Das Moskau-Komplott
nicht genannt. Er war sehr diskret, Mrs. Charkowa.«
»Und wir vertrauen darauf, dass Sie ebenso diskret sein werden«, mischte sich Iwan ein. »Menschen wie wir legen Wert darauf, dass die Anschaffungen und Geschäfte, die sie tätigen, mit einer gewissen Vertraulichkeit behandelt werden. «
»Seien Sie versichert, dass mein Onkel da ganz Ihrer Meinung ist, Mr. Charkow.«
Wie aufs Stichwort erschien Boothby mit Punch und Judy, die kläffend um seine Beine tollten. »Habe ich mich verhört«, trompetete er, »oder ist es wahr: Der berühmte Iwan Charkow ist nach Havermore gekommen? Dieser Dummkopf von Christie's hat mir eine prominente Persönlichkeit angekündigt, aber keine von Ihrem Format.« Er packte Iwans Hand und drückte sie herzhaft. »Ist mir wirklich eine Ehre, dass Sie hier sind, Mr. Charkow. Ich bewundere Ihre Erfolge. Ich wusste, dass Sie ein Mann mit vielfältigen Interessen sind, aber mir war nicht bekannt, dass auch die Kunst dazu zählt.«
Iwans versteinerte Miene verzog sich kurz zu so etwas wie einem aufrichtigen Lächeln. Iwan, das wussten sie, war für Schmeicheleien empfänglich, von schönen jungen Frauen und sogar von einem verarmten englischen Landadligen.
»Was Kunst angeht«, erwiderte er, »ist eher meine Frau die Expertin. Ich hatte nur das Bedürfnis, für ein paar Stunden aus London herauszukommen.«
»Ah ja, natürlich. Ich persönlich kann London nicht mehr ertragen - dieser Verkehr und der Terrorismus. Ich fahre nur noch gelegentlich hin, um mir in Covent Garden ein Stück anzusehen oder ein Konzert zu besuchen, aber den Cotswold Hills würde ich gegenüber Kensington jederzeit den Vorzug geben. London ist heutzutage zu teuer. Zu viele Leute wie Sie kaufen alles auf. Was natürlich keine Beleidigung sein soll.«
»Schon gut.«
»Haben Sie auch einen Landsitz oder nur Ihr Londoner Haus?«
»Im Moment nur das Haus in Knightsbridge.«
Boothby deutete auf die Fassade von Havermore. »Das ist seit fünf Generationen im Besitz meiner Familie. Es wäre mir eine Freude, Sie ein wenig herumzuführen, solange sich unsere beiden Kunstexpertinnen das Gemälde ansehen.«
Ein Blick ging zwischen Iwan und Elena hin und her: verschlüsselt, unverfänglich, unergründlich für einen Außenstehenden. Sie murmelte ein paar Worte auf Russisch. Iwan antwortete, indem er Boothby ansah und einmal kurz nickte. »Ich würde mich gern etwas umsehen«, sagte er. »Aber wir müssen uns beeilen. Meine Frau neigt leider zu schnellen Entscheidungen.«
»Ausgezeichnet«, rief Boothby. »Erlauben Sie mir, Ihnen das Anwesen zu zeigen.«
Er hob einladend die Hand und machte sich auf in Richtung East Meadow. Nach kurzem Zögern folgte ihm Iwan, dicht dahinter die VWs in geschlossener Formation. Beim Anblick der Leibwächter erhob Boothby höflich Einspruch.
»Sagen Sie, ist das wirklich nötig, Mr. Charkow? Ich kann Ihnen versichern, dass Sie hier keine Feinde haben. Das Gefährlichste an Havermore sind meine Hunde und meine Martinis.«
Iwan blickte noch einmal zu Elena, dann sprach er mit gedämpftem Bariton ein paar Worte auf Russisch zu den Leibwächtern. Als er abermals in Richtung East Meadow aufbrach, blieben die Bewacher stehen. Elena blickte ihrem Mann schweigend nach, dann wandte sie sich an Sarah.
»Es tut mir leid wegen der Sicherheitsleute, Miss Crawford. Ich würde beinahe alles tun, um sie loszuwerden, aber Iwan besteht darauf, dass sie immer an meiner Seite bleiben. Ich könnte mir vorstellen, dass es sehr aufregend erscheint, von Männern in dunklen Anzügen umgeben zu sein. Ich kann Ihnen versichern, das ist es nicht.«
Sarah war im ersten Moment verblüfft über die Vertraulichkeit ihrer Worte. Sie stellten einen Verrat dar. Nur einen kleinen, aber einen Verrat. »Eine Frau in Ihrer Position kann nicht vorsichtig genug sein«, erwiderte sie. »Aber ich kann Ihnen versichern, dass Sie hier unter Freunden sind.«
Boothby und Iwan verschwanden um die Hausecke. Sarah legte Elena sanft die Hand auf den Arm.
»Möchten Sie sich jetzt das Gemälde meines Onkels ansehen, Mrs. Charkowa?«
»Ich freue mich schon sehr darauf, mir das Gemälde Ihres Onkels anzusehen. Miss Crawford.«
Als sie den Weg zum Portikus einschlugen, verharrten die Leibwächter reglos an Ort und Stelle.
»Wissen Sie, Mrs. Charkowa, ich halte es für das Beste, wenn wir uns das Gemälde alleine ansehen. Ich fand immer, dass Mary Cassatt Bilder von Frauen für Frauen gemalt hat. Die meisten Männer verstehen sie
Weitere Kostenlose Bücher