Das Moskau Virus: Roman (German Edition)
werden, die Namen der anderen Agenten zu verraten. Unter den gegebenen Umständen war dieses Vorgehen eine sinnvolle Vorsichtsmaßnahme, doch das war ihm eher ein schwacher Trost.
»Wie gut ist eigentlich diese Martin-Tarnung«, fragte er spitz.
»So gut, wie es in der Kürze der Zeit zu machen war«, entgegnete Klein. »Falls etwas schiefläuft, dürfte sie bei näherer Betrachtung etwa vierundzwanzig Stunden standhalten – mit etwas Glück.«
»Ich gehe also davon aus, dass der wahre Trick darin besteht, den Jungs im Kreml keinen Anlass zu geben, in Mr. Martins getürkter kanadischer Biographie herumzuschnüffeln?«
»Das wäre sicher am besten«, bestätigte Klein ungerührt. »Aber denken Sie daran, dass wir Ihnen beistehen und bereit sind, Ihnen jede Unterstützung zukommen zu lassen, die wir von unserer Seite aus bieten können.«
Smith nickte. »Verstanden.«
»Dann viel Glück, Jon«, sagte Klein. »Wir erwarten Ihren Bericht aus Moskau so schnell wie möglich.«
Kiew
Captain Carlos Parilla, U.S. Army, gab sich alle Mühe, seine Gesichtszüge nicht entgleisen zu lassen, während er der aufgeregten Stimme am anderen Ende der Leitung lauschte. »Ja, ja, ich verstehe Witali«, sagte er, als der Anrufer aufhörte zu sprechen. »Ich werde die Neuigkeiten sofort an meine Vorgesetzten weiterleiten. Ja, du hast vollkommen Recht, das ist eine furchtbare Entwicklung.«
Er legte auf und atmete tief durch. »Verdammt!«
Sein Chef im Büro des Militärattachés an der amerikanischen Botschaft, ein Colonel aus dem Marinekorps, sah überrascht von seinem Computer auf. Der sittenstrenge Parilla war beim gesamten Botschaftsstab in Kiew dafür bekannt, dass er nicht fluchte, nicht einmal unter außerordentlichem Stress. »Was ist los, Carlos?«
»Das war Witali Tschetschilo aus dem ukrainischen Verteidigungsministerium«, berichtete Parilla finster. »Er sagt, General Engler liegt im Krankenhaus in Tschernihiw – auf der Intensivstation. Es sieht so aus, als hätte er sich denselben unbekannten Bazillus eingefangen, der General Martschuk gestern umgebracht hat.«
Der Marinecolonel riss die Augen auf. Brigadegeneral Bernard Engler war der Leiter einer besonderen militärischen Mission. Er führte eine Gruppe amerikanischer Offiziere an, die der Ukraine dabei helfen sollten, ihre Streitkräfte zu modernisieren und zu reformieren. Nach wie vor beunruhigt von den anhaltenden Geheimdienstberichten über ungewöhnliche russische Militärmanöver nahe der Grenze war Engler gestern nach Tschernihiw gefahren, um zu versuchen, Martschuks lustlosen Nachfolger, Generalleutnant
Eduard Timoschenko, wenn möglich dazu zu bewegen, einige sinnvolle Vorsichtsmaßnahmen zu treffen.
Der Colonel nahm den Telefonhörer ab und wählte eilig eine Nummer. »Stellen Sie mich zum Botschafter durch. Sofort.« Er legte eine Hand über den Hörer und schaute quer durch den Raum Parilla an. »Rufen Sie direkt im Krankenhaus von Tschernihiw an und lassen Sie sich über den Zustand des Generals berichten. Dann leiten Sie die Nachricht weiter an den Diensthabenden in Washington. Wir brauchen hier auf der Stelle einen Ersatz.«
Parilla nickte. Wenn der Kommandeur krank war und vielleicht sogar starb, wurde die amerikanische Militärmission so gut wie handlungsunfähig. Als Brigadegeneral genoss Engler bei der ukrainischen Regierung und ihren Streitkräften hohes Ansehen und Respekt. Seine Untergebenen hingegen, meistenteils jüngere Offiziere, hatten weit weniger Einfluss auf die rangbewussten Verbündeten. Und da an der russisch-ukrainischen Grenze Ärger drohte, war es dringend nötig, dass das Pentagon so bald wie möglich jemanden schickte, der den Posten des Generals übernehmen konnte.
Stirnrunzelnd dachte der Colonel daran, dass es in Washington, D. C., noch mitten in der Nacht war. Selbst unter den allerbesten Voraussetzungen brauchten die Bürokraten des Pentagons wahrscheinlich Tage, um all die Kandidaten und Namen durchzugehen, die als Ersatz für Bernard Engler infrage kamen. Und selbst ein Nachfolger mit gleichem Rang und gleichen Fähigkeiten würde Tage, vielleicht sogar Wochen brauchen, um alle Details der komplizierten militärischen und zivilen Belange dieses Landes auch nur ansatzweise zu verstehen. Solange der neue Mann noch nicht eingearbeitet war, würde die Koordinierung der amerikanischen und ukrainischen Verteidigungsinteressen sich wesentlich schwieriger gestalten.
Kapitel zwölf
Bagdad
CIA-Agentin Randi Russell
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