Das Moskau Virus: Roman (German Edition)
Zimmern verschwunden waren. Anscheinend war die Irische Bar des Hotel Budapest für Moskaus Edelnutten der Ground-Zero.
»Sie sehen sehr einsam aus. Und sehr traurig«, gurrte eine angenehme Stimme auf Russisch. »Darf ich mich Ihnen auf einen Drink anschließen?«
Smith blickte auf. Die schlanke, dunkelhaarige Frau stand neben ihm und lächelte ihn aufmunternd an. Hastig schüttelte er den Kopf. »Nein, vielen Dank«, erwiderte er. »Glauben Sie mir, im Moment möchte ich keine Gesellschaft. Ich wollte gerade gehen.«
Weiterhin lächelnd nahm die Frau seelenruhig neben ihm Platz. Ein leichter Hauch ihres Parfums streifte ihn, etwas Zartes, Frisches, Blumiges. Mit gespieltem Erstaunen zog sie eine Augenbraue hoch. »Tatsächlich? So bald schon? Wie schade, die Nacht ist doch noch jung.«
Jon runzelte leicht verärgert die Stirn. »Schauen Sie, Miss«, sagte er steif, »ich glaube, das ist ein Missverständnis …«
»Ein Missverständnis? Ja, höchstwahrscheinlich«, entgegnete die dunkelhaarige Frau, sie sprach jetzt Englisch mit einem kaum wahrnehmbaren irischen Tonfall. Ihre grünen Augen sprühten vor Heiterkeit. »Aber falls dem so sein sollte, glaube ich, dass der Fehler eher bei Ihnen liegt, Mr. Martin. Was mich angeht, haben Sie sich wohl ein Bild gemacht, das von einer völlig falschen Tangente ausgeht.«
Tangente? Mein Gott, dachte Smith entsetzt. Das war das Erkennungswort für das Treffen. Dies und die Tatsache, dass die Frau seinen Tarnnamen kannte, hieß: Sie musste die Covert-One-Kontaktperson sein, die Kleins kleines Agententeam in der russischen Hauptstadt leitete. Er spürte, wie er rot anlief. »Oh verdammt«, murmelte er peinlich berührt. »Jetzt habe ich ein Problem.«
»Könnte man meinen«, sagte die Frau leise. Doch dann hatte sie Mitleid und streckte die Hand aus. »Ich heiße Fiona Devin und arbeite als freiberufliche Journalistin. Unser gemeinsamer Freund, Mr. Klein, hat darauf bestanden, dass ich Sie in Moskau willkommen heiße.«
»Danke«, erwiderte Jon erleichtert. Er räusperte sich. »Hören Sie, Ms. Devin, es tut mir wirklich leid, dass ich Sie nicht richtig eingeschätzt habe. Mir brach nur gerade der Angstschweiß aus. Ich dachte, es wäre etwas schiefgegangen.«
Sie nickte. »Das hat man Ihnen angesehen.« Dann zuckte sie die Achseln. »Verzeihen Sie, dass ich Sie so lange habe warten lassen, aber ich hielt es für das Beste. Diese Bar ist eine Art Zuhause für mich und ich wollte sichergehen, dass Ihnen keine unwillkommenen Besucher folgen. Die meisten Stammgäste kenne ich recht gut, daher fallen mir Fremde in meinem Revier sofort auf.«
»FSB-Agenten oder Spitzel, meinen Sie?«, fragte er.
Wieder nickte Fiona Devin. »Die finsteren Gestalten vom Lubjanka-Platz sind nicht mehr ganz so aktiv und allmächtig wie zu den Zeiten, in denen sie sich noch KGB nannten, doch sie kommen trotzdem ganz gut herum.«
»Und nun tut Präsident Dudarew auch noch sein Bestes, um die schlechte alte Ordnung wiederherzustellen«, sekundierte Smith.
»Nur zu wahr«, stimmte sie düster zu. »Zar Viktor hat sich tatsächlich mit einem schlimmen Freundeskreis umgeben. Die Russen nennen sie siloviki – die starken Männer. Sie waren allesamt
früher beim KGB – genau wie Dudarew –, daher haben sie gern die absolute Kontrolle und zeigen großes Geschick darin, jedem, der dumm genug ist, ihnen in die Quere zu kommen, Angst einzujagen.«
»In der Tat«, sagte Smith grimmig, während er an die Brücke in Prag und Valtenin Petrenkos Ermordung dachte. »Außerdem benutzen sie manchmal Stellvertreter wie diese sogenannte Brandt-Gruppe, um die schmutzige Arbeit erledigen zu lassen.«
»Sieht ganz danach aus, Colonel«, erwiderte Fiona kalt. »Aber behalten Sie im Gedächtnis, dass die Brandt-Gruppe stets für den arbeitet, der am meisten bietet, nicht nur für den Kreml.«
»Ach ja?«
Fionas Blick wurde noch kälter. »Ich habe mich ein wenig mit der Gruppe beschäftigt und ich gebe gern zu, dass sie gut zu Dudarew und seinen siloviki passt. Sie besteht hauptsächlich aus Ex-Stasi-Leuten – wie ihrem Boss, einer boshaften Kreatur namens Erich Brandt – und einigen Halunken von der rumänischen Securitate und der serbischen Geheimpolizei. Und sie übernehmen jeden Job, egal wie schmutzig, wenn das Geld stimmt.«
Ihr Mund verzog sich zu einem dünnen Strich. »Den Gerüchten zufolge stellt die Brandt-Gruppe den Personenschutz für einige der wichtigsten Drogen- und Mafiabosse in
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