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Das Mozart-Mysterium

Das Mozart-Mysterium

Titel: Das Mozart-Mysterium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Öhm
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Gasse entlang. Nach etwa 20 Schritten bemerkten wir, dass es eine Sackgasse war!
    Links tauchte jedoch der Eingang zu einer kleinen Wirtschaft auf, aus der Lärm und Helligkeit drang. Als Mozart die Tür öffnete, strömte uns ein herber Geruch entgegen, eine Mischung aus Schweiß und Alkohol. Der einzige Raum der kleinen Wirtschaft war vollgedrängt mit Menschen allerlei Couleur. Handwerker, die nach getaner Arbeit auf einen Schoppen einkehrten, an einem anderen Tisch eine Gruppe junger Männer, wohl Studenten. Jedenfalls war dies kein Ort, in dem Höflinge verkehrten.
    Ich war froh, meinen Degen mit mir zu führen, denn an solchen Orten, voll Menschen, die durch das ungünstige Zusammenspiel von Rebensaftgenuss und finanzieller Not in Rage kamen, kam es allzu leicht zu Schlägereien.
    Mozart und ich wühlten uns durch das Gedränge und nahmen an einem Tisch Platz, an dem bereits mehrere Männer und Frauen saßen. Wir bestellten nach der üblichen Sitte einen Krug Wein, um – trotz unserer feinen Kleidung – nicht allzu sehr die Aufmerksamkeit auf uns zu lenken. Neben uns wurde mit Würfeln um Geld gespielt. Ich setzte mich seitlich an den Tisch, um den Eingang im Auge zu behalten. Mozart, dessen Äußeres weit auffallender war, wandte der Tür den Rücken zu.
    Der Lärm in der Wirtschaft war beträchtlich, doch alle waren guter Laune, scherzten und tändelten. Am anderen Ende unseres Tisches stimmte ein über sein Weinglas gebeugter älterer Herr, der in seine eigene Gedankenwelt versunken war, mit nasaler Stimme ein Lied an.
    Die Spieler neben uns hatten eben eine Runde geendigt und drängten uns, mit ihnen zu würfeln. Es waren zwei kräftige Burschen, die ihrer Aufforderung Nachdruck verliehen, indem sie versuchten, uns glaubhaft zu machen, dass sie in ihrer Ehre verletzt wären, wenn wir ihr Angebot ablehnten. Ich war sicher, dass sie nur an unser Geld wollten.
    Um größere Unruhe zu vermeiden, zückte Mozart seine Geldkatze, einen länglich geschnürten Lederbeutel mit einer Handvoll Münzen, und warf einige Kreuzer auf den Tisch. Mozart und ich spielten zusammen, wir würfelten abwechselnd, wenn die Reihe an uns war. Einer der beiden Burschen notierte die Ergebnisse in unleserlichen Hieroglyphen auf einem schmutzigen kleinen Zettel. Um zu gewinnen, musste man ganz einfach in jeder Runde die höchste Augenzahl erreichen.
    Gerade als einer der beiden Spieler, der sich Urs nannte, die erste Runde gewonnen hatte, hörte ich die Eingangstür zufallen. Ich versuchte, nicht direkt hinzusehen, um keine Aufmerksamkeit zu erregen, war aber wachsam und blickte aus den Augenwinkeln in den Schankraum. In diesem Moment ging die zweite Runde an uns, denn Mozart hatte zwei Sechsen gewürfelt. Der sonst eher wortkarge Mozart stieß ein Ausruf der Begeisterung aus, wohl durch den seltenen Weingenuss beflügelt.
    Ich schrak auf, denn eine kraftvolle Hand packte von hinten meine Schulter. Entsetzt wurde mir bewusst, dass ich – durch den glücklichen Spielverlauf abgelenkt – kurzzeitig den Raum aus den Augen gelassen hatte. Jetzt war es zu spät.
    »Steh auf!«, wurde leise und mit rauer Stimme in mein rechtes Ohr gesprochen.
    Wie versteinert stieß ich vorsichtig Mozart, der bisher nichts bemerkt hatte, mit meinem Ellbogen an. Er wandte sich zu mir und zuckte zusammen, als er den Mann in Schwarz hinter mir sah.
    Plötzlich sprang Mozart auf und hechtete auf den Mann zu.
    Mit freudigem Gejohle wandte sich die ganze Belegschaft des Tisches der Rauferei zu. Dies war hier wohl an der Tagesordnung.
    Ich fuhr ebenfalls in die Höhe und sah, dass Mozart den Angreifer auf den Boden geworfen hatte. Der schwarz gewandete Mann hatte eine Augenklappe über dem linken Auge, was ihm ein Furcht erregendes Aussehen verlieh, und brüllte nun vor Wut. Er rappelte sich auf und zückte seinen Degen.
    Mozart trat zurück, denn er war unbewaffnet. Es bildete sich eine freie Fläche inmitten des Schankraums um die Kämpfenden herum. Ein Weib, ihrer Kleidung nach eine Hure, hastete noch durch die Tür hinaus, dann trat Stille ein.
    Der Angreifer stand wie angewurzelt da, den Degen drohend in der Hand. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Ich wusste, dass es nur eine Möglichkeit für Mozart gab, unversehrt aus dem Kampf hervorzugehen, also zückte ich meinen Degen und trat vor, mit dem anderen Arm meinen Lehrer nach hinten schiebend.
    Mit einem heiseren Schrei stob der Einäugige mir entgegen und stieß den Degen vor. Ich parierte.

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