Das Moskau Virus: Roman (German Edition)
entfernt ist. Es mehr wie ein rein freundschaftliches Treffen zwischen zwei alten Kollegen aussehen zu lassen, scheint mir der sicherste Weg, mich ihr zu nähern.«
»Gute Idee«, bestätigte Fiona lächelnd. »Aber reservieren Sie für drei.«
»Wollen Sie auch mitkommen?«
»Jawohl«, antwortete sie. Ihr Mund verzog sich zu einem verschmitzten Lächeln. »Es sei denn, Sie hatten vor, die gute Frau Doktor mit Ihrem maskulinen Charme zu betören.«
Smith errötete leicht. »Nicht direkt.«
Ihr Lächeln wurde breiter. »Sehr vernünftig, Colonel.«
Einhundert Meter weit entfernt, in einem silbernen BMW, der an einer schmalen Straße geparkt war, saßen zwei Männer. Einer von ihnen, ein Deutscher namens Wegner, beugte sich vor und machte mit einer Digitalkamera, die mit einem leistungsstarken Teleobjektiv ausgestattet war, durch die dunkel getönte Frontscheibe mehrere Aufnahmen. Der andere tippte eine Reihe von Befehlen in den Laptop, den er auf den Knien balancierte.
»Ich habe eine Verbindung«, meldete er. Sein Name war Tschernow und er hatte als angehender Offizier beim KGB gedient. »Ich kann die Bilder jederzeit schicken.«
»Gut«, grunzte sein Begleiter. Er schoss noch eine schnelle Fotoserie und ließ dann die Kamera sinken. »Das dürfte reichen.«
»Irgendeine Idee, wer der Mann sein könnte?«
Der Mann mit der Kamera zuckte die Achseln. »Nein. Aber das lassen wir jemand anders herausfinden. Halt du dich zwischenzeitlich an deine Befehle: Folge dieser Devin und melde jeden einzelnen Kontakt, den sie herstellt.«
Tschernow nickte missmutig. »Ich weiß. Ich weiß. Aber das hier wird zu riskant. Heute Morgen dachte ich schon, du hättest sie in der Metro endgültig verloren. Ich musste wie ein Irrer fahren, um eure Spur wieder aufzunehmen.« Er legte die Stirn in Falten. »Mir gefällt das nicht. Sie stellt zu viele Fragen. Wir sollten sie einfach eliminieren.«
»Eine Journalistin umbringen? Eine Amerikanerin?«, fragte der Mann mit der Kamera kühl. »Die Entscheidung muss Herr Brandt selbst fällen – wenn die Zeit reif ist.«
Ganz in der Nähe, im Schutze eines Hauseingangs, stand ein groß gewachsener Mann und wiegte sich bedächtig vor und zurück. Er verschränkte die Arme vor seinem breiten Brustkorb und drückte den schäbigen Mantel enger an sich, um sich warmzuhalten. Seine Hose war verschossen und geflickt. Auf den ersten Blick schien er nur einer der zahlreichen armen Rentner zu sein, die im Alkoholrausch durch Moskaus Straßen wanken. Doch die Augen unter seinen buschigen, schlohweißen Brauen hatten einen klaren, ja durchdringenden Blick. Er runzelte die Stirn und prägte sich die Nummer des BMW sorgfältig ein. Die Situation spitzt sich in geradezu atemberaubendem Tempo zu, dachte er grimmig.
Kapitel sechzehn
Am langsam dunkler werdenden Himmel über den kunstvollen Türmen des Kotelnitscheskaja-Hochhauses schoben sich dicke Wolken nach Westen. Einige frische Schneeflocken wirbelten durch die Luft und wehten lautlos gegen die Scheiben der Brandt-Büros im Penthouse. Erich Brandt stand am Fenster und schaute durch das leichte Schneegestöber auf die geschäftige Stadt tief unten.
Er bemerkte die zunehmende Verspannung in seinen kräftigen Nacken- und Schultermuskeln. Solche Perioden erzwungenen Nichtstuns hatte er stets gehasst; wie viel Zeit man damit vergeudete, auf die Berichte von Untergebenen oder die neuen Befehle von Vorgesetzten zu warten. Ein Teil von ihm verlangte nach der physischen und psychischen Erleichterung, die das Handeln ihm verschaffte, fand ein geradezu rauschhaftes Vergnügen am brutalen Körpereinsatz. Doch die jahrelange Observation von Feinden – erst für die Stasi und später auf eigene Rechnung – hatte ihn nicht nur die Notwendigkeit, sondern auch die Technik gelehrt, diese niederen Instinkte zu beherrschen.
Ein Klopfen an der offenen Tür ließ ihn herumfahren. »Ja!«, bellte er. »Was gibt’s?«
Einer seiner Angestellten, auch ein ehemaliger Stasi-Offizier, kam mit einem Aktenordner herein. Der schmächtige Mann mit dem scharfkantigen Gesicht wirkte nervös. »Ich glaube, es gibt eine neue Gefahr für die Sicherheit«, sagte er knapp. »Eine ernstzunehmende.«
Brandt krauste kaum merklich die Stirn. Normalerweise hatte Gerhard Lange Nerven wie Drahtseile. »Inwiefern?«
»Die hier haben wir von dem Team, das die amerikanische Reporterin überwacht«, erklärte Lange, während er die Akte öffnete und eine Reihe von
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