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Das Multiversum 2 Raum

Das Multiversum 2 Raum

Titel: Das Multiversum 2 Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Entsprechung eines Menschen zu behandeln –, nur An-thropomorphismus war, blöde Sentimentalität. Aber sie stellte fest, dass sie diese abgehobenen, gemessenen, rationalen Gaijin lieber mochte als viele Menschen – insbesondere die rassistischen Oberflächen-Kolonisten, denen sie auf Triton begegnet war. Die Gaijin waren uralt, weitgereist und hatten Dinge erlebt, die für die meisten Menschen unvorstellbar waren. Ihnen musste ein kurzlebiges menschliches Einzelschicksal so flüchtig und unbedeutend – vielleicht aber auch so schön – wie ein sich kräuselnder Rauchfaden oder ein zerspritzender Regentropfen erscheinen.
    Zehn Tage, nachdem die Gaijin sie verlassen hatten, kam schließ-
    lich der Planet Merkur in Sicht. Sie hielten auf die Nachtseite zu, sodass er wie eine schmale Sichel in der Dunkelheit hing, die sich langsam verbreiterte. Die Krater waren schon aus großer Entfernung zu erkennen.
    Sie ging in den Orbit und musste dort warten, während eine elektronische Bürokratie – die von einer regierenden Körperschaft mit der Bezeichnung Koalition betrieben wurde – ihre Bitte um Landegenehmigung prüfte und Maschinen, die durch Jahrhunder-601
    te technischer und sozialer Entwicklung getrennt waren, nach einem Weg suchten, miteinander zu kommunizieren.
    Der unter ihr sich drehende Merkur war wie der ältere Bruder des Mondes: eine Gesteinskugel mit einer fahlen, kraterübersäten Oberfläche. Aber es gab keine Entsprechung für die großen Maria des Monds; welche Prozesse auch immer diese großen Mondmeere aus erstarrter Lava erschaffen hatten, hier hatten sie nicht gewaltet.
    Und es gab Merkmale, die dem Mond fehlten: Zonen der Auffaltung, Grate, Risse und Spalten wie die verschrumpelte Haut einer Tomate; als ob der Planet nach der Entstehung geschrumpft wäre.
    Das hervorstechendste Merkmal war ein riesiges Einschlagbe-cken, vielleicht auf dreißig Grad nördlicher Breite. Sie flog über einen Ring aus gezackten Bergen hinweg – kein simpler Kraterrand, sondern eine Struktur mit den höchsten Bergen im Zentrum und den flachen Vorbergen am Rand. Innerhalb des Rings war ein vergleichsweise ebener Boden, der von Graten, Falten und Spalten zerklüftet wurde. Sie hatten ein annähernd konzentrisches Muster wie Sprünge in einem alten Porzellanteller. Es war ein phantastischer Anblick. Es dauerte eine Weile, bis die Landefähre beim ersten Anflug das Becken mit den Bergringen überflogen hatte, in denen die Großen Seen der USA Platz gefunden hätten.
    Und im Kernschatten in der Mitte des großen Kraters sah sie Lichter, eine Ahnung von Ordnung, Gebäuden und Spuren. Das war eine menschliche Siedlung, hier in der tiefsten Niederung des unwirtlichsten Planeten im ganzen Sonnensystem. Der Anblick hätte ihre Stimmung eigentlich heben müssen. Aber dieser winzige Funke inmitten dieser niederschmetternden Einöde erschien ihr nur absurd.
    Es herrschte reger Verkehr am Himmel.
    Es waren menschliche Schiffe. Die meisten wurden von hauchdünnen, ästhetischen Sonnensegeln angetrieben, ätherische Schwingen, die vor Merkurs starrem steinernem Antlitz kreuzten. Die ur-602
    tümlichen Formen kaschierten die intelligente Steuerung, die sie führte. Die Schiffe ritten auf dem Schwall der Photonen, der sich von der mächtigen, nahen Sonne ergoss. Dies war eine viel effektivere Art der Fortbewegung, als sie im Erdorbit und anderswo prak-tiziert wurde.
    Es fiel sofort ins Auge, dass mehr Schiffe landeten als starteten.
    Allerdings war dies der einzige Zufluchtsort, den die Menschen im Sonnensystem des Jahres 3793 noch hatten; Merkur war eine Menschen-Senke, keine Quelle.
    Auf der Rückseite des Merkur sah sie eine Landschaft, wie sie ihr noch nie zuvor untergekommen war: Zerklüftet, zertrümmert, chaotisch. Sie stellte fest, dass dies der exakte Antipode jener großen Einschlagstruktur war, das Ziel konvergierender sphärischer Druckwellen, die sich um den Planeten fortgepflanzt haben mussten. Die gewaltigen Energien waren hier gebündelt worden und hatten das Land wie mit einem Presslufthammer bearbeitet.
    Einst hatte Madeleine im äußeren Sonnensystem mit Monden um sich geworfen. Nun fühlte sie sich nichtig und klein beim Anblick der Auswirkungen solcher Kräfte. Sie wurde von einem Ge-fühl der Ohnmacht überwältigt.
    ■
    Ihr wurde eine Landezone nahe der menschlichen Hauptsiedlung zugewiesen. Sie lag in einem breiten Krater mit dem Namen Chao Meng-Fu, einer anderen riesigen Einschlagstruktur, die fast den

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