorgehaltener Waffe herumgeführt wurden.
    Es waren genau zweiundvierzig Schritte vom Verladetor bis zu dem Metallstuhl, auf dem Elena Charkowa angekettet saß. Gabriel wusste das, weil er die Schritte zählte, als er die Strecke jetzt mit Oberst Grigorij Bulganow an der Seite abging. Oberst Bulganow. Der Mann, auf dessen Befehl er zwei Monate zuvor in der Lubjanka zwei Treppen hinuntergestoßen worden war. Der Mann, der in jener Nacht damit gedroht hatte, ihn zu töten, falls er jemals nach Russland zurückkäme. Ein Mann, der noch nie im Zorn eine Waffe abgefeuert hatte und in dessen Händen nun sein Leben lag.
    Arkadij Medwedew stand in Hemdsärmeln vor Elena und schrie ihr Obszönitäten ins Gesicht. Als Bulganow und Gabriel näher kamen, drehte er sich zu ihnen um, die Hände in die Hüften gestemmt, die Stetschkin vorn in der Hose. Luka Osipow und der kahlköpfige Riese standen dicht hinter Elena, jeder auf einer Seite. Das war nicht optimal, sagte sich Gabriel, da Elena aber noch an den Stuhl gefesselt war, bestand keine Gefahr, dass sie in seine Schusslinie geriet. Bulganow sagte etwas auf Russisch zu Medwedew, als sie so gut wie vor ihm standen. Medwedew grinste und sah Gabriel an.
    »So, sind Sie also zur Vernunft gekommen?«
    »Ja, Arkadij, ich bin zur Vernunft gekommen.« »Dann raus damit. Wo sind Iwans Kinder.« »Welche Kinder?«
    Medwedew runzelte die Stirn und blickte zu Bulganow. Bulganow erwiderte seinen Blick und richtete seine Waffe auf Medwedews Herz. Gabriel machte einen Schritt nach rechts und griff gleichzeitig nach der Makarow unter seiner Jacke. Die ersten Schüsse feuerten sie gleichzeitig ab, Bulganow in die Brust von Medwedew, Gabriel in die flache Stirn des kahlköpfigen Riesen. Luka Osipow reagierte mit dem vergeblichen Versuch, seine Waffe zu ziehen. Gabriels Kugel traf ihn direkt unter dem Kinn und trat an der Schädelbasis wieder aus.
    Im selben Augenblick hörte Gabriel das Splittern von Glas: Die drei Männer draußen hatten gleichzeitig ihre Bierflaschen fallen lassen. Dann kamen sie durch die Tür, schön einer hinter dem anderen wie kleine Enten auf einem Kirmes-Schießstand. Gabriel streckte sie der Reihe nach nieder: Kopfschuss, Kopfschuss, Schuss in den Oberkörper.
    Er wirbelte herum und sah nach Elena. Sie versuchte verzweifelt, ihre Handgelenke aus den Handschellen zu ziehen, den Mund weit aufgerissen zu einem stummen Schrei. Gabriel wollte sie beruhigen, konnte aber nicht. Arkadij Medwedew war noch am Leben und versuchte, die Stetschkin aus seinem Hosenbund zu ziehen. Gabriel trat ihm die Waffe aus der Hand und stellte sich über ihn. Der Russe röchelte, hellrotes Blut schäumte aus seinem Mundwinkel.
    »Ich möchte, dass Sie Iwan etwas von mir bestellen«, sagte Gabriel. »Werden Sie das für mich tun, Arkadij?«
    Medwedew nickte, sein Atem ging schnell und flach. Gabriel hob die Makarow und feuerte dem Russen die letzten drei Kugeln ins Gesicht. Nachricht überbracht.
    Gabriel hielt Elena fest in den Armen, während Bulganow die Toten nach einem Schlüssel für die Handschellen durchsuchte. Er fand einen bei Luka Osipow, einen Universalschlüssel. Er befreite zuerst Elena, dann löste er die Metallringe von Gabriels Handgelenken.
    »Bringen Sie Elena zum Wagen«, sagte Gabriel. »Ich komme gleich nach.«
    »Beeilen Sie sich.«
    »Nun gehen Sie schon.«
    Während Bulganow Elena zur Tür führte, durchsuchte Gabriel den toten Medwedew. Er fand Schlüssel, Pässe und eine prall gefüllte Brieftasche. Das Geld beachtete er nicht und nahm nur einen einzigen Gegenstand: eine Plastikkarte, auf die das Bild eines großes Wohnhauses an der Moskwa geprägt war.
    Bulganow hatte den Motor des Wolga bereits angelassen, als Gabriel ins Freie trat. Er stieg hinten neben Elena ein, deren Schreie jetzt nicht mehr stumm waren. Gabriel drückte sie fest an seine Brust, während Bulganow losfuhr.
    Sie schrie nicht mehr, als das Schild in Sicht kam. Es stand an der Kreuzung zweier miserabler Straßen, verrostet, verbogen und von Kugeln durchsiebt. Zwei Pfeile, die in entgegengesetzte Richtungen zeigten. Links ging es nach mockba - die kyrillische Schreibweise für Moskau. Bulganow erklärte, wohin es nach rechts ging.
    »In die Ukraine.«
    »Wie weit?«
    »Wir können noch vor Tagesanbruch über der Grenze sein.«
» Wir? «
    »Ich habe gerade

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