Das Moskau Virus: Roman (German Edition)
die Krone der rassischen und ethnischen Evolution in Europa sind.«
Jon zwang sich dazu, unverbindlich zu lächeln und seine Freude zu verbergen. Nun war er sicher, dass sie einen wichtigen Hinweis auf die Herkunft der tödlichen Krankheit gefunden hatten.
Nachdem er und Fiona am Morgen die Woronows verlassen hatten, waren sie wieder in ihren Unterschlupf im Samoskworetsche-Viertel zurückgekehrt. Dann hatte er seine Notizen noch einmal durchgesehen und die vorsichtigen Telefonate getätigt, die notwendig gewesen waren, um dieses Treffen zu arrangieren, während Fiona mehrere Stunden damit zugebracht hatte, alles aus dem Computer herauszuholen, was sie über das ECPR und sein Projekt zum Ursprung der slawischen Völker finden konnte. Da es zu riskant war, ihre üblichen Nachrichtenkanäle anzuzapfen, war es schwierig, detaillierte Informationen zu bekommen. Trotzdem hatte sie zwei wichtige Puzzlestücke zutage gefördert.
Erstens war die Studie zwar ein sehr groß angelegtes, teures und ehrgeiziges wissenschaftliches Projekt, aber die Forscher hatten nur von tausend der ungefähr neun Millionen Menschen, die in der Umgebung Moskaus wohnten, DNA genommen. Um die historischen Veränderungen in der slawischen Population einzuschätzen, reichte diese Zahl an Proben aus – insbesondere wenn man die tausend und abertausend Proben dazunahm, die in anderen osteuropäischen Ländern und in den ehemaligen Sowjetrepubliken gesammelt worden waren. Doch das hieß auch, dass diese Verbindung zwischen dem siebenjährigen Michail Woronow und dem fünfundsiebzigjährigen Alexander Sakarow mehr als nur eine blinde Laune des Schicksals war. Die Chancen für einen derartigen Zufall lagen bei etwa einundachtzig Millionen zu eins.
Und zweitens war Konstantin Malkowitschs Name schon wieder aufgetaucht. Gesellschaften und Stiftungen, die er kontrollierte, stellten einen beträchtlichen Teil der Mittel für das ECPR zur Verfügung. Nur wenige Details der Finanzierung waren öffentlich bekannt, doch Fiona ging davon aus, dass das Projekt in erster Linie vom Geld des Milliardärs bezahlt wurde.
Smith zog eine Grimasse. Einen möglichen Hinweis auf eine Beteiligung Konstantin Malkowitschs – den Rettungswagen vom St. Cyril-Krankenhaus – konnte man noch als Zufall abtun. Zwei nicht. Malkowitsch war in diese Verschwörung verwickelt, und sein Freund im Kreml, Viktor Dudarew, ebenso.
In den Wäldern vor der Datscha lag Oleg Kirow auf einen Holzblock gestützt halb vergraben im Schnee und behielt den tief zerfurchten Zufahrtsweg, der von der nächsten Landstraße heraufführte, im Auge. Eine Nachtsichtbrille aus Armeebeständen verwandelte die Dunkelheit um ihn herum in einen grün gefärbten Tag. Etwa zwanzig Meter hinter ihm, unter Zweigen und Ästen
versteckt, damit die kantige, kastenförmige Silhouette nicht auffiel, ragte die gedrungene Masse seines GAZ Hunter auf, eines Fahrzeugs, das in etwa das russische Gegenstück zum amerikanischen Jeep Wrangler war.
Kirow hatte sich vor Smith und Fiona Devin zu Sakarows Datscha begeben. Seine erste Aufgabe war es gewesen, das Gelände rasch nach Anzeichen für mögliche Gefahren abzusuchen. Seine zweite, den versteckten Beobachtungsposten anzulegen und sich an einer Stelle zu verbergen, von der er den wahrscheinlichsten Zufahrtsweg zur Datscha überwachen konnte, während Jon und Fiona ihre Fragen stellten. Seine Mundwinkel sanken herab. Er hoffte, dass sie sich beeilten.
Der breitschultrige Russe fror, trotz des Schutzes, den sein schwerer Wintermantel, Mütze und Handschuhe ihm boten, war ihm kalt bis ins Mark. Die Temperatur, die bereits unter null lag, sank mit jeder Minute, die der Abend voranschritt.
Er verstand, dass seine Freunde die Informationen, die sie von den Woronows bekommen hatten, überprüfen mussten, doch es war ihm gar nicht wohl dabei, so weit außerhalb Moskaus zu sein. In dieser rauen und abweisenden Landschaft waren sie alle schrecklich exponiert. Hier gab es keine Menschenmengen, in denen man leicht untertauchen konnte. Keine Metrostation an jeder Ecke oder überfüllte Läden, in denen man auf der Flucht schnell verschwinden konnte. Hier gab es nur die Bäume und den Schnee und ein paar kurvenreiche Straßen, auf denen nach Sonnenuntergang kein Mensch unterwegs war.
Seufzend fokussierte der Russe seinen Blick auf den Wagen, der vor der Haustür geparkt war. Madame Sakarowa hatten ihren Mercedes in einer geheizten Garage neben dem Haus stehen. Ihre seltenen
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