Das München-Komplott
mit ihm hinaus auf den Flur.
»Werden Sie sich um die Aufklärung des Überfalls auf Jan bemühen?«
Sie zögerte einen Augenblick.
»Wissen Sie, Jan und ich, wir stehen uns … sehr nahe. Und es wurde eine Drohung gegen mich ausgesprochen. Eigentlich war ich wohl eher gemeint als Jan.«
So wie ich gemeint war und nicht Martin Klein.
»Ich rufe Sie heute Abend an.«
»Tun Sie das. Ich bin dann wieder in Berlin. Aber Sie haben ja meine Mobilnummer.«
Dengler nickte und ging.
Amazing Grace
Am frühen Morgen wurde Jürgen Engel abgeordnet nach Berlin. Das LKA brauchte dort seine Hilfe bei der Identifizierung eines Leichnams, der vor ein paar Tagen in einem alten Gewölbe geborgen worden war.
Engel wohnte in einem Reihenhaus in Rheinhessen, ganz in der Nähe von Bingen. Es war ein praktischer Standort, denn von hier war er über die Autobahn schnell in Wiesbaden, aber er war fast ebenso schnell auf dem FrankfurterFlughafen. Die Kollegen vom Dauerdienst hatten ihm bereits einen Flug reserviert. Er stellte seinen Golf in einem der riesigen Parkhäuser ab. Engel checkte ein und flog nach Berlin.
Es war anstrengend, weil die Leiche reichlich Rattenbisse aufwies, aber die Struktur der Stimmbänder ließ auf einen polnisch sprechenden Mann schließen. Gegen Abend hatten sie den Toten identifiziert, es war ein polnischer Arbeiter, der in einem Warschauer Vorort vermisst wurde. Wahrscheinlich einer aus dem Heer der vielen Schwarzarbeiter auf den Berliner Baustellen.
Engel nahm die Spätmaschine und flog zurück nach Frankfurt. Eigentlich hätten die Berliner Kollegen das alles auch alleine schaffen können, dachte er. Er entschloss sich, noch einmal ins Bundeskriminalamt zu fahren. Es interessierte ihn, ob die Daten von der Kreditkartenstelle da waren.
Sie waren da. Ein Hans Leitner hatte den Kauf getätigt, wohnhaft in Köln, Rondorfer Straße. Er kopierte das Passbild aus den Meldeunterlagen und überlegte, ob er Georg Dengler anrufen sollte. Aber es war schon spät.
Er würde es morgen erledigen.
Er kopierte die Daten und das Bild in eine PC-Datei und fuhr den Rechner herunter.
Dann ging er zum Parkplatz.
Er war müde. Seine Augen brannten.
Engel kurbelte das Fenster herunter. Frische Luft strömte in den Wagen. Sofort wurde er wacher. In Wiesbaden-Äppelallee überquerte er den Rhein nach Mainz-Mombach. Es herrschte wenig Verkehr auf der Autobahn. Am Dreieck Mainz bog er auf die A 60 ein. Engel gähnte. Dann rief er über das Handy seine Frau an.
»In fünf Minuten bin ich zu Hause.«
»Ich lass dir Badewasser einlaufen.«
»Nur, wenn du mit in die Wanne kommst.«
»Versprochen. Und ich mache eine Flasche vom guten Roten auf.«
»Wunderbar.«
Vor ihm überholte ein Sprinter einen LKW. Er kam aber nur langsam an ihm vorbei. Engel hob den Fuß vom Gas. Er schaltete das Radio an. Amazing Grace , gesungen von Katie Melua, erklang.
Wie schön, dachte er.
Links vor ihm schien der Sprinter nicht überholen zu können, von hinten näherte sich ein weiterer schneller Transporter mit eingeschaltetem Fernlicht. Der Scheinwerfer wuchs im Rückspiegel, wurde groß und größer. Nun klebte der Wagen direkt an seiner Stoßstange. Das Licht aus dem voll aufgeblendeten Scheinwerfer erleuchtete seinen Toyota taghell. Und es blendete ihn.
Amazing grace! – how sweet the sound –
That saved a wretch like me!
I once was lost, but now I am found,
Was blind, but now I see.
Wie rücksichtslos, dachte er.
Engel hupte.
Aber der Sprinter links vor ihm auf der Überholspur überholte nicht, sondern fuhr stur neben dem LKW her.
Plötzlich fuhr er langsamer, und Engel befand sich neben ihm. Vor ihm war der LKW, hinter ihm der Transporter. Er saß zwischen den Dreien.
Was soll denn die Scheiße, dachte er.
Er hupte noch einmal.
War geblendet von dem Fernlicht hinter ihm.
Als die Autobahn eine kleinere Brücke bei Büdesheim überquerte, drückte der Sprinter nach rechts. Im gleichen Augenblick fuhr der Transporter hinter ihm auf. Engel bremste, aber es half nichts. Die beiden Wagen drückten ihn gegen das Geländer. Der Toyota durchbrach die Absperrung und stürzte einige Meter in die Tiefe.
Engel war sofort tot.
Enttäuschung
Am gleichen Tag war Dengler zurück nach Stuttgart gefahren, direkt zum Katharinenhospital. Klein lag nun mit zwei weiteren Patienten in einem Zimmer am Ende eines verwinkelten Flurs. Er starrte vor sich hin. Die Verbände an seinem Kopf waren entfernt und durch ein System von Schienen und
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