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Das Multiversum 2 Raum

Das Multiversum 2 Raum

Titel: Das Multiversum 2 Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Sie bearbeiteten die Lava und legten das Kabel frei.
    Malenfant brauchte dringend eine Pause. Er bekam Krämpfe in den Beinen, und die Muskeln verhärteten sich wie Stein. Aber er wusste, dass er sich sein Essen verdienen musste. Er massierte die Beine und ging zu den anderen. Er bearbeitete die Lava mit einer Hacke und half den anderen, den Schutt wegzuräumen.
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    Er hielt es aber für unwahrscheinlich, dass dies das einzige Supraleiter-Kabel auf Io war. Vor seinem geistigen Auge spannte sich ein Netz aus dem Zeug über den ganzen verdammten Mond und hüllte die bewegte Oberfläche wie ein Gitternetz ein. Vielleicht waren die Überreste jenes uralten gescheiterten Projekts von der Venus hierher gebracht worden, um für einen neuen Plan der Gaijin verwendet zu werden.
    Die Aufgabe der Neandertaler musste darin bestehen, das Supraleiter-Netzwerk freizuschaufeln und instand zu halten. Bei der Umschichtungsrate auf diesem aktiven kleinen Mond wäre das Netz sonst in ein paar Jahrhunderten begraben worden. Die Arbeit war auch riskant, weil die Neandertaler sich nur dort zu bewegen vermochten, wo die vulkanischen Hot Spots es ihnen ermöglichten. Trotzdem würden sie irgendwann den ganzen Mond abarbei-ten.
    Das war eine clevere Lösung, sagte er sich. So hatten die Neandertaler eine eigene Welt, wo sie vor den Nachstellungen des Ho-mo sap sicher waren. Und die Erschaffer dieses Netzes – vermutlich die Gaijin – hatten ein Reservoir billiger und zuverlässiger Wartungsarbeiter.
    Neandertaler waren geduldig und fügsam. Auf der Erde hatten sie mit einer für sie geeigneten Technik mehr oder weniger unver-
    ändert sechzigtausend Jahre lang überlebt. Hier auf Io waren sie vielleicht auch schon ein paar Jahrhunderte lang vertreten. Mit den Neandertalern hatten die Gaijin sich Arbeitskräfte herangezüchtet, die fast so intelligent waren wie Menschen, sich nicht über die hiesigen Ressourcengrenzen hinaus vermehren würden und denen die Anspruchshaltung einer typisch menschlichen Belegschaft fehlte.
    Ein vorteilhaftes Geschäft – für die Gaijin.
    Nun musste er nur noch herausfinden, welchem Zweck das Netz diente: Dieses große Gaijin-Projekt, das offensichtlich darauf ange-550
    legt war, die mächtigen natürlichen Energieströme von Io anzu-zapfen. Was erschufen sie hier?
    Ohne ein Wort an Malenfant folgten die Neandertaler dem weiteren Verlauf des Kabels in Richtung Jupiter.
    Malenfant lief keuchend hinterher.
    ■
    Als sie zum Zelt zurückkamen, stellten sie fest, dass Esau gestorben war.
    Valentina war tief betrübt. Sie hatte sich in einer Ecke des Zelts hingehockt, und ihr massiger Körper wurde von einem Wein-krampf geschüttelt. Offensichtlich hatte sie in einer engeren Beziehung zu Esau gestanden; vielleicht war er ihr Vater oder Bruder gewesen.
    Niemand traf Anstalten, sie zu trösten.
    Malenfant hockte sich ihr gegenüber hin. Er nahm ihren kinnlo-sen Kiefer in die Hand und versuchte den großen Kopf anzuhe-ben.
    Zuerst verharrte Valentina in der zusammengesunkenen Stellung.
    Dann hob sie – zögernd und ohne ihn anzuschauen – die große Hand und strich ihm über den Hinterkopf.
    Sie schaute erstaunt auf. Die kräftigen Finger waren auf eine knochige Erhebung gestoßen. Malenfant wusste, dass sie als Dysplasie bezeichnet wurde, ein Relikt seiner entfernten französischen Vorfahren. Sie nahm seine Hand und führte sie an ihren Hinterkopf. Da war eine ähnlich knochige Ausbeulung unter ihrem langen schwarzen Haar. Nun hatten sie wenigstens eine Gemeinsamkeit gefunden. Vielleicht war seine Dysplasie ein Indiz dafür, dass zu seiner Ahnenreihe auch Neandertaler gehört hatten; eine Phan-551
    tom-Spur einer speziesübergreifenden Romanze vor vielen tausend Jahren.
    Valentinas menschliche Augen, die von diesem Knochenwulst überschattet wurden, schauten ihn mit neu erwachtem Interesse an. Sie hatte flache Brüste, breite Hüften und überhaupt die kräftige Statur eines Mannes. Und aus dem Gesicht stachen eine lange Nase, hohe Wangenknochen und ein langer Kiefer ohne Kinn.
    Aber sie wirkte nicht hässlich auf ihn. Fast – ja, sie war schön.
    Der Moment zog sich in die Länge. Wo sie ihm nun so nah war, spürte Malenfant, wie sich unwillkürlich eine Erektion aufbaute.
    Diese verdammten Strubbelkopf-Zwillinge. Komplikationen dieser Art konnte er jetzt nicht gebrauchen.
    Er versuchte sich ein aufreizendes Verhalten von Valentina vorzustellen: Vielleicht ein koketter Augenaufschlag, ein schräggeleg-ter Kopf,

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