Das Moskau Virus: Roman (German Edition)
Kesslers Leiche hatte er bereits vollständig mit Benzin übergossen. Ein einziges Streichholz würde den ganzen Raum in ein Flammenmeer verwandeln.
Katzengleich auf leisen Sohlen aufwärts schleichend erreichte Randi Russell das obere Ende der Dienstbotentreppe. Auf dem schmalen Absatz legte sie sich flach auf den Bauch und spähte über den Lauf ihrer Maschinenpistole, bereit, bei der geringsten Bewegung das Feuer zu eröffnen. Die Tür zum Hauptflur im ersten Stock lag direkt vor ihr. Sie war geschlossen, doch durch den schmalen Spalt unten schimmerte ein schwacher Lichtschein.
Randi runzelte die Stirn. Oben brannten also einige Lampen. Das war schlecht. Es bedeutete, dass sie in dem Moment, in dem sie durch diese Tür ging, ohne echten Schutz und hell erleuchtet im Flur stand – ein leichtes Ziel für jeden, der zufällig in ihre Richtung sah.
Ein schwacher Geruch, der mit jeder Sekunde stärker wurde, drang unter der Tür hervor. Der vertraute, widerliche Gestank ließ sie die Nase rümpfen. Benzindämpfe? Im Haus? Ihre Augen weiteten sich, als sie begriff. Renkes Männer hatten offenbar vor, Kesslers Villa in Flammen aufgehen zu lassen, um alle Spuren zu vernichten!
Stirnrunzelnd sprang Randi auf. Wenn sie etwas tun wollte, dann besser gleich. Ihre einzige Chance lag darin, schnell zuzuschlagen und sich nicht treffen zu lassen. Sie umklammerte die MP5SD mit der rechten Hand und griff mit der linken nach der Türklinke. Sie ließ sich ganz leicht bewegen. Das Schloss sprang auf und die Tür öffnete sich langsam, die Angeln, die schon seit Ewigkeiten nicht mehr geölt worden waren, quietschten vernehmlich.
Los! Sie atmete einmal tief ein, trat gegen die Tür und warf sich in den Flur. Sie rollte über die Schulter ab, um sich so weit wie möglich von der offenen Tür zu entfernen, kam auf einem Knie wieder hoch und zielte durch den langen Flur auf das obere Ende der Haupttreppe.
In dem schwachen Licht, das aus mehreren anliegenden Zimmern drang, sah sie eine Bewegung – einen gedrungenen schwarzen Schatten, der sich gegen das noch tiefere Schwarz der dunklen Eingangshalle abhob.
Da stand ein dunkelhaariger Mann in einer Panzerweste, der sich bereits zu ihr umdrehte, um sie aufzuhalten. Er hatte eine Waffe in der Hand.
Zu spät, du Scheißkerl, dachte Randi eiskalt. Sie drückte den Abzug ihrer Maschinenpistole, die MP5SD ratterte los und schlug
hart gegen ihre Schulter, während sie den Mann mit schnellen Drei-Schuss-Salven eindeckte.
Die Geschosse, die ihn nicht trafen, rissen Teile des Geländers hinter ihm in Stücke und versprühten blitzartige, grelle Funken, während sie Messing und Marmor durchdrangen. Andere Projektile streiften die herabbaumelnden Überreste des zerstörten Kronleuchters. Weitere Glas- und Metallsplitter brachen ab und landeten auf dem Fliesenboden tief unten.
Von mehreren Kugeln getroffen, die sich mit vernichtender Kraft in seine Kevlar-Weste bohrten, krümmte sich der schwarzhaarige Mann vor Schmerzen und taumelte einige Schritte zurück. Er stieß gegen einen Teil des zerstörten Geländers und schrie erschrocken auf, als es unter seinem Gewicht nachgab.
Randi schoss ununterbrochen weiter, grimmig hielt sie die Maschinenpistole trotz des Hochschlags bei jedem Schuss auf das Ziel gerichtet.
Der Verwundete ruderte wild mit den Armen und versuchte vergeblich seine Balance wiederzufinden, dann stürzte er, von weiteren Einschlägen in seiner Weste nach hinten geworfen, durch die Bresche. Mit einem schrillen Schrei verschwand er in der Dunkelheit. Das unheimliche, entsetzte Geheul endete abrupt mit einem dumpfen, saftigen Aufschlag.
Aufatmend ließ Randi den Abzug los. Ihre Maschinenpistole verstummte.
»Scheiße! «, fluchte eine Stimme hinter ihr.
Oh, verdammt.
Sie wirbelte auf dem Absatz herum und versuchte eilends, ihre MP5SD auf den hageren, schmallippigen Mann anzulegen, der in der offenen Tür zu Kesslers Arbeitszimmer stand. Wie alle anderen trug auch er schwarze Kleidung und eine schusssichere Weste aus Kevlar.
Die Maschinenpistole hing jedoch auf seinem Rücken, denn in den Händen hielt er einen großen rechteckigen Blechkanister
mit Benzin. Sie waren weniger als zehn Meter voneinander entfernt.
Knurrend ließ der Mann den Kanister fallen. Benzin spritzte über seine Hosenbeine und tropfte auf den Flurteppich, als der Behälter auf den Boden krachte. Der Mann zog eine halbautomatische Walther aus dem Seitenholster.
Aus so kurzer Distanz wirkte die Waffe
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