Das München-Komplott
zur Reisegruppe.
»Wo hat der das M14 her?«, dachte Denver, als er die Waffe sah. Erst als der Mann auf ihn anlegte, wurde ihm die Gefahr bewusst. Er ließ sich fallen. Aber es war zu spät.
Task Force Berlin 1: Gisela Kleine
Gisela Kleine stand jeden Morgen um halb sechs auf. Maria, ihre Tochter, schlief dann noch mehr als eine Stunde, und ihr waren diese frühen Morgenstunden wichtig. Es war die einzige Zeit des Tages, die wirklich ihr gehörte. Sie dachte dann nicht oder nur sehr wenig an den Job, nicht einmal an das Kind, sondern meist an gar nichts Bestimmtes. In einer Art meditativem Halbschlaf erledigte sie die notwendige Hausarbeit, spülte das Geschirr oder warf die Waschmaschine mit Buntwäsche an oder schnitt in Ruhe einige Nüsse klein, die sie dann später über das morgendliche Müsli verteilte.
Heute Morgen aber saß sie im Bademantel vor einer dampfenden Tasse Kaffee und dachte nach. Sie durfte nicht versagen. Die Task Force Berlin 1 war ihre große Chance. Sie würde die erste Frau sein, die im Geheimdienst ganz nach oben kommen könnte. Sie würde Ergebnisse vorzeigen.
Warum der Leitner wohl zum Chef der Task Force Berlin 1 gemacht wurde? Der denkt doch an nichts anderes mehr als an seine Pension, der ist doch in Gedanken schon lange weg. Es wird Zeit, dass sie endlich mal ihre Chance bekommt.
Sie wird den Leitner im Auge haben. Vielleicht macht er Fehler. Sicher macht er Fehler. In Gedanken sah sie sich am Schreibtisch des Präsidenten sitzen. Ich möchte nichts gegen den Kollegen sagen, aber ich kann es mit meinem Gewissen nicht mehr vereinbaren, was in der Task Force läuft, würde sie ihm sagen. Und der Chef würde im Zimmer hin und her laufen, dann stehen bleiben, sie ansehen und sagen: »Wären Sie bereit, die Leitung der Gruppe …?«
Ja, sie war bereit, verdammt noch mal. Schon lange.
Was würde sie heute anziehen? Nichts zu Weibliches. Nichts, was ihre Autorität untergrub. Sie wusste, wie die Männer funktionierten. Sie machte es sich ja oft genug zunutze. Wenn der Schwanz steht, schweigt der Verstand, lauteteeine der Grundregeln, die ihr auf der Schule in Bad Ems beigebracht worden waren – im inoffiziellen Unterrichtsprogramm. Sie wollte nicht angeglotzt werden. Sie wollte nicht die Gedanken der Kerle lesen, wenn sie darüber nachdachten, wie wohl ihr Busen aussehe. Sie stand auf und ging in ihr Schlafzimmer. Aus dem Kleiderschrank nahm sie den dunkelgrünen Hosenanzug. Der würde heute passen. War streng genug geschnitten. Klassisch. Eine weiße Bluse dazu? Warum nicht. Dazu die Ohrringe mit den beiden Perlen. Das würde passen.
Sie musste ihre Tochter wecken. Das brach ihr jeden Morgen das Herz: das schlaftrunkene Kind, nur halb bei Bewusstsein, aus dem Bett zu scheuchen.
Wo Goran wohl war? Sie verbot sich den Gedanken an ihn sofort. Nur nicht schwach werden, dachte sie.
Sie nahm noch einen Schluck Kaffee und öffnete die Tür des Kinderzimmers.
»Aufstehen, Schatz, es ist Zeit.«
Resolut zog sie die Rollläden hoch.
Am Morgen
Die Müllabfuhr weckte ihn am frühen Morgen. Er wartete, dass die Kopfschmerzen einsetzten.
Eine Sekunde.
Keine Kopfschmerzen.
Zwei Sekunden.
Noch immer keine Kopfschmerzen.
Im Wohnzimmer schnarchte jemand.
Es dauerte eine Weile, bis er sich an Leopold erinnerte.
Müde schlug er die Bettdecke zurück und stand auf. Leiseöffnete und schloss er die Wohnzimmertüre und ging in die Küche. Drei leere Flaschen standen auf dem Tisch, ein Glas stand noch halb voll daneben. Er räumte Flaschen und Gläser weg und wischte den Tisch ab. Dann füllte er die Caffettiera mit Wasser und Espressopulver, stellte sie auf die Herdplatte, ging ins Bad und duschte. Unter dem Wasserstrahl stehend überlegte er, ob er kalt duschen sollte. Er drehte die Warmwasserzufuhr ab, und die Kälte traf ihn wie ein Schlag. Erschrocken sprang er unter der Dusche hervor und korrigierte die Wassertemperatur wieder nach oben.
Früher, als er noch Polizist gewesen war, hatte er immer eiskalt geduscht.
Er war kein Polizist mehr. Früher …
Früher war einmal, dachte er und verließ das Bad.
Als er, nur mit dem Badetuch bekleidet, in die Küche zurückkam, schnorchelte die Caffettiera bereits und schleuderte einzelne braune Tropfen auf den Herd. Er goss sich den Kaffee ein, füllte etwas Milch dazu, nahm sich die Mappe, die Leopold am Abend mitgebracht hatte, setzte sich an den Küchentisch und las.
Harder hatte gute Arbeit geleistet. In dem ersten Bündel hatte er eine
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