Das Moskau Virus: Roman (German Edition)
ohne zu verraten, dass sie von der Ermordung der beiden Ärzte wusste. Oder
dass diese mysteriöse Krankheit sich bereits außerhalb Russlands verbreitete. Als sie fertig war, machte Malkowitsch ein bestürztes Gesicht. »Haben Sie irgendwelche Beweise, um diese Gerüchte über eine seltsame neue Krankheit zu stützen?«
»Beweise? Noch nicht. Die anderen betroffenen Ärzte wollen nicht mit mir sprechen und alle wichtigen Aufzeichnungen sind hinter Schloss und Riegel«, antwortete Fiona kopfschüttelnd. Erneut krauste sie die Stirn. »Aber Sie erkennen die Gefahr hoffentlich. Auf irgendeine Weise wird die Nachricht durchsickern. Falls der Kreml – oder auch nur ein Beamter im Gesundheitsministerium – in dem närrischen Bemühen, eine allgemeine Panik oder internationale Verwicklungen zu vermeiden, nicht vor dem Ausbruch einer neuen Seuche warnt, könnten die Auswirkungen katastrophal sein.«
Malkowitsch schnitt eine Grimasse. »In der Tat. Der wirtschaftliche und politische Preis könnte horrende Ausmaße annehmen. Einer Nation, die dabei erwischt wird, dass sie eine Krankheit verschweigt, die ebenso schlimm sein könnte wie AIDS – oder gar schlimmer –, würde von der Weltgemeinschaft und den Finanzmärkten nicht so leicht verziehen werden.«
»Ich habe mehr an die Menschen gedacht, die mit ihrem Leben dafür zahlen«, erwiderte Fiona leise.
Ein steifes Lächeln erschien auf Malkowitschs Lippen. »Touché, Ms. Devin«, sagte er. »Das hat gesessen.« Beeindruckt schaute er sie an. »Also, was wollen Sie wirklich von mir? Ich nehme an, all Ihre früheren Fragen waren nur Ablenkungsmanöver, ein Mittel, um unsere Unterhaltung auf diesen möglichen medizinischen Skandal zu lenken.«
»Nicht nur«, antwortete Fiona leicht errötend. »Aber ja, ich hoffe, dass Sie Ihren Einfluss bei den zuständigen Ministerien geltend machen, um etwas Licht in diese geheimnisvollen Krankheitsfälle zu bringen.«
»Sie erwarten also von mir, dass ich Ihnen helfe, an eine Story
heranzukommen, dass ich Ihnen eine Exklusivnachricht besorge?«, fragte Malkowitsch ungerührt. »Aus purer Herzensgüte?«
Fiona ahmte absichtlich das zynische Lächeln des Milliardärs nach. »Sie sind doch berühmt für Ihre Menschenfreundlichkeit, Mr. Malkowitsch«, sagte sie. »Doch selbst wenn dem nicht so wäre, nehme ich an, dass Sie den Wert guter Publicity durchaus zu schätzen wissen.«
»Und den Preis schlechter Publicity ebenso«, erwiderte er mit einem kurzen, sarkastischen Lachen. Dann wiegte er in einer Geste der Unterwerfung bedächtig den großen Kopf. »Also gut, Ms. Devin, ich tue, was ich kann, um Ihnen ein paar Amtstüren aufzustoßen, vor allem wenn es nur zu meinem eigenen Besten ist.«
»Danke sehr«, sagte Fiona, während sie ihr Notizbuch zuklappte und sich elegant erhob. »Das wäre sehr freundlich. Ihre Mitarbeiter wissen, wie Sie mich erreichen können.«
»Sie brauchen mir nicht zu danken«, erwiderte Malkowitsch, der wohlerzogen ebenfalls aufstand. Sein Gesicht nahm einen düsteren Ausdruck an. »Wenn das, was Sie mir heute Morgen erzählt haben, wahr ist, kommen wir beide vielleicht gerade noch rechtzeitig, um einen schrecklichen, beinahe unverzeihlichen Fehler zu korrigieren.«
Jon Smith folgte einem Weg, der näher an den idyllischen, von Bäumen umstandenen rechteckigen Patriarchenteich heranführte. Unter seinen Schuhen knirschte der Reif, der das Pflaster noch überzog. Außer diesem leisen Geräusch war fast nichts zu hören. So tief innerhalb des Parks wurde der Verkehrslärm von der geschäftigen Sadowaja-Ringstraße von den Bäumen gedämpft und auf ein leises Rauschen reduziert. In der Ferne schrien und lachten Kinder, die zwischen den mit Schnee gepuderten Klettergerüsten auf dem Spielplatz damit beschäftigt waren, Burgen zu bauen und sich mit Schneebällen zu bewerfen. Durch die Baumstämme und
die nackten, wirren Zweige hindurch starrten ihn seltsame Fratzen an, Skulpturen von Wesen, die in den russischen Fabeln des 19. Jahrhunderts so beliebt gewesen waren.
Als er das Ufer des großen, flachen zugefrorenen Sees im Zentrum des Platzes erreicht hatte, blieb er einen Moment stehen und steckte die Hände in die Taschen, um sie vor den Minustemperaturen zu schützen.
Im Sommer war dieses kleine, abgeschiedene Fleckchen ein beliebter Picknickplatz der Moskauer, voll mit lächelnden Menschen, Sonne und Gesang. An diesem grauen, bewölkten Wintertag hingegen machte der Park einen trostlosen,
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