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Das Moskau-Spiel

Das Moskau-Spiel

Titel: Das Moskau-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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war rachsüchtig, Henri spürte das. Pullach würde auch nicht begeistert sein, nun wegen der zehn Millionen Dollar in Langley in Verschiss zu geraten, und Henri hatte die eigenen Leute ja eingespannt. Das würde ihm über kurz oder lang ein Disziplinarverfahren einbringen, Beförderungen konnte er sich abschminken. Bald würden die Mühlen der Bürokratie eine Weisung ausspucken, die ihn nach Pullach zurückschicken würde. Eigentlich konnte er schon packen. Aber das war nicht alles. Er hatte sich noch mit einer kleinen Gruppe von Verrückten im KGB zusammengetan, was ihm automatisch die Feindschaft aller anderen Sowjetgeheimdienstler einbringen würde, wenn sie es herausfanden. Allerdings war das wahrscheinlich gar nicht nötig, denn wie er Mavick einschätzte, würde der ihn hochgehen lassen und den Sowjets etwas stecken. Etwas Wahres oder etwas Erfundenes, auf jeden Fall etwas, das die fuchsteufelswild werden ließ. An so etwas wie eine Altersvorsorge brauchte er keine Gedanken zu verschwenden, das Geld für die Beiträge konnte er sich sparen, immerhin.
    Am vernünftigsten wäre es, sich sofort in ein Flugzeug nach München zu setzen. Er erhob sich und lief umher. Als er aus dem Fenster schaute, bildete er sichein, im gegenüberliegenden Häuserblock etwas gesehen zu haben, eine Bewegung, eine Reflexion, einen Lichtblitz, er konnte es nicht genau bestimmen. Jetzt hast du schon Erscheinungen. Und doch ging er auf den Flur, wo ein Fenster auf die Straße wies. Er sah den unvermeidlichen Lada auf der Seite der Botschaft und schräg gegenüber einen Wolga, dahinter einen Kleintransporter ohne Aufschrift.
    Henri kehrte in sein Büro zurück und setzte seinen Marsch fort. Was würden sie tun? Eine Provokation? Ein Unfall? Ein direkter Anschlag? Er hatte sich gut vorbereitet auf seinen Moskauaufenthalt, er wusste, was er der Konkurrenz zutrauen musste und was nicht. Sie würden es nicht wagen, einen Anschlag auf einen Botschaftsangehörigen zu begehen. Normal wäre allerdings, sie würden ihn ausweisen. Das war das übliche Verfahren. Daraufhin würde Bonn auch jemanden ausweisen, den sie schon länger im Visier hatten, um nicht das Gesicht zu verlieren. Spionage gab man nicht zu, obwohl jeder davon wusste. Warum wiesen sie ihn nicht aus? Das allerdings erstaunte ihn zunächst, dann ängstigte es ihn. Sie würden auf jeden Fall etwas gegen ihn unternehmen. Wenn sie ihn nicht rausschmissen, was dann? Was hatte Mavick denen gesteckt, oder waren Eblow und Rachmanow aufgeflogen und hatten geredet?
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    Der Mann mit dem großen roten Fleck auf der Stirnglatze nickte nachdenklich. Seine Stimme klang kalt. »Genosse Tschebrikow, ich darf kurz zusammenfassen, was Sie uns berichtet haben, damit wir es auch wirklich verstehen. Der Genosse Tschernenko wurde umgebracht. Jemand hat einen Herzinfarkt bei ihm ausgelöst, als er im Regierungskrankenhaus lag. Dieser Jemand muss Angehöriger des medizinischen Personals des Krankenhauses sein. Der Genosse Professor Smirnow ist von einer Dienstreise in die Schweiz nicht zurückgekehrt und seitdem verschwunden. Sie halten es für möglich, dass Smirnow den Genossen Tschernenko ermordet hat. Jedenfalls hatte er Zugang zum Genos sen Tschernenko. Eine Kontaktperson in der US – Bot schaft hat behauptet, dass womöglich der westdeutsche Geheimdienst in den Mordanschlag verwickelt ist. Jedenfalls habe die amerikanische Regierung zehn Millionen Dollar bezahlt für ein Flugzeug, das ein angeblicher Überläufer in den Westen fliegen sollte. Es handelt sich um die zehnfache Summe dessen, was die Imperialisten sonst für unsere Jets bezahlen. Sie unterstellen die Möglichkeit« – Tschebrikow zog die buschigen Augenbrauen hoch, unterbrach den Generalsekretär aber nicht –, »dass die zehn Millionen für eine ganz andere Operation der Feinde gedacht war. Es kann sich dabei nach menschlichem Ermessen nur um den Mordanschlag auf unseren Genossen Tschernenko handeln. Für zehn Millionen Dollar hat sich Smirnow kaufen lassen.«
    Er schaute Tschebrikow streng an, es lag viel Misstrauen in dem Blick. Vor allem die Frage: Sagst du mir alles, hältst du was hinterm Berg, willst du mich in eine bestimmte Richtung lenken? »Es sei denn, der Professor Smirnow taucht plötzlich wieder auf und hat eine gute Erklärung für sein Verschwinden …«
    »Smirnow ist längst bei den Amerikanern. Neuer Name, neue Papiere.«
    Der KGB – Chef schaute ausdruckslos in die Runde. Es waren nur Männer, die meisten

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