Das München-Komplott
überfüllten Krankenhäuser.«
Mario schnitt eine neue Grapefruit auf und presste sie aus.
»Die damalige Regierung erklärte sofort, es seien die militanten Linken der Roten Brigaden gewesen, um die Wut der Bevölkerung auf diese zu lenken. Doch dann …«
»Erzähl schon weiter«, sagte Klein. »Man kann auch auspressen und dabei erzählen.«
»Die Hinterbliebenen gründeten eine Organisation und ließen sich nicht mit Regierungserklärungen abspeisen, die allesamt nichts als Lügen waren. Es stellte sich heraus, dass es Neofaschisten gewesen waren und dass offizielle Geheimdienste versucht hatten, dies vor dem Gericht zu verschleiern.«
»Das kann ich nicht glauben«, sagte Dengler. »Warum sollten die so etwas machen?«
»Das kannst du glauben. Es ist bewiesen. Die zwei Neofaschisten Valerio Fioravanti und Francesca Mambro wurden zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Zwei Offiziere des Militärgeheimdienstes wurden wegen Behinderung der Justiz verurteilt. Der Vorsitzende der Loge Propaganda Due oder kurz P2, Licio Gelli, wurden ebenfalls wegen Behinderung der Justiz verurteilt.«
Mario füllte den ausgepressten Saft in drei Gläser.
»Etwa ein Drittel des Drinks besteht aus Grapefruitsaft. Wenn man ihn etwas dünner haben will, nimmt man mehr. Denn jetzt kommt: Campari.«
Er nahm eine Flasche Campari aus dem Regal und füllte die Gläser bis zu etwas mehr als der Hälfte auf.
»Und nun meine Herren«, sagte Mario und ging zumKühlschrank, »kommt der dritte Bestandteil. Cremant, Cava oder ein guter deutscher Sekt.«
Er nahm eine Flasche aus dem Kühlregal und goss die Gläser bis zum Rand voll.
»Bitte sehr. Der vollendete Aperitif.«
Sie tranken.
Es schmeckte fruchtig, genau das Richtige für diesen Abend.
»Wie wär’s mit Spaghetti aglio e olio?«
»Fantastisch«, sagte Martin Klein. »Niemand macht die so gut wie du.«
»Pikante, bitte«, sagte Dengler.
»Selbstverständlich, eine Frage der Chilis.«
Er nahm einen großen Topf vom Haken überm Herd, füllte ihn mit Wasser und stellte ihn auf den Herd.
»An die Arbeit, Freunde. Martin, schneide du Knoblauch. Vier Zehen oder fünf. Georg, du gehst in den Garten und schneidest eine Handvoll glatter Petersilie. Aber erst lasst uns die Gläser heben. Wir trinken auf einen schönen Abend und …«
»Auf Betty«, sagte Klein.
Verdutztes Schweigen.
»Auf Betty und Martin«, sagte Dengler.
Sie stießen die Gläser zusammen und tranken.
Kurze Zeit später standen sie in der Küche. Dengler schnitt die Petersilie, Klein den Knoblauch und Mario Tomaten.
»Woran erkennt man gute Spaghetti?«, fragte Mario.
»Keine Ahnung«, sagte Dengler.
»Ganz einfach.«
Mario hielt eine Faust voll Spaghetti in die Höhe.
»Gute Spaghetti sind aufgeraut. Warum?«
»Keine Ahnung«, sagte Klein.
»Damit sie die Pastasoße besser annehmen. Pastasoße mussan den Pasta hängen bleiben. Das ist auch der Grund, warum man nie Öl ins Spaghettiwasser kippen soll. Machen viele deutsche Hausfrauen, ist aber falsch. Das Öl weist dann die Soße ab. Falsch. Sehr falsch.«
Er warf Salz ins mittlerweile kochende Wasser und die Spaghetti hinterher.
»Eigentlich wollten wir keine Kurzausbildung zum Koch bei dir machen, sondern etwas über das Attentat von Bologna erfahren«, sagte Dengler schmunzelnd.
»Gelli hat man nicht bekommen. Er ist in die Schweiz geflohen. Soweit ich weiß, lebt er heute noch. Mittlerweile in der Toskana. Die verurteilten beiden Attentäter sind wieder auf freiem Fuß. Und wisst ihr, wer das Mitglied Nummer 1816 in der Loge P2 war?«
Er nahm die große Pfanne und kippte Olivenöl hinein.
»Mitglied der P2 mit der Nummer 1816 war seit 1978 auch der damalige Bauunternehmer Silvio Berlusconi. Heute Ministerpräsident.«
»Typisch Italien!«, sagte Dengler neckend.
»Georg … Du bist einfach naiv. Aber jetzt schnell: Knoblauch und die Chilis rein. Martin, rühr du und gib, kurz bevor die Nudeln fertig sind, etwas vom Spaghettiwasser dazu. Dazu gibt es einen guten hiesigen Wein. Fast aus der Nachbarschaft. Vom Rotenberg. Untertürkheim und Uhlbach. Ihr werdet erstaunt sein. Ein Rotweincuvée aus Pinot Noir, Merlot und Cabernet Mitos. Heißt Salucci …«
»Können wir nicht schon mal trinken?«, sagte Klein.
»Bei diesem Wein«, fuhr Mario fort und nun dozierte er sogar ein wenig, »ahnt man keine Württemberger Herkunft, aber der Tropfen kann international absolut mithalten.«
Dengler fragte: »Und warum heißt er Salucci und nicht
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