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Das München-Komplott

Das München-Komplott

Titel: Das München-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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Erddepot Sprengstoff entnehmen wollte. Zuvor hatten Waldarbeiter das Versteck entdeckt und die Polizei informiert. Wir brauchten nur zu warten. Merkwürdig kam uns nur Folgendes vor: Im Laufe der Ermittlungen zum Attentat auf das Oktoberfest führte die bayerische Polizei zahlreiche Vernehmungen durch. Mitglieder der Wehrsportgruppe Hoffmann wurden festgenommen und befragt. So hatten die Mitglieder der Deutschen Aktionsgruppen Raymund Hörnle und Sibylle Vorderbrügge einen Tag nach dem Oktoberfest-Attentat ausgesagt, dass der Rechtsextremist Heinz Lembke ihnen Waffen, Sprengstoff und Munition angeboten und von umfangreichen Waffendepots erzählt habe. Diesem Hinweis ging die Staatsanwaltschaft jedoch merkwürdigerweise nicht nach. Wir erfuhren erst davon, als wir von diesen Waldarbeitern alarmiert wurden. Lembke offenbarte im Untersuchungsgefängnis dann die Lage weiterer 33 illegaler Waffen- und Sprengstoffdepots. Wir fanden modernste Waffen, automatische Gewehre, 14 000 Schuss Munition, 50 Panzerfäuste, 156 kg Sprengstoff und 258 Handgranaten, keineswegs altes Zeug, darunter mündungsfeuerfreie Munition. Lembke wurde nach München überstellt. Dort nahmen wir ihn noch einmal in die Mangel. Uns war klar, dass er Verbündete – und zwar mächtige Verbündete – im Militärapparat haben musste. Dann hatten wir ihn weichgeklopft. Er kündigte an, seine Hintermänner nennen zu wollen. Er gab zu, mit dem Oktoberfest-Attentat zu tun zu haben. Er habe den Sprengstoff geliefert. Wir stoppten die Vernehmung. Es war Zeit, einen Staatsanwalt hinzuzuziehen. Außerdem war es spät geworden. Für den nächsten Tag wurde die Vernehmung durch die Münchener Staatsanwaltschaft angesetzt.«
    »Und dann?«
    »Es kam nie zu dieser Vernehmung. Wir kamen am Morgen des 1. November 1981 nach Stadelheim und wurden mit derNachricht empfangen, dass Lembke sich in der Nacht in seiner Zelle erhängt hatte.«
    »Erhängt? In der Nacht vor seiner Aussage?«
    »Ja. Sehr seltsam, nicht wahr?«
    »Wie ging es weiter?«
    »Nun war die Sache nicht mehr in der Hand der Polizei. Ich habe den Abschlussbericht noch gelesen: Lembke sei ein verwirrter Einzeltäter gewesen, hieß es da. Die Waffendepots habe er aus Furcht vor einer sowjetischen Invasion allein angelegt. Und so weiter. Und so fort.«
    »So wie der Abschlussbericht zum Oktoberfest-Attentat. Obwohl es auch da viele andere Hinweise gab.«
    »Genau so, Dengler, genau so.«
    Die Gondel kam in der Bergstation an.
    »Wir bleiben sitzen«, sagte Dr. Schweikert und hob die Hand. Darin befanden sich zehn Tickets.
    »Wir können noch eine Weile hin und her fahren. In der Seilbahn können wir ungestört reden.«
    Er reichte dem Kontrolleur zwei Fahrkarten, und sie fuhren wieder bergab.
    »Seit diesem Fall versuchte ich hinter das Geheimnis zu kommen und stieß auf Gladio.«
    »Gladio?«
    »Wir wissen, dass die Gladio-Aktivitäten von einem Nato-Gremium gesteuert wurden. Der italienische Premierminister Andreotti sagte, Gladio-Aktivitäten habe es in allen europäischen Staaten gegeben. Daraufhin gab es Untersuchungsausschüsse in Italien, Belgien und in der Schweiz.«
    »Und in Deutschland?«
    »Nur in Deutschland nicht. Deutschland ist das einzige Land, das darauf verzichtet hat, die Machenschaften dieser Geheimarmee zu untersuchen.«
    »Warum?«
    »Ich weiß es nicht, Dengler.«
    »Wie hieß dieses Nato-Gremium?«
    »Allied Clandestine Committee.«
    »Und gibt es Gladio heute immer noch?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Es ist zum Verrücktwerden.«
    »Das ist es, Dengler. Es ist, als wäre all das, was wir sehen, hören und fühlen, nicht wahr. Als gäbe es eine andere Wirklichkeit, die alldem zugrunde liegt und die wir nicht sehen. Aber in dieser verborgenen Wirklichkeit werden die eigentlichen Fäden gezogen, werden entscheidende Weichen gestellt. Wir oben in der sichtbaren Welt: Wir sehen Parlament, Regierung, Opposition, die Zeitungen und Fernsehen, die über all das berichten. Aber es ist nur Theater. Das habe ich oft gedacht. Ich habe mich in meiner Dienstzeit bemüht, die Risse zu finden und einmal genauer in die Unterwelt hineinzuschauen. Es ist mir nicht gelungen. Vielleicht gelingt es Ihnen.«
    »Mir? Warum sollte es ausgerechnet mir gelingen?«
    Schweikert sah aus dem Fenster der Gondel hinunter auf den Stadtgarten.
    »Wissen Sie, welcher Moment als Beginn der terroristischen Bewegung in Deutschland angesehen wird?«
    Dengler lachte.
    »Das ist eine Frage aus Ihrem Unterricht, die Sie

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