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Das Multiversum 3 Ursprung

Das Multiversum 3 Ursprung

Titel: Das Multiversum 3 Ursprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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zwischen den Zehen emporquel-len.
    Leute bewegten sich zwischen den Hütten. Sie trugen Nahrungsmittel und Werkzeuge oder hatten Kinder an der Hand. Sie schienen Menschen zu sein, waren aber kleinwüchsig, dürr und wirkten überhaupt unterentwickelt. Bekleidet waren sie mit schmutzigen Fellen. Eine Straßenbeleuchtung gab es nicht, und das einzige Licht in den Hütten stammte von Feuerstellen.
    »Sie halten sich von uns fern«, murmelte McCann wie ein Reiseführer. »Die Autorität von diesem Lobegott Michael ist absolut.
    Schauen Sie. Ich glaube, jene Hütte dort drüben ist eine Lasterhöh-le.«
    »Eine was? … Ach so. Ein Bordell.«
    »Ja, aber ein Bordell mit einer Belegschaft aus Läufern – Frauen und Jungen, soweit ich das sehe. Es existieren hier Widersprüche, Malenfant. Einmal haben wir eine Gemeinschaft, die von diesem Kameraden Lobegott Michael nach streng religiösen Grundsätzen geführt wird. Und zugleich wird hier in aller Öffentlichkeit ein Puff betrieben.«
    Der Regen wurde stärker. Die Eiferer -Siedlung verwandelte sich in einen regelrechten Sumpf. Die Gebäude schienen im Regen einzu-gehen, als ob sie wieder im Boden verschwinden wollten, auf dem man sie hochgezogen hatte. Und die Leute, Menschen, Läufer und 430
    Hams gleichermaßen, waren allesamt elende Gestalten von der gleichen tristen Farbe – ein Bild des Jammers.
    McCann stapfte verächtlich durch die Pfützen. »Diese Leute wissen nicht, was sie tun«, rief er. »Wir haben die Sache viel besser im Griff. Abflussgräben. Kanalisation!« Mit ausladenden Armbewe-gungen skizzierte er ein ehrgeiziges Drainagesystem.
    Sie wurden zum Gebäude im Zentrum der Siedlung gebracht, der massiv wirkenden Kapelle. Vielleicht handelte es sich wirklich um eine Kapelle; Malenfant sah nun, dass der Bau ein schlankes Türmchen hatte.
    Sprigge führte die beiden durch einen kurzen dunklen Gang.
    Gitter aus dicht verwobenen Holzlatten waren in den Boden eingelassen. Malenfant schaute nach unten. Er glaubte Bewegung zu erkennen und Augen, die zu ihm aufschauten. Aber er war sich wegen der schlechten Lichtverhältnisse nicht ganz sicher.
    Sie betraten einen großen, lichten Raum. Er hatte schöne rechteckige Fenster – unverglast, aber mit Schichten verhängt, die aus geschabten und geflochtenen Palmwedeln zu bestehen schienen.
    Sie ließen ein kühles gelbes Licht hindurch. Lampen brannten an den Wänden: Es waren einfache, mit Öl gefüllte Steinschalen, in denen ein Docht schwamm. Sie qualmten stark. An der Stirnseite des Raums war ein repräsentativer Kamin, der aus schweren roten Steinblöcken gemauert war – vielleicht Auswurfmaterial vom Kra-terfeld, das sie durchquert hatten. Es brannte kein Feuer unter dem rußgeschwärzten Rauchabzug, doch dafür stand ein großes, eindrucksvolles Kruzifix auf dem Kamin. Am anderen Ende des Raums war ein schlichter Altar mit Kelchen und Schalen, die alle aus Holz bestanden.
    Und in der Mitte des Raums stand ein kleiner, windschiefer polierter Holztisch. Ein Mann saß am Tisch und speiste. Er hatte sich eine Serviette umgebunden. Teller gab es nicht; der Mann biss 431
    Fisch und Fleisch von Batzen ab, die wie große Brotlaibe aussahen.
    Der Mann trug eine schwarze Robe, die auf dem Boden schleifte. Ein Streifen silbergrauen Haars umlief einen Schädel, der wie eine Tonsur rasiert zu sein schien. Das schmale Gesicht wurde von Warzen entstellt.
    Das war vermutlich Lobegott Michael. Er ignorierte Malenfant und McCann.
    Hinter Lobegott standen zwei Ham-Frauen an der Wand. Sie waren beide in züchtige, bodenlange Gewänder aus weichem Leder gehüllt und hatten den Blick gesenkt.
    Sprigge knuffte McCann und bedeutete ihnen, sich vor dem Tisch auf den Boden zu setzen. McCann tat wie geheißen, und Malenfant folgte seinem Beispiel. Sprigge trat zurück und postierte sich in einer Ecke des Raums.
    Während Lobegott Michael tafelte, verharrten alle Anwesenden in andächtigem Schweigen.
    Malenfant starrte wie hypnotisiert aufs Essen.
    Es gab etwas, das wie Huhn mit Reis und Nüssen aussah. Ein geröstetes Tier, vielleicht ein Ferkel, war vor Michael aufgebaut worden, und er zupfte am weißen Fleisch. Andere Gerichte bestanden aus einer Art Bohnen, die in etwas gedünstet waren, das wie Fleischbrät aussah, aus Pilzen in einer Art Creme und grünem Salat. Es gab sogar Wein – oder zumindest sah es wie Wein aus –, der in einer filigranen hölzernen Karaffe kredenzt wurde.
    Schließlich beendete Lobegott Michael das Mahl.

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