Das Moskau Virus: Roman (German Edition)
Moskau. So sorgt eine Sorte von Parasiten für die Sicherheit der anderen. Da die Gruppe gute Beziehungen zum Kreml hat, sieht die Polizei gern in die andere Richtung, egal wie viele Unschuldige die von ihnen beschützten Mafiabosse umbringen lassen.«
Smith bemerkte, wie viel Wut und Schmerz in ihrer Stimme mitschwang. »Auch einen Unschuldigen, den Sie kannten?«, fragte er.
»Meinen Mann«, antwortete sie schlicht. »Sergej war Russe. Einer dieser optimistischen Unternehmer, die glaubten, aus diesem Land könnte eine blühende Demokratie werden. Er hat hart gearbeitet, sein Geschäft aufgebaut – und dann kamen diese brutalen
Kerle und wollten den Löwenanteil seiner Einkünfte. Als er das ablehnte, haben die Ungeheuer von der Mafia ihn auf offener Straße erschossen.«
Sie verstummte, offenbar wollte sie im Moment nicht mehr dazu sagen.
Smith nickte, denn er erkannte, dass es hier eine Grenze gab, die er nicht übertreten sollte. Noch nicht. Um das Schweigen zu überbrücken, winkte er einer vorbeieilenden Kellnerin und bestellte ein Glas Schampanskoje – einen süßen, moussierenden Wein aus Moldawien – für Fiona und ein zweites Bier für sich selbst, ehe er sich ihr wieder zuwandte. Er zögerte ein wenig, weil er nicht genau wusste, wie es weitergehen sollte. »Ich nehme an, Fred Klein hat Ihnen erzählt, warum ich hier bin, Ms. Devin«, sagte er schließlich. Als ihm auffiel, wie gestelzt das klang, wand er sich innerlich vor Verlegenheit.
»Mr. Klein hat mich bestens informiert«, bestätigte sie unbeeindruckt. Offenbar wollte sie ihm auch seinen zweiten Ausrutscher verzeihen. »Außerdem habe ich selbst mit diesen mysteriösen Todesfällen zu tun gehabt. Vor drei Tagen ist Dr. Nikolai Kirianow auf dem Weg zu einem Treffen mit mir spurlos verschwunden. Nun nehme ich an, dass er ähnliche Informationen für mich hatte, wie Ihr Freund Petrenko in Prag für Sie.«
»Darf ich raten? Kirianow ist am nächsten Morgen im Leichenschauhaus wieder aufgetaucht?«, sagte Jon wieder etwas lebhafter.
Fiona krauste die Stirn. »Haarscharf daneben. Seinen Leichnam habe ich nie zu Gesicht bekommen. Der arme Mann war bereits eingeäschert worden.«
Smith lüpfte eine Augenbraue. »So überstürzt?«
Fiona nickte. »Tja, als Todesursache war ›Herzanfall‹ angegeben. Ich schätze, die Verbrennung war der einfachste Weg sicherzustellen, dass niemand das überprüfen kann.«
»Und seitdem?«
»Seitdem schnüffele ich überall herum und stelle einen Haufen neugieriger Fragen«, erklärte sie.
»Hört sich ziemlich gefährlich an – unter diesen Umständen«, meinte Jon.
Fiona Devin verzog ihren sinnlichen Mund zu einem schiefen Grinsen. »Den Behörden gefällt es wahrscheinlich nicht sonderlich«, sagte sie. »Aber man muss sich immer vor Augen halten, dass unbequeme Fragen zu stellen, genau das ist, was man von einer westlichen Reporterin wie mir erwartet. Und man weiß, dass Kirianow mir zumindest ein kleines bisschen von dem erzählt haben könnte, was diesen armen Menschen zugestoßen ist. Wenn ich von einer saftigen Story wie dieser erfahren hätte und dann einfach die Hände in den Schoß legte, würde man noch misstrauischer werden.«
»Haben Sie irgendetwas herausfinden können?«, fragte Jon.
Genervt schüttelte sie den Kopf. »Nicht das Geringste. Ich bin so lange durch die Flure des Zentralklinikums gelaufen, bis ich ihr Desinfektionsmittel noch im Schlaf riechen konnte, aber es hat alles nichts genutzt. Man hat mich einfach vor die Wand laufen lassen – nichts als stures Schweigen oder Ausflüchte. Natürlich bestreiten sämtliche Mitarbeiter, dass es jemals irgendeine mysteriöse Krankheit gegeben hat.«
»Natürlich«, wiederholte Smith trocken. »Kommt man nicht an die Krankenakten heran?«
»Strikt verboten«, sagte Fiona Devin ausdruckslos. »Der Direktor des Klinikums besteht darauf, dass die Krankenakten der gegenwärtigen und ehemaligen Patienten streng unter Verschluss bleiben. Die notwendigen Genehmigungen über seinen Kopf hinweg vom Gesundheitsministerium zu bekommen, könnte Wochen dauern.«
»Oder ewig.«
Sie nickte. »Das glaube ich auch. Eines ist jedoch auffällig: Sämtliche Ärzte und Schwestern dort sind hochgradig nervös.
Trotz dieser allgegenwärtigen ekelhaften Karbolseife kann man die Angst förmlich riechen. Glauben Sie mir, sie werden weder mit einem Ausländer noch mit sonst irgendjemandem über das Geschehen reden, egal, welchen Köder man
Weitere Kostenlose Bücher