Das München-Komplott
gibt ein Gespräch von ihrem Handy anderthalb Stunden nach Verlassen des Amtes mit dem BKA und eins mit ihrem Büro.«
»Es gibt kein Protokoll des Gesprächs mit dem Chef des BKA. Zumindest kein elektronisches. Nichts, was in einen Rechner abgelegt wurde.«
»Das deutet auf unwichtig oder sehr wichtig hin«, sagte Leitner.
»Eher unwichtig«, sagte Gerhard Klink. »Es gab keine besondere Aktivität beim BKA aufgrund ihres Besuches.«
»Die Schmoltke gilt doch sowieso als schwach. Spiegel online hat sie in die Liste der Unionspolitiker aufgenommen, dienach der nächsten Wahl wohl kein Amt mehr bekommen«, sagte Edgar Fiedler.
»Bleibt dran. Wir sehen uns morgen früh wieder. Falls es zwischendurch etwas zu berichten gibt: Sofort anrufen. Kleiner Dienstweg.«
Kleine runzelte die Stirn. »Können wir erfahren … Ich meine, was ist der Hintergrund dieser Operation? Jeder von uns geht gewisse Risiken ein.«
»Sie haben Probleme mit diesem Auftrag?«
»Nein, natürlich nicht. Aber gibt es etwas, was über das hinausgeht, was wir besprochen haben? Ich meine, jeder von uns mobilisiert gerade erhebliche Ressourcen der Firma.«
»Ich weiß so viel wie Sie.«
Sie alle sahen ihn schweigend an.
Keiner glaubte ihm.
Warum auch.
Schließlich hatte er sie gerade angelogen.
Wehrsport
»Mein Gott, Georg, wie kann man schon so fit sein? Du arbeitest ja schon.«
Leopold Harders Gesicht sah zerknautscht aus wie ein altes Sofakissen.
Dengler hob die Mappe.
»Vielen Dank. Das ist gute Arbeit. Verschwinde im Bad. Ich besorge uns ein paar Laugenbrötchen.«
»Und mach bitte einen deiner berühmten Herz-Stillstand-Espressos.«
Eine halbe Stunde später saßen sie in Georgs Küche undfrühstückten. Dengler hatte im Café Königx , das nur ein paar Schritte entfernt lag, nicht nur Brötchen, sondern auch zwei Stück Quiche Lorraine gekauft, die er im Backofen warm gemacht hatte.
»Schmeckt prima. Leider habe ich nicht mehr viel Zeit. Ich muss mich auf jeden Fall vor dem Mittagessen im Pressehaus sehen lassen. Wir arbeiten an der Änderung unseres Layouts. Alles wird bunter und luftiger. Moderner eben. Und ich muss für den Wirtschaftsteil …«
»Wenn ich das richtig verstanden habe, gingen die Politiker unmittelbar nach dem Attentat nicht von einer Einzeltäterschaft aus.«
»Das stimmt. Vor allem ging Strauß davon aus, dass das Attentat von der Linken begangen wurde. Du wirst sehen, er versucht diese Linie beizubehalten, solange es geht. Sogar als klar war, dass wahrscheinlich ein Rechtsradikaler die Bombe gezündet hat, blieb er dabei.«
»Warum? Was macht das alles für einen Sinn?«
»Darf ich spekulieren?«
»Sicher.«
»Stell dir vor, Linksradikale hätten die Bombe geworfen. Es wäre ein Aufschrei durch die Republik gegangen, und Strauß hätte die Wahl gewonnen.«
»Mmh.«
»So aber war es ein Desaster für ihn. Guck mal hier …« Er nahm die Presseartikel und blätterte darin. »Hier, es geht um die rechtsradikale Wehrsportgruppe Hoffmann, der Gundolf Köhler, der mutmaßliche Attentäter, nahestand. Noch ein Jahr vor dem Attentat erklärte Strauß im bayerischen Landtag, als die Opposition ein Verbot der Gruppe forderte: › Machen Sie sich doch nicht lächerlich, wenn Sie gewisse Gruppierungen – Sie haben heute die Wehrsportgruppe Hoffmann genannt – durch Ihre ständigen, in der Öffentlichkeit vorgetragenen Darstellungen überhaupt erst der bayerischen Bevölkerung bekannt gemacht haben und ihnen damit eine Bedeutung zumessen, die sie nie hatten, nie haben und in Bayern nie bekommen werden.‹«
»Aber wurde diese Gruppierung dann nicht doch noch verboten?«
»Doch. Von der Bundesregierung und gegen den Willen der bayerischen Landesregierung. Hier schau. Da ist die Meldung über das Verbot. Sie lautet knapp: ›Die ‚Wehrsportgruppe Hoffmann’ richtet sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung. Die Wehrsportgruppe ist verboten. Sie wird aufgelöst.‹«
»Wie reagierte Strauß auf das Verbot?«
»Hier. Vor französischen Journalisten sagte er – ich les dir das mal vor: ›Dann, um sechs Uhr morgens, schickt man fünfhundert Polizisten los, um zwanzig Verrückte zu befragen. Diesen Hoffmann, der wie ein Kasper aussieht! Diese Type bekommt Fabelsummen für ein Interview. Er spielt eine Rolle, die ihm gefällt, eine Art Mischung aus Ernst Röhm, Adolf Hitler und, warum nicht, Göring. Wenn niemand von diesem Schwachkopf reden würde, wer würde seine Existenz bemerken? Gut. Warum hat man
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