Das Moskau-Komplott
wir laden die Sache bei ihnen ab und halten uns da raus. Ich möchte, dass du nach Washington fliegst und mit deinem Freund Adrian Carter sprichst. Erzähl ihm alles, was du in Moskau in Erfahrung gebracht hast. Erzähl ihm von Elena Charkowa. Dann steigst du in die nächste Maschine nach Umbrien und setzt deine Flitterwochen fort. Und wirf mir nie wieder vor, ich hätte mein Wort nicht gehalten.«
Gabriel starrte schweigend auf den Fernseher, gab aber keine Antwort.
»Gefällt dir mein Vorschlag nicht?«, fragte Schamron.
»Was, glaubst du, werden Adrian Carter und die Amerikaner mit dieser Information anfangen?«
»Ich vermute, sie werden auf Knien zum Kreml rutschen und den russischen Präsidenten anflehen, den Verkauf zu verhindern.«
»Und der wird den Amerikanern sagen, dass Iwan ein ehrlicher Geschäftsmann ist und keinerlei Verbindungen zum illegalen internationalen Waffenhandel hat. Er wird das Geheimdienstmaterial als Verleumdungen abtun, die jüdische Provokateure und Verschwörer streuen, um Russland rückständig und schwach zu halten.« Gabriel schüttelte den Kopf. »Zu den Russen gehen und sie um Hilfe bitten ist das Letzte, was wir tun sollten. Wir müssen den russischen Präsidenten und seine Geheimdienste als Gegner betrachten und uns auch entsprechend verhalten.«
»Und was schlägst du konkret vor?«
»Wir sollten heimlich zu Elena Charkowa Kontakt aufnehmen und feststellen, ob sie mehr weiß, als sie Olga Suchowa erzählt hat.«
»Dass sie sich einmal Olga Suchowa anvertraut hat, heißt noch lange nicht, dass sie sich einem ausländischen Nachrichtendienst anvertrauen wird. Und denk daran, zwei russische Journalisten haben ihr Engagement mit dem Leben bezahlt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie für eine Anwerbung sonderlich empfänglich sein wird.«
»Sie verbringt die meiste Zeit in London, Ari. Wir können an sie herankommen.«
»Aber sie ist Tag und Nacht von Iwans Gorillas umgeben. Das sind alles ehemalige Alpha- und OMON-Leute. Wahrscheinlich werden Elenas Kontakte und Kommunikation lückenlos überwacht. Was willst du tun? Sie zum Tee einladen? Sie auf ihrem Handy anrufen? Ihr eine E-Mail schicken?«
»Daran arbeite ich noch.«
»Aber denk daran, Iwan ist dir drei Schritte voraus. In seinem Netzwerk gibt es eine undichte Stelle, und er weiß es. Sein privater Sicherheitsdienst wird in höchster Alarmbereitschaft sein. Jeder Versuch, sich seiner Frau zu nähern, wird die Alarmglocken schrillen lassen. Ein falscher Schritt könnte ihr den Tod bringen.«
»Dann müssen wir es eben in aller Stille tun.«
» Wir?«
»Wir können das nicht allein durchziehen, Ari. Wir brauchen die Unterstützung der Amerikaner.«
Schamron runzelte die Stirn. Er lehnte Gemeinschaftsoperationen in aller Regel ab und betrachtete Gabriels enge Kontakte zur CIA mit Unbehagen. Seine Generation hatte nach dem einfachen Grundsatz
»Kachol Lavan«
oder »Weißblau« gelebt. Sie nahm ihre Angelegenheiten selbst in die Hand und verließ sich bei der Lösung ihrer Probleme nicht auf fremde Hilfe. Diese Haltung war aus der Erfahrung des Holocaust erwachsen, als ein Großteil der Welt schweigend zugesehen hatte, wie die Juden in den Tod geführt wurden. Seit damals hatten Männer wie Schamron einen Widerwillen dagegen - ja sogar Angst davor -, sich auf gemeinsame Unternehmen mit anderen einzulassen.
»Ich meine mich zu erinnern, dass wir vor einigen Tagen eine Unterhaltung hatten, bei der du dich darüber beschwert hast, dass ich dich aus den Flitterwochen geholt habe. Und jetzt willst du ein Unternehmen gegen Iwan Charkow starten, bei dem das Ende nicht abzusehen ist?«
»Sagen wir mal, ich habe ein persönliches Interesse am Ausgang des Falles.«
Schamron schlürfte seinen Kaffee. »Ich habe irgendwie das Gefühl, dass Chiara nicht mit dir zufrieden sein wird.«
»Sie ist auch im Dienst. Sie wird es verstehen.«
»Lass sie bloß nicht in Iwans Nähe«, sagte Schamron. »Iwan macht schöne Dinge gern kaputt.«
22 Jerusalem
»Ist das irgendeine abartige Phantasie von dir, Gabriel? Einer Stewardess beim Ausziehen zuzusehen?«
»Frauen in Uniform fand ich eigentlich nie besonders aufregend. Im Übrigen heißen sie neuerdings Flugbegleiterinnen, Chiara. Eine Frau in deinem Beruf sollte das eigentlich wissen.«
»Du hättest wenigstens ein bisschen mit mir flirten können. Alle Männer flirten mit Flugbegleiterinnen, oder etwa nicht?«
»Ich wollte nicht, dass deine Tarnung auffliegt. Du
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