Das Moskau Virus: Roman (German Edition)
kidnappte, musste sie grinsen. Nein, entschied Randi lakonisch, Kessler zu entführen war keine Option. Vielleicht wäre es am besten, sich erst einmal ein wenig zurückzuhalten. Später konnte sie nach einem diskreten Weg suchen,
Kesslers Vorgesetzte über sein kriminelles Verhalten zu informieren. Natürlich musste sie es dann so anstellen, dass ihr Einbruch in das Hochsicherheits-Computernetz unentdeckt blieb.
In der Zwischenzeit arbeiteten ihre Abhörspezialisten mit Hochdruck daran, die Rufnummer, die Kessler gewählt hatte, weiterzuverfolgen. Die erste Verbindung führte zu einem Handy, das in der Schweiz registriert war. Wohin die Spur weiterging war noch vollkommen ungewiss.
Ein großer, gelber BVG-Bus, in dem nur eine Handvoll Fahrgäste saßen, rauschte vorüber. Randi schaute sich um und orientierte sich. Rechts, im Westen, lag der stille, schneebedeckte Wald. Links, auf der anderen Seite der Straße, gab es Häuser und eine Reihe kleiner Geschäfte. Dieser Teil der Allee war stärker befahren, sie registrierte ein paar Privatautos und einige Lieferwagen, die trotz des schlechter werdenden Wetters ihre Runde drehten. Hinter der nächsten Kreuzung konnte sie den Ford des Überwachungsteams stehen sehen, der zwischen einem älteren Audi und einem brandneuen Opel Kombi geparkt war.
Sie drückte einen Knopf auf einem Gerät an ihrem Gürtel, das wie ein silberner iPod aussah. Dieser speziell für geheime Operationen entworfene iPod enthielt allerdings ein militärisches Funkgerät mit mehreren abhörsicheren Kanälen. »Basis, hier ist Führung. Ich komme rein.«
»Verstanden, Führung«, erwiderte der Techniker, der im Wagen arbeitete. Plötzlich fügte er mit aufgeregter Stimme hinzu: »Warte einen Moment, Randi. Wir empfangen soeben einen Anruf in Kesslers Haus. Jemand sagt ihm, er soll sich bereithalten, das Abholteam sei unterwegs.«
Ja! Begeistert rammte Randi die Faust ihrer rechten Hand in die linke Handfläche. Das wurde aber auch Zeit. »Okay, Basis. Macht euch bereit zum Aufbruch. Wenn diese Kerle kommen und Kessler mitnehmen, fahren wir hinterher, um zu sehen, wo sie ihn hinbringen.«
»Verstanden«, erwiderte der CIA-Techniker. Über die Funkverbindung konnte sie hören, wie er mühsam vom fensterlosen hinteren Teil des Wagens auf den Fahrersitz kletterte.
Während Randi weiter auf den Ford zuging, wechselte sie die Kanäle, um direkt mit der jungen, in Berlin stationierten Feldagentin zu sprechen, die an der Straße zu Kesslers Villa Posten bezogen hatte. »Beobachtung, hier ist Führung. Haben Sie das gehört?«
Nichts.
Sie runzelte die Stirn. »Carla, hier ist Randi. Bitte melden.«
Keine Reaktion. Nur das leise Rauschen der Statik, sonst Totenstille. Alarmiert wandte Randi sich um, kalte Schauer jagten ihr über den Rücken. Irgendetwas lief schief. Völlig schief sogar. Sie zog den Reißverschluss ihrer Jacke gerade so weit auf, dass sie die 9mm-Beretta aus ihrem Schulterholster ziehen konnte, ohne an irgendetwas hängenzubleiben – falls sie die Waffe schnell zur Hand haben musste.
Im selben Augenblick sah sie eine schwarze BMW-Limousine mit hoher Geschwindigkeit die Clayallee hinunterrasen, der starke Motor heulte auf, während sie ein- und wieder ausscherte, um langsamere Fahrzeuge zu überholen. Instinktiv glitt Randis Hand in die Jacke und griff nach der Pistole. Doch das schnelle Auto fuhr an ihrem Überwachungswagen vorbei. Erleichtert atmete sie aus.
Dann plötzlich bremste der BMW scharf. Mit quietschenden, nach verbranntem Gummi stinkenden Reifen kam die schwarze Limousine nach einer 180-Grad-Wende schaukelnd zum Stillstand, nur wenige Meter von dem geparkten Ford entfernt.
Drei der vier Türen flogen auf und drei durchtrainierte, kaltschnäuzige Männer sprangen auf die Straße. Eilig bildeten sie einen Halbkreis um den Wagen der CIA. Alle trugen Maschinenpistolen – Heckler & Koch MP5SDs mit integriertem Schalldämpfer –, die sie schussbereit an die Schulter drückten. Randis Augen weiteten sich, als sie die schwarzen Overalls und die dunkelgrünen
Baretts mit Bundesadler erkannte, die von der deutschen Anti-Terror-Eliteeinheit getragen wurden, der Grenzschutzgruppe 9.
»Oh Mist«, murmelte sie. Einer der Anwohner oder ein ortsansässiger Ladenbesitzer musste das Überwachungsteam entdeckt, Verdacht geschöpft und dann die Behörden gewarnt haben. Nach dem 11. September und dem schrecklichen Anschlag auf die Vorortzüge in Madrid hielten Deutschland,
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