Das Moskau Virus: Roman (German Edition)
Hausierern, glaube ich –, denen ich lieber aus dem Weg gehen wollte.«
Smith lüpfte eine Braue. Im Jargon des Covert-One wurde das
Codewort »Hausierer« benutzt, um eine feindliche Überwachung des betroffenen Agenten anzuzeigen. »Hatten diese Leute irgendetwas zu verkaufen, das Sie interessiert hätte?«, fragte er. Er wählte seine Worte mit Bedacht, um die russische Ärztin neben ihnen nicht zu beunruhigen.
»Nein. Zumindest glaube ich das nicht«, sagte Fiona mit einem Hauch von Unsicherheit in der Stimme. »Wahrscheinlich haben sie mir nur einen Routinebesuch abgestattet. Heutzutage gibt es viele aufdringliche Geschäftsleute in Moskau.«
Smith nickte verständnisvoll. Während Dudarew und seine Freunde Russland immer mehr unter ihre Kontrolle brachten, wurden Journalisten, insbesondere ausländische Journalisten, zunehmend willkürlich und oftmals unangenehm offensichtlich von Polizei und FSB überwacht. Eine Methode, die von den Behörden gern angewandt wurde, um die Medien abzulenken und einzuschüchtern, ohne offene Restriktionen verhängen zu müssen, auf die eventuell Proteste aus dem Ausland folgten.
Als zwei lächelnde junge Kellner auf den Tisch zusteuerten, verstummte das Gespräch. Sie brachten Tabletts voller Platten und Schüsseln, auf denen sich das Essen häufte. Geübt und flink verteilten sie die Speisen auf dem Tisch und zogen sich wieder zurück. Ein dritter Kellner, älter als die beiden anderen, folgte seinen Kollegen auf dem Fuße und brachte die Getränke: eine Flasche Moskowskaja-Wodka und eine Flasche leicht moussierenden süßen Apfelsaft.
»Um Zeit zu sparen, haben wir schon einmal bestellt«, sagte Dr. Wedenskaja zu Fiona. Die grauhaarige Frau zog fragend eine Augenbraue hoch. »Ich hoffe, das war in Ordnung?«
»Völlig in Ordnung«, erwiderte Fiona lächelnd. »Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich bin am Verhungern.«
Wunderbare Düfte entstiegen den Speisen, die vor ihnen standen. Plötzlich heißhungrig geworden, bedienten die drei sich aus der breiten Auswahl von aserbaidschanischen Spezialitäten. Auf
einigen Platten lagen dampfende Scheiben Satsiwi , Hühnerbrust eingelegt in cremige Knoblauchsauce. Auf anderen häuften sich Paprikaschoten, die mit einer Mischung aus Lammgehacktem, Minze, Fenchel und Zimt gefüllt waren. Außerdem gab es kleine Schalen mit Dowga , einer dicken, warmen Suppe aus Joghurt, Reis und Spinat.
Während sie diese Vorspeisen vertilgten, wurden weitere Speisen aufgetragen, hauptsächlich verschiedene Schaschliks , über glühender Kohle gegrillte Spieße mit Lamm-, Kalb- und Hühnerfleischwürfeln, die vorher in einer Marinade aus Zwiebeln, Essig und Grenadinensaft eingelegt worden waren. Dazu reichte man dünne Fladen Lavash , eine Art ungesäuertes Brot.
Nachdem der erste Hunger gestillt war, hielt Elena Wedenskaja ein Glas Wodka in die Höhe. »Sa wasche sdarowje ! Auf Ihre Gesundheit!« , sagte sie, trank den klaren, kalten Schnaps in einem Zug aus und kippte ein Glas Apfelsaft hinterher.
Smith und Fiona folgten ihrem Beispiel und genossen diese interessante Kombination, die perfekt zu den scharf gewürzten Speisen passte.
»Gut so«, sagte die russische Wissenschaftlerin leise, als sie ihre leeren Gläser abstellten. »Dann also zum Geschäftlichen.« Sie musterte Fiona. »Unser gemeinsamer Freund hier«, dabei nickte sie Jon zu, »hat mir erzählt, dass Sie Journalistin sind.«
»Das ist richtig.«
»Dann lassen Sie uns eines klarstellen, Ms. Devin«, betonte Dr. Wedenskaja, »ich möchte meinen Namen nicht in großen Lettern auf der Titelseite einer dieser grässlichen Boulevardzeitungen stehen sehen.« Sie lächelte ein wenig. »Und auch nicht auf der einer seriösen Zeitung.«
Fiona nickte nur. »Das ist völlig verständlich.«
»Obwohl ich der Regierung, die mein Gehalt zahlt, nicht sonderlich gewogen bin, bin ich sehr gut auf meinem Gebiet«, fuhr die grauhaarige Frau fort. »Und ich leiste wichtige Arbeit. Arbeit, die
Leben rettet. Daher habe ich keine Lust, unnötig meinen Job zu verlieren.«
Fiona schaute der Wissenschaftlerin über den Tisch hinweg in die Augen. »Dann gebe ich Ihnen mein Wort, dass ich Ihren Namen aus allem, was ich schreibe, heraushalten werde«, versprach sie. »Glauben Sie mir, Dr. Wedenskaja, ich habe ein viel größeres Interesse daran, die Wahrheit über diese mysteriöse Krankheit zu erfahren, als daran, die Geschichte an eine Zeitung oder Wochenzeitschrift zu verkaufen.«
»Wenn das
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