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Das Moskau-Komplott

Das Moskau-Komplott

Titel: Das Moskau-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Schnurrbart, der gleichzeitig mit Disco-Musik, Crock-Pots und der Friedensbewegung aus der Mode gekommen war. »Gabriel«, sagte Adrian Carter und streckte ihm die Hand entgegen. »Schön, dass Sie gekommen sind.«
    »Sie sehen gut aus, Adrian.«
    »Und Sie sind noch derselbe schamlose Lügner.« Er musterte Gabriels Gesicht und zog die Stirn kraus. »Ich nehme an, der Bluterguss an Ihrer Wange ist ein Andenken an die Nacht in der Lubjanka?«
    »Ich wollte Ihnen etwas mitbringen, aber der Souvenirladen hatte geschlossen.«
    Carter schmunzelte und fasste Gabriel am Ellbogen. »Ich habe mir gedacht, dass Sie nach der Reise vielleicht Hunger haben. Ich habe uns etwas kommen lassen. Wie war übrigens der Flug?«
    »Es war sehr zuvorkommend von Ihnen, mir so kurzfristig Ihre Maschine zu schicken.«
    »Das war nicht meine«, sagte Carter ohne nähere Erklärung.
    »Air Guantanamo?«
    »Nicht nur.«
    »Deshalb die Handschellen und Spritzen.«
    »Es ermüdet einen, wenn man sich ihr Gerede anhören muss. Der durchschnittliche Dschihadist ist ein verdammt lausiger Reisebegleiter.«
    Sie traten ins Wohnzimmer. Es war ein typischer Georgetown-Salon, groß und rechteckig, mit hoher Decke und einer Glastür, die auf eine kleine Terrasse führte. Die Einrichtung war teuer, aber geschmacklos, Möbel wie in der Gästelounge eines luxuriösen Business-Hotels. Den Eindruck komplettierte das angelieferte Essen im Buffet-Stil, das auf der Anrichte bereitstand. Fehlte eigentlich nur noch eine junge Hostess, die Gabriel ein Glas mittelmäßigen Chardonnay anbot.
    Carter ging zu dem Buffet und nahm sich ein Schinkensandwich und ein Gingerale. Gabriel zapfte eine Tasse schwarzen Kaffee aus einer silbernen Pump-Thermoskanne und setzte sich in einen Ohrensessel neben der Terrassentür. Carter nahm neben ihm Platz und balancierte seinen Teller auf den Knien.
    »Wie ich von Schamron gehört habe, ist Iwan wieder ein ungezogener Junge gewesen. Erzählen Sie mir alles, was Sie wissen. Und bitte in allen Einzelheiten.« Er öffnete seine Flasche. »Zufällig höre ich nämlich gern Geschichten über Iwan. Sie erinnern mich daran, dass es auf dieser Welt Menschen gibt, die für Geld einfach alles tun.«
    Kaum hatte Gabriel mit seinem Bericht begonnen, schien Carter der Appetit zu vergehen. Er stellte das angebissene Sandwich auf den Tisch neben seinem Sessel, schlug mit versteinerter Miene die Beine übereinander und faltete die Hände nachdenklich unter dem Kinn. Gabriel hatte die Erfahrung gemacht, dass jeder ordentliche Spion von Haus aus ein guter Zuhörer war. Carter war diese Eigenschaft ebenso angeboren wie seine Begabung für Fremdsprachen, seine Anpassungsfähigkeit und seine Bescheidenheit. Sein dezentes Auftreten ließ nicht erahnen, dass er zu den mächtigsten Leuten in den Washingtoner Geheimdienstkreisen gehörte - oder dass er vor seinem Aufstieg in die dünne Luft des sechsten Stocks in Langley, wo er die dortige Operationsabteilung leitete, als Auslandsagent den besten Ruf genossen hatte. Die meisten hielten ihn für eine Art Therapeuten. Wenn man an Adrian Carter dachte, stellte man sich einen Mann vor, der sich geduldig Beichten über Seitensprünge und Charakterschwächen anhörte, nicht aber Geschichten von Terroristen und russischen Waffenhändlern.
    »Leider klingt Ihre Geschichte nicht nach dem wirren Gerede einer zornigen Ehefrau«, befand Carter. »Ich fürchte, sie deckt sich mit einigen alarmierenden Erkenntnissen, die wir in den letzten Monaten gewonnen haben.«
    »Was für Erkenntnissen?«
    »Gerüchte«, sagte Carter. »Aber wichtiger noch ist ein bestimmter Ausdruck, der uns in den letzten Wochen mehrmals begegnet ist - so oft jedenfalls, dass unsere Analytiker vom NCTC nicht mehr an einen bloßen Zufall glauben.«
    »Wie lautet er?«
    »Die Pfeile Allahs. Wir sind mittlerweile ein halbes Dutzend Mal darauf gestoßen, zuletzt im Computer eines Dschihadisten, den unser Freund Lars Mortensen in Kopenhagen verhaftet hat. Sie erinnern sich doch an Lars, Gabriel?«
    »Mit inniger Zuneigung«, antwortete Gabriel.
    »Mortensen und seine Techniker vom dänischen PET haben den Ausdruck in einer alten E-Mail gefunden, die der Verdächtige zu löschen versucht hatte. In der Mail war davon die Rede, dass >die Pfeile Allahs die Herzen der Ungläubigen durchbohren< oder so was in der Art.«
    »Wie heißt der Verdächtige?«
    »Marwan Abbas. Er ist Jordanier und wohnt jetzt im Kopenhagener Multikultiviertel Norrebro - Sie kennen

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