Das Moskau Virus: Roman (German Edition)
Glassplitter durch Wohnzimmer, Küchen, Schlafzimmer und Geschäfte schießen lassen.
Langsam drehte Randi sich um und hielt nach dem Überwachungswagen Ausschau.
Aber der Ford war nur noch ein hässliches, völlig verbogenes brennendes Wrack. Alle anderen Wagen, die in einem Abstand von fünfzig Metern um den zerfetzten Kastenwagen geparkt gewesen waren, lagen kreuz und quer auf der Clayallee – zerdrückt, zerbeult und in orangefarbene Flammen gehüllt. Dicker schwarzer Rauch zog über die Straße.
Randi blinzelte, um die Tränen zu unterdrücken. Jetzt war keine Zeit zum Trauern, beschloss sie kühl. Falls sie lange genug lebte, würde sie es später nachholen.
Sie zwang sich dazu, sich zu konzentrieren, und überprüfte rasch ihre Ausrüstung. Ihr Funkgerät war kaputt, wahrscheinlich unwiederbringlich zerstört durch die Explosion, die sie über das Pflaster geschleudert hatte. Tja, das macht nichts, dachte sie düster. Schließlich gab es niemanden mehr, den sie noch kontaktieren konnte. Sie entdeckte ihre Beretta einige Meter entfernt auf dem Bürgersteig und humpelte mühsam darauf zu, um sie aufzuheben.
Sorgfältig untersuchte Randi die Pistole. Obwohl Griff und Lauf der Beretta zerkratzt und verschrammt waren, schienen Schlagbolzen, Feder, Hahn und Schlitten allesamt unbeschädigt zu sein. Ihr Mund verzog sich zu einem bitteren, selbstironischen Grinsen. So wie es aussah, war die 9mm-Waffe in einem besseren Zustand als sie selbst.
Sie drückte den Magazinlösehebel, ließ den halbleeren Ladestreifen herausgleiten und steckte ihn in eine ihrer Jackentaschen. Dann schob sie ein volles 15-Schuss-Magazin ein, zog den Schlitten zurück und senkte den Bolzen. Sie war bereit.
Randi ließ die Pistole wieder in ihr Schulterholster gleiten und warf einen letzten grimmigen Blick auf das brennende Chaos auf der Clayallee. Sie konnte die Martinshörner von Polizei, Feuerwehr und Rettungswagen stetig lauter werden hören, die deutschen Behörden reagierten auf das Desaster.
Es war Zeit zu gehen.
Sie wandte sich ab und hinkte nach Westen, tiefer in den Grunewald-Forst hinein, bis sie zwischen den Bäumen von der Straße aus nicht mehr gesehen werden konnte. Dann lief Randi nach Norden, sie zwang sich zu qualvollen, weit ausholenden Laufschritten, die sie mit zunehmender Geschwindigkeit durch die Schatten und die stummen, weißgepuderten Bäume trugen.
Kapitel dreiunddreißig
Nahe Moskau, Oberkommando für Weltraumaktivitäten
Generaloberst Leonid Awerkowitsch Nestrenko, der groß gewachsene, elegante Oberbefehlshaber der militärischen Raumfahrt der russischen Föderation, marschierte eilig durch den Flur, der sein Büro mit dem Kontrollzentrum verband.
Helle Leuchtstoffröhren an der Decke und ein beständiger Strom frischer, kühler Luft aus den Ventilationsschächten ließen beinahe vergessen, dass die riesige Einrichtung mehrere hundert Meter unterhalb der Erdoberfläche lag und durch massive, stahlverstärkte Betonplatten vor Angriffen geschützt wurde. Die schwer bewachten Ein- und Ausgangstunnel waren in den dichten Birkenwäldern nördlich von Moskau versteckt.
Die beiden bewaffneten Wachen, die vor dem Kontrollzentrum Dienst taten, nahmen Habachtstellung an, als er näherkam. Nestrenko ignorierte sie. In der Regel nahm er es mit der formellen militärischen Höflichkeit sehr genau, doch im Moment hatte er keine Zeit für Feinheiten.
Schnell ging Nestrenko durch die Tür und betrat den hallenartigen Raum, der sich dahinter auftat. Als seine Augen sich an die gedämpfte Beleuchtung der riesigen Zentrale gewöhnt hatten, konnte er viele lange Reihen mit Kontrollstationen erkennen. Die Offiziere an den Stationen waren entweder damit beschäftigt, die ihnen zugeteilten Satelliten- und Frühwarnradarsysteme zu überwachen oder sie kommunizierten leise über ein abhörsicheres
Netzwerk mit Kollegen an Abschussrampen, Bodenstationen und örtlichen Kommandoposten in ganz Russland.
Ein enormer, wandgroßer Bildschirm am anderen Ende des Raumes zeigte die Erde mit den wichtigsten Flugkörpern und Satelliten in ihrem Orbit. Leuchtend gelbe, gepunktete Linien deuteten die normale Umlaufbahn der Objekte an, während kleine grüne Pfeile auf die augenblickliche Position hinwiesen.
Der diensthabende Offizier, ein wesentlich kleinerer Mann mit kantigem Kinn, der auf den Namen Baranow hörte, kam eilfertig an Nestrenkos Seite. »Die Amerikaner richten ihren Lacrosse-Radaraufklärungssatelliten neu aus«, meldete
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