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Das München-Komplott

Das München-Komplott

Titel: Das München-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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Informationen. Gerade im Umgang mit einer Zeitung. Wir könnten da einiges für Sie tun. Vielleicht verhindern, dass es zu einem, nun ja, Skandal kommt.«
    Charlotte schritt kräftig aus.
    »Sie wollen mir helfen?«
    »Das … Ja, das wollte ich Ihnen vorschlagen.«
    »Sie wollen mir ein Geschäft vorschlagen, habe ich da richtig verstanden? Man gibt – man nimmt.«
    »Wie das Leben so spielt.«
    »Genau.«
    Charlotte von Schmoltke beschleunigte ihren Schritt. Der kleine Präsident musste immer schneller gehen. Er wusste, dass es nicht gut aussah, wie er neben der hochgewachsenen Staatssekretärin herlief. Hinter sich glaubte er, die Leibwächter lachen zu hören.
    »Und von mir wollen Sie auch etwas?«
    »Ja. In der Tat. Sie könnten uns behilflich sein.«
    »Ich höre.«
    »Nun, es geht um die Frage, die wir bei Ihrem letzten Besuch in Köln besprochen haben.«
    »Um Ihre V-Männer in der NPD.«
    »Genau.«
    »Und was erwarten Sie von mir?«
    »Ihr Antrag auf dem nächsten Parteitag. Wenn Ihre Parteibeschließen sollte, dass wir unsere V-Männer abziehen sollen, um einen neuen Verbotsantrag gegen die NPD zu erleichtern, dann könnte die neue Regierung tatsächlich ein solches Verfahren von uns verlangen.«
    »Und das wollen Sie nicht.«
    »Nein, das wollen wir nicht.«
    »Und warum nicht? Das interessiert mich wirklich.«
    »Es ist so, wie ich bei Ihrem letzten Besuch bereits sagte …«
    Charlotte blieb abrupt stehen. Der Präsident des Verfassungsschutzes war nicht so schnell. Er rempelte die Staatssekretärin an und entschuldigte sich wortreich.
    »Hören Sie«, unterbrach ihn Charlotte. »Bevor ich auch nur einen Augenblick über Ihren Vorschlag nachdenke, will ich von Ihnen wissen, welche Interessen Sie haben und was Ihre Absichten und Ziele sind.«
    Er sah blinzelnd zur ihr hinauf und überlegte.
    »Also gut«, sagte er.
    Schweigen.
    »Ich höre.«
    Charlotte ging weiter, er eilte hinterher.
    »Hören Sie«, sagt er und blieb stehen.
    Sie ging noch einige Schritte, blieb dann ebenfalls stehen und drehte sich zu ihm um.
    »Sie kennen doch die Lageeinschätzung. Nicht dass wir es erwarten oder gar wünschen, aber es ist so, dass wir, ich meine unser Land, einfach nicht mehr für alle Leute Arbeit hat. Wir wissen nicht genau, wie wir die gegenwärtige Krise einzuschätzen haben, wie sie sich entwickelt. Aber wir haben uns zu rüsten. Wir haben uns zu wappnen. Für das, was geschieht, wenn wir soziale Unruhen bekommen – und zwar in einem Umfang, gegen den sich 68 samt Spätfolgen mit RAF und so weiter wie eine harmlose Ouvertüre ausnimmt. Was geschieht, Frau Staatssekretärin, wenn unsere Sozialsysteme nicht mehr alle Menschen ernähren können?«
    »Ich kenne die Prognosen. Was hat das mit der NPD zu tun?«
    »Wir brauchen sie. Wir müssen diesen sozialen Sturm, sofern er kommt, überstehen. Jemand muss die Wurzellosen in die Schranken weisen.«
    »Reden wir gerade über eine Aufgabe der Polizei?«
    »Die Polizei kann das nicht alles tun. Außerdem ist sie nicht zuverlässig. Sie ist über tausend verwandtschaftliche Fäden verbunden in alle Bereiche der Gesellschaft. Wir brauchen eine …«
    »Schlägertruppe?«
    »Wenn Sie so wollen, ja, wir brauchen eine Truppe von Leuten, die bereit sind, auf Demonstrationen von Arbeitslosen, Gewerkschaften, was auch immer, loszugehen.«
    »Das ist verboten.«
    »Ich bitte Sie, wir sind der Geheimdienst.«
    »Und dazu brauchen Sie die Neonazis?«
    »Sie sind ideal. Glauben Sie mir. Sie sind schwer zu händeln, aber wir haben Ordnung in den Laden gebracht. Wir haben einen sehr guten Mann, der früher bei uns für den Linksextremismus zuständig war. Er überträgt die Methoden der Linken auf die rechte Szene. Wir bilden Zellen der NPD, wie das früher hieß, in den Stadtteilen, wir sorgen für Schulung.«
    »Und das funktioniert?«
    »Wir haben fast unseren gesamten Etat in dieses Projekt gesteckt. Und ständig haut einer von denen mit der Kasse ab. Unser Geld! Deshalb brauchen wir die Wahlkampfkostenerstattung. Na ja, jetzt behellige ich Sie mit unseren Alltagssorgen.«
    »Nur zu. Ich interessiere mich für Ihre Alltagssorgen.«
    »Dieses Gespräch hat natürlich nie stattgefunden. Es gibt keine Zeugen.«
    »Ich nehme es ausschließlich zu meiner persönlichen Weiterbildung.«
    Sie hatten nun das Lessing-Denkmal erreicht.
    »Kehren wir um?«, fragte sie.
    Er nickte.
    Sie gingen auf dem gleichen Weg zurück.
    »Die Typen sind käuflich. Das macht unsere Arbeit leicht.

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