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Das Moskau-Spiel

Das Moskau-Spiel

Titel: Das Moskau-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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dann im Eilschritt, aber bloß nicht rennen, zum Haupteingangin der Hoffnung, dass sie ihn nicht mehr abgeschlossen hatten. Ein Kamikazeflug bot bessere Überlebenschancen.
    Die Minuten vergingen im Zeitlupentempo. Er wartete auf Trittgeräusche und Schlüsselgeklirr, mit dem sich die Putzkolonne ankündigte. Sollte er sich einen anderen Unterschlupf suchen? Die Angst trieb ihn heraus aus dem Mauseloch. Fast im Laufschritt klapperte er die nächsten Türen ab, und als er schon dachte, keine offene mehr zu finden, fiel er fast hin, als sich die Tür nach einem Klinkendruck öffnete.
    Im Gang ertönte, was er gefürchtet hatte. Schlüssel klapperten, Holzsohlen klopften auf den Boden, Stimmen, ein Lachen. Er betrat den Raum und schloss die Tür. An der Seitenwand ein Regal mit leeren Reagenzgläsern, daneben Stapel mit Papier, Handbücher, eine Schachtel mit Bleistiften, Klebebänder, Büroklammern. Es war ein Vorratsraum. An der Stirnwand standen Pappkartons fast bis zur Decke. Blitzschnell entschied er, was er zu tun hatte. Er wuchtete einen Karton nach dem anderen auf den Boden, trat an die Wand und schichtete die Pappkartonmauer wieder hoch, sodass er dahinter verborgen war. Völlig erschöpft brach er hinter den Kartons zusammen, er schnaufte wie ein Kampfstier.
    Dann ein Klacken, die Tür wurde geöffnet. Unbestimmbare Geräusche, während er die Luft fast anhielt. Langsam atmen, ruhig werden. Er zwang sich. Die Putzfrau brauchte nicht lang, aber für Theo war es eine Ewigkeit. Dann brummte die Frau etwas, und die Tür schlug zu. Er blieb noch lange sitzen hinter seinem Pappwall und lauschte. Die Geräusche auf dem Gang entfernten sich. Als er sich einigermaßen erholt hatte, begann er die Mauersäule vor ihm abzubauen. Vier Kartons, das schaffte er schnell. Er machte sich nicht die Mühe, die Kartons wieder an der Wand aufzuschichten.
    Er stellte sich hinter die Tür und horchte. Die Putzfrauen kehrten zurück zum Haupteingang, es lachteund schlurfte. Dann war es überall still, die Kolonne schien in eine andere Etage abgezogen zu sein. Halb sechs Uhr, bald würden die ersten Mitarbeiter auftauchen. Hoffentlich nicht mit der Absicht, sich gleich in der Materialkammer mit Bleistiften zu versorgen. Theo erdachte einen Plan für den schlimmsten Fall, er würde massiv auftreten, als würde er nach etwas suchen, das natürlich mal wieder nicht vorrätig war, und dann wutschnaubend den Raum verlassen.
    Er war hundemüde, jetzt schlug es durch. Er setzte sich auf den Boden neben der Tür und lehnte den Rücken an die Wand. Er war hart, und bald schmerzte der Rücken, und doch wäre er fast eingeschlafen. Er kannte solche Momente, wusste, dass er die Müdigkeit nicht mehr lange beherrschte und dass die Zeit kommen würde, in der er mit dem Gedanken kämpfte aufzugeben, nur um schlafen zu können. Er überlegte, wann er zum letzten Mal ausgeschlafen hatte, und konnte sich nicht daran erinnern. In seinem Kopf wuchsen wirre Ideen, Erinnerungen, die ihm unendlich weit entfernt schienen. Dabei hatte er Paula erst vor ein paar Tagen kennengelernt. Er mühte sich, sich die Situationen vorzustellen, mit denen er es nun zu tun haben könnte. Was sollte er unternehmen, wenn die Tür aufging? Aufspringen, losmarschieren, sich nicht aufhalten lassen, am Haupteingang kontrolliert wurde nur, wer hereinkam. Aber wenn er auf dem Boden saß, fiel das auf. Er hatte sich doch schon etwas überlegt. Stimmt, so tun, als würde er Material suchen, den Russen spielen, fluchen, die Tür zuknallen, weil wieder mal was fehlte. Scheißverwaltung. Aber er saß doch auf dem Hintern. Konzentrier dich, das bisschen Schlafdefizit steckt ein Feldagent weg. Viele haben es länger ausgehalten ohne Halluzinationen, viele mussten kämpfen nach Ewigkeiten ohne Schlaf, und du musst nur abhauen. Nächste Möglichkeit: Wenn keiner in die Kammer kam, dann würde er sie irgendwann verlassen müssen. Wann? Sofrüh wie möglich, irgendeinem würde bestimmt etwas fehlen. Und was mochte in diesen blöden Kisten sein? Schwer waren sie nicht gewesen. Konzentrier dich. Doch sein Hirn fand keine weiteren Möglichkeiten.
    Dann schrak er hoch, er war doch eingedöst, draußen Trittgeräusche, energisch, fast militärisch. Jetzt würden sie ihn holen. Doch die Schritte zogen vorbei und verhallten. Er stand auf, die Ungeduld wollte ihn auf den Flur treiben, aber die Vernunft hielt ihn zurück. Vielleicht hatten die paar Minuten – waren es wirklich nur Minuten? – Schlaf

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