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Das Multiversum 2 Raum

Das Multiversum 2 Raum

Titel: Das Multiversum 2 Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Damit, dass sogar das Sonnensystem während ihrer Abwesenheit sich verändert hatte, hätte sie aber nicht gerechnet.
    Ihr war heiß, und sie fühlte sich benommen.
    Sie spielte mit dem Gedanken, Ben anzumachen. Sie verspürte das Bedürfnis nach Zärtlichkeit.
    Er schien darauf anzusprechen.
    »Was ist mit Lena?«
    Er lächelte. »Sie ist nicht bei mir. Ich bin nicht bei ihr. Wir sind alle nur Menschen. Zwischen uns ist das Band des gurrutu, der Nä-
    he, das uns für immer vereint.«
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    Sie fasste das als Zustimmung auf. Sie streckte im Dunklen die Hand nach ihm aus, und er griff nach ihr.
    ■
    Sie liebten sich in der Hitze des Äquators, wobei ihre Körper von einer Schweißschicht förmlich geschmiert wurden. Bens Körper war eine Skulptur aus festen Muskeln, und seine Hände waren kräftig und warm. Sie fühlte sich entrückt, als ob ihr Körper ein Ausrüstungsgegenstand sei, den sie kontrollieren und beobachten musste.
    Ben spürte das und hielt sie zärtlich. Er war von ihrer Haut fasziniert, sagte er. Die Haut einer Frau, die vom Licht vieler Sterne gebräunt war.
    Sie spürte seine Berührung nicht. In ihren Träumen sprang Madeleine durch Ringe aus mattblauem Metall und hatte Visionen von geometrischen Gebilden. Dreiecke, Dodekaeder, Ikosaeder. Als Madeleine schrie, hielt Ben sie fest.
    Irgendwann sah sie, dass Ben im Schlaf die Kaffeekanne mit der immer noch heißen Flüssigkeit umzukippen und sich zu verbrü-
    hen drohte. Sie packte den Ausguss, bekam einen kleinen Schwall Kaffee ab und schob die Kanne weg. Sie spürte nichts.
    Beim Aufwachen stellten sie fest, dass sie sich die Hand ziemlich übel verbrannt hatte.
    Ben versorgte sie. »Fehlendes Schmerzempfinden ist offenbar ein zweischneidiges Schwert«, sagte er.
    Sie hatte das schon einmal gehört und konnte es nicht mehr hö-
    ren. »Schmerz ist ein evolutionäres Relikt«, sagte sie. »Sicher, er dient als Frühwarnsystem. Aber dafür gibt es doch Ersatz, stimmt's? Scharfe Kanten meiden. Die Menschen mit Software-Im-258
    plantaten wie meinem Biocomp ausstatten, um sie zu warnen und zu schützen.«
    Ben betrachtete sie. »Weißt du, was die zentrale formatio reticula-ris ist?«, fragte er.
    »Wieso sagst du es mir nicht?«
    »Es ist ein kleiner Bereich des Gehirns. Und wenn man diesen Bereich stimuliert, wird – im Gehirn eines normalen Menschen – das Schmerzempfinden unterdrückt. Das ist der Sitz des Diskontinuitäten-Schadens. Ich spreche von qualia, den inneren Wahrneh-mungen, Aspekten des Bewusstseins. Dein Schmerz existiert objektiv noch, was die Reaktionen des Körpers betrifft; was fehlt, ist die entsprechende qualia, dein Schmerzempfinden. Man sorge dafür, dass Unbehagen verschwindet, und dann verschwinden auch die Emotionen, die mit Schmerz verknüpft sind. Angst. Kummer. Ver-stimmung.«
    »Dann ist mein Innenleben also beeinträchtigt.«
    »Ja. Das Bewusstsein ist noch nicht vollständig erforscht, genauso wenig wie die Verbindung zwischen Körper und Geist. Vielleicht werden durch die Sattelpunkt-Transitionen auch noch andere qualia in Mitleidenschaft gezogen.«
    Aber meine Träume handeln von fremdartigen Artefakten, sagte Madeleine sich. Vielleicht werden meine qualia nicht zerstört. Vielleicht werden sie – ausgetauscht. Diese Idee war ihr bisher noch gar nicht gekommen. Aber sie verdrängte sie wieder.
    »Woher weißt du so viel darüber?«
    »Ich habe selbst Ambitionen, zu den Sternen zu reisen. Ich möchte ein Schwarzes Loch sehen, ehe ich mir auf Triton eine Farm aufbaue. Es würde mich brennend interessieren, was mit mir geschieht … Madeleine«, sagte er langsam, »ich sollte dir etwas sagen, auch wenn Nemoto es verboten hat.«
    »Was?«
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    »Die Chinesen haben es bei ihren Geschäften mit den Gaijin entdeckt. Manche halten es sogar für ein Geschenk der Gaijin. Nemoto will unbedingt verhindern, dass es publik wird. Aber ich …«
    »Sag schon, verdammt.«
    »Es gibt ein Heilmittel für die Diskontinuität.«
    Sie war elektrisiert.
    »Weißt du«, sagte er, »das Erstaunliche ist, dass die formatio reticu-laris ihren Sitz im ältesten Teil des Gehirns hat. Wir haben sie mit unsren ältesten Vorfahren gemeinsam. Madeleine, du hast dich durch die Reise zu den Sternen verändert. Manche glauben, dass wir dort draußen jenseits der Sattelpunkte eine neue menschliche Rasse heranzüchten. Aber vielleicht schwimmen wir auch nur durch die Träume altvorderer Fische.«
    Er lächelte und hielt sie wieder fest.
    ■
    Sie

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