Das Moskau Virus: Roman (German Edition)
und Spenden hat er enge Verbindungen zu den neuen Herrschern im Kreml. Auch wenn Dudarew und seine »starken Männer« die alte Zeit gern wieder aufleben lassen würden, sind sie doch nicht dumm. Bei einem Mann, der mit so viel Geld um sich werfen kann, halten sie sich zurück.«
»Und Sie hoffen, Malkowitsch dazu überreden zu können, ein paar neugierige Fragen zu dieser Krankheit zu stellen?«, riet Smith.
»In der Tat, das hoffe ich«, gestand Fiona. »Angeblich hat er viel Temperament und ist daran gewöhnt, seinen Willen zu bekommen.« Ein Ausdruck teuflischen Vergnügens erschien in ihren leuchtenden blaugrünen Augen. »Mir wäre es jedenfalls höchst unangenehm, der erste russische Beamte zu sein, der gezwungen ist, ihm etwas abzuschlagen.«
Kapitel vierzehn
Nahe der russisch-ukrainischen Grenze
Vier beschlagnahmte Reisebusse vollgestopft mit russischen Soldaten rumpelten über einen schmalen, tief zerfurchten Weg, eine alte Holzabfuhrstraße, und drangen langsam immer tiefer in den pechschwarzen Wald ein. Überhängende Äste kratzten laut über das Blech und die Fenster der abgedunkelten Fahrzeuge.
Ganz vorn, hinter dem Fahrer, hockte Hauptmann Andrei Judenitsch und klammerte sich an der Rücklehne des Fahrersitzes fest, um die Balance halten zu können. Wieder einmal spähte er durch die gesprungene, schmutzige Frontscheibe und versuchte vergeblich, eine bessere Vorstellung davon zu bekommen, wohin er mit den Männern seiner Panzerkompanie eigentlich geschickt wurde. Er zog eine Grimasse, denn die letzten Ereignisse hatten ihn tief beunruhigt.
Seit sie vor vierundzwanzig Stunden ihre Kaserne vor den Toren Moskaus verlassen hatten, befanden sie sich auf einer albtraumhaften Irrfahrt. Die ursprünglichen Befehle hatten sie per Zug südwärts nach Woronesch beordert, angeblich ein erster Schritt zur Verlegung eines gesamten Bataillons nach Tschetschenien. Doch kaum angekommen hatte man sie in einen anderen Zug verfrachtet, der westwärts nach Brjansk fuhr. Dort war Judenitsch mit seinen Panzerbesatzungen in diese alten Busse gesteckt und in den Wald geschickt worden, in ein Labyrinth von frisch angelegten Feldwegen.
Plötzlich tauchte im Licht der schwankenden Scheinwerfer vor
ihnen ein Soldat in einem weißen Tarnanzug auf. Er stand auf einem Schneehügel am Rand der Holzabfuhrstraße. Eine leuchtend rote Armbinde und ein fluoreszierender Stab kennzeichneten ihn als Mitglied der Militärpolizei – einer speziellen Heereseinheit, die für den Ordnungs- und Verkehrsdienst zuständig war.
Der weißgekleidete Soldat winkte hektisch mit seinem Stab und deutete gebieterisch nach rechts. Seinen Signalen folgend bogen die Busse einer nach dem anderen von der Holzabfuhrstraße ab und wanden sich einen noch schmaleren Weg hoch, der – den beidseits sichtbaren frischen Baumstümpfen nach zu urteilen – neu in den Wald gehackt worden war. Irritiert klammerte Judenitsch sich fester an die Fahrerlehne, während das Fahrzeug durch die tiefen Rillen holperte und er auf seinem Sitz hin und her gestoßen wurde.
Einige Minuten später erreichten sie eine Lichtung und hielten an.
Weitere Feldjäger mit roten Armbinden und einsatzbereiten Sturmgewehren umringten die Busse und schrien: »Alles aussteigen! Raus da! Weiter! Weiter!«
Judenitsch ging als Erster durch die offene Tür. Leichtfüßig sprang er auf den steinhart gefrorenen Boden der Lichtung und salutierte dann vor dem nächsten Offizier, einem Hauptmann, genau wie er selbst. Hinter ihm strömten die Panzerbesatzungen aus den Bussen und stellten sich, von Feldwebeln und Oberleutnants angetrieben, hastig in Reihen auf.
»Ihre Befehle?«, blaffte der andere Hauptmann.
Wortlos zog Judenitsch ein dickes Papierbündel aus der Brusttasche seiner Feldjacke.
Der andere Hauptmann blätterte darin herum und nahm im Schein einer abgeschirmten kleinen Taschenlampe, die von einer Ordonnanz gehalten wurde, einige Seiten näher in Augenschein. »Demnach gehören Sie zur 4. Gardepanzerdivision«, sagte er, gab die Befehle zurück und sah in einer Liste auf seinem Klemmbrett
nach. »Richtig. Sie und Ihre Kompanie sind in Abschnitt fünfzehn untergebracht, Mannschaftszelte vier bis acht.«
»Abschnitt fünfzehn?«, fragte Judenitsch, ohne seine Überraschung länger zu verbergen.
»Ein Stückchen durch die Bäume dort, Hauptmann«, erwiderte der andere Mann müde, während er mit einer Kopfbewegung auf den Wald jenseits der Lichtung deutete. »Man wird Sie
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