Das Moskau-Komplott
nicht.«
»Da bin ich ganz Ihrer Meinung. Und ich will Ihnen ein kleines Geheimnis anvertrauen.«
»Ja?«
»Iwan kann sie nicht ausstehen.«
Die vier Männer, die auf dem Heuboden vor den Bildschirmen standen, rührten sich zum ersten Mal seit drei Minuten.
»Sieht so aus, als hätte uns Onkel John den Arsch gerettet«, sagte Graham Seymour. »Sein Vater wäre stolz auf ihn.«
»Iwan ist nicht der Geduldigste. Ich fürchte, Sie haben höchstens fünf Minuten mit Elena.«
»Für fünf Minuten würde ich jemanden ermorden.«
»Hoffen wir, dass es heute nicht dazu kommt, Gabriel. Iwan ist der, der die ganzen Waffen hat.«
Die beiden Frauen stiegen zusammen die Haupttreppe hinauf und blieben auf dem Absatz stehen, um eine Madonna mit Kind zu bewundern.
»Ist das ein echter Veronese?«, fragte Elena.
»Das hängt davon ab, wen Sie fragen. Die Vorfahren meines Onkels haben im neunzehnten Jahrhundert ihre Bildungsreise nach Italien unternommen und sind mit einer Bootsladung Bilder zurückgekommen. Manche waren sehr schön. Andere waren nur Kopien, die weniger bedeutende Künstler angefertigt hatten. Ich fand immer, dass dies eins der besten ist.«
»Es ist wunderschön.«
»Das Bild der Cassatt hängt noch im Kinderzimmer. Mein Onkel dachte, Sie würden es vielleicht gern in seiner ursprünglichen Umgebung sehen.«
Sarah fasste Elena am Arm und führte sie den Flur hinunter. Der Schlüssel lag oben auf dem Türrahmen. Sarah stellte sich auf die Zehenspitzen und pflückte ihn herunter, dann legte sie verschwörerisch den Finger auf die Lippen.
»Sagen Sie niemandem, wo wir den Schlüssel aufbewahren. «
Elena lächelte. »Es wird unser kleines Geheimnis bleiben.«
»Iwan wird langsam unruhig.«
»Das sehe ich, Graham.«
»Sie hat schon drei Minuten vergeudet.«
»Auch das sehe ich.«
»Sie hätte es auf der Treppe tun sollen.«
»Sie weiß, was sie tut.«
»Ich hoffe bei Gott, dass Sie recht haben.«
Ich auch,
dachte Gabriel.
Elena betrat als Erste den Raum. Sarah schloss die Tür halb, dann ging sie zum Fenster und zog die Vorhänge auf. Das goldene Licht fiel auf zwei identische Betten, zwei identische Kommoden, zwei identische, handbemalte Spielzeugtruhen und die
Zwei Kinder am Strand
von Gabriel Allon. Elena stockte der Atem. Sie hielt sich die Hand vor den Mund.
»Es ist herrlich«, sagte sie. »Ich muss es haben.«
Sarah ließ Stille zwischen ihnen einkehren. Sie setzte sich auf das Bettende am Fenster und strich, die Augen zu Boden gerichtet, gedankenverloren mit der Hand über die Winnie-Pu-Motive auf der Bettdecke. »Mein Gott«, sagte Elena, als sie ihre Reaktion sah, »verzeihen Sie mir. Sie müssen mich für schrecklich verdorben halten.«
»Überhaupt nicht, Mrs. Charkowa.« Sarah sah sich betont auffällig im Kinderzimmer um. »Ich habe jeden Sommer in diesem Zimmer verbracht, als ich klein war. Das Gemälde war das Erste, was ich morgens gesehen habe, und das Letzte, was ich abends gesehen habe, bevor meine Mutter das Licht ausgemacht hat. Wenn es nicht mehr hier ist, wird das Haus einfach nicht mehr dasselbe sein.«
»Dann kann ich es Ihnen nicht wegnehmen.«
»Sie müssen«, sagte Sarah. »Mein Onkel muss es verkaufen. Glauben Sie mir, Mrs. Charkowa, wenn Sie es nicht kaufen, kauft es jemand anders. Ich möchte, dass es jemand bekommt, der es genauso liebt wie ich. Jemand wie Sie.«
Elena wandte den Blick von Sarah und betrachtete noch einmal das Bild. »Ich würde es mir gern genauer ansehen, bevor ich eine endgültige Entscheidung treffe. Würden Sie mir bitte helfen, es von der Wand zu nehmen?«
»Selbstverständlich.«
Sarah erhob sich und warf, als sie am Fenster vorbeiging, einen Blick hinüber zur East Meadow. Boothby und Iwan waren noch dort. Boothby deutete gerade mit ausgestrecktem Arm aut irgendeinen Punkt in der Ferne, und Iwan war mit seiner Geduld sichtlich am Ende. Sie trat zu dem Gemälde, hob es mit Elenas Hilfe von den Haken und legte es flach auf das zweite Bett. Elena kramte eine Lupe und eine kleine Maglite-Taschenlampe aus ihrer Handtasche. Zunächst prüfte sie mithilfe der Lupe die Signatur in der linken unteren Ecke des Gemäldes. Dann knipste sie die Taschenlampe an und ließ den Strahl über die Fläche wandern. Ihre Prüfung dauerte drei Minuten. Als sie fertig war, schaltete sie die Lampe wieder aus und steckte sie in ihre Handtasche zurück.
»Dieses Gemälde ist eindeutig eine Fälschung«, sagte sie.
Sie musterte Sarahs
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