Das Moskau Virus: Roman (German Edition)
nach den Wetterbedingungen, den über Schiene und Straße möglichen Truppenverlegungen und der Frage, wie lange diese Truppen nach dem ersten Schuss brauchen würden, um die vorgesehenen Objekte zu sichern.
Er schnaubte verächtlich. Die subtilere und nachhaltigere Macht, die sie durch die Kontrolle über eine Waffe wie HYDRA bekamen, wussten weder Malkowitsch noch der russische Präsident zu schätzen. Seine Schöpfungen hätten benutzt werden können, um eventuelle Gegner einzuschüchtern und sie auf die russische Linie zu zwingen, ohne dass in großem Maßstab Gewalt angewendet und Energie verschwendet werden musste. Doch stattdessen sahen seine Auftraggeber in HYDRA nur ein weiteres Mordwerkzeug. Typisch slawisch, dachte Renke höhnisch. Die Russen
erkannten überlegene Kraft nur, wenn sie in der brutalen und offensichtlichen Form daherkam.
Renke zuckte die Achseln. Irrtum reihte sich an Irrtum und eine Dummheit an die nächste. In seiner gesamten Karriere war es dasselbe gewesen – ob in Ostdeutschland, der Sowjetunion oder im Irak. Von Laien war einfach nicht zu erwarten, dass sie mit wissenschaftlicher Klarheit dachten und handelten. Ihre Gier und ihre allgemeine Unwissenheit standen ihnen bei rationalen Entscheidungen stets im Weg. Glücklicherweise war er gegen solche Schwächen gefeit.
»Professore?«, rief einer seiner Assistenten mit einem Telefonhörer in der Hand. »Signor Brandt ist auf der sicheren Leitung.«
Verärgert riss Renke sich Gesichtsschild, Mundschutz und Handschuhe herunter, warf sie in einen Abfalleimer und griff nach dem Hörer. »Ja?«, blaffte der weißhaarige Wissenschaftler. »Was gibt’s, Erich?«
»Das Neueste über unsere beiden schlimmsten Sicherheitsprobleme«, erwiderte Brandt kurz und bündig. »Das in Berlin und das hier in Moskau.«
Renke nickte. In diesem Fall war es richtig, dass Brandt ihn unterbrochen hatte. »Schieß los.«
Er hörte aufmerksam zu, während Brandt ihm von den letzten Ereignissen berichtete. Die Neuigkeiten aus Berlin beruhigten ihn. Sobald Lange und sein Killerkommando die nötigen Informationen hatten, schien ihr Erfolg gewissermaßen garantiert. Die Nachrichten aus Moskau waren weit weniger schön. »Die Amerikaner sind immer noch spurlos verschwunden?«, fragte er ungläubig.
»Wie vom Erdboden verschluckt«, sagte Brandt. »Keine von Alexei Iwanows hochgelobten Polizeikontrollen hat auch nur einen Hinweis auf ihren möglichen Aufenthaltsort zutage gefördert. Er glaubt, Smith und Devin verstecken sich in einem geheimen Unterschlupf außerhalb der Stadt – oder sind bereits aus Russland geflüchtet.«
»Und was denkst du?«
»Ich glaube, Iwanow ist zu optimistisch«, erwiderte Brandt. »Ms. Devin mag nur eine Amateurspionin sein, doch Colonel Smith ist ganz sicher ein erfahrener Profi. Er wird seine Mission nicht voreilig abbrechen.«
Renke bedachte diese Einschätzung. Was der ehemalige Stasi-Offizier über seinen Gegner sagte, erschien ihm schlüssig. »Also? Wie sieht dein nächster Schachzug aus?«, fragte er kühl.
Brandt zögerte. »Ich bin mir nicht sicher.«
Ungläubig hob der Wissenschaftler eine Braue. »Komm schon, Erich«, blaffte er. »Smith und Devin sind keine Dummköpfe. Du weißt doch sicher, was sie in Wedenskajas Aufzeichnungen finden werden?«
»Herr Professor«, presste der andere Mann zwischen zusammengepressten Zähnen hervor, »du vergisst, dass ich kein Wissenschaftler bin. Meine Talente liegen auf anderen Gebieten.«
»Die Namen«, entgegnete Renke gereizt. »Die Amerikaner werden die Namen derjenigen erfahren, die wir als erste Testobjekte für HYDRA benutzt haben. Was immer Colonel Smith sonst noch sein mag, er ist auch Wissenschaftler und forscht auf medizinischem Gebiet. Wenn er mit einer mysteriösen Krankheit konfrontiert wird, wird er versuchen, den Vektor zu bestimmen. Nun musst du nur noch den richtigen Köder auslegen und darauf warten, dass er direkt in die Falle tappt.«
Kapitel zweiunddreißig
Berlin
Tief im Innern eines mehrstöckigen öffentlichen Parkhauses einige Kilometer vom Grunewald-Viertel entfernt stand Gerhard Lange und lauschte der verzerrten Stimme, die aus seinem Funkgerät quäkte. Wegen des statischen Rauschens und der offensichtlichen Aufregung des Mannes war nicht zu verstehen, was er zu berichten versuchte. Verärgert richtete Lange sich auf und schob den winzigen Empfänger tiefer ins Ohr. »Was war das, Müller?«, fragte er. »Wiederholen Sie.«
Diesmal sprach
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