Das Multiversum 3 Ursprung
hatte er sich von ihrem Gewicht und den Schlägen befreit. Aber der Speer bohrte sich in den Boden und riss die Wunde immer weiter auf. Er schrie auf.
Immerhin hatte Joshua durch den Befreiungsversuch Marys Angreifer abgelenkt, und sie bekam einen Arm frei. Mit einer Kraft, der die Skinnies nichts entgegenzusetzen hatten, versetzte sie einem der Angreifer einen Fausthieb gegen die Schläfe. Joshua hörte knackende Knochen, und der Eiferer ging zu Boden.
»Bei Gottes Wunden. Peter – Peter!«
»Schnappt sie, Jungs …!«
Mary rappelte sich auf. Die zerrissene Kleidung flatterte ihr am Leib, und die kleinen Brüste glitzerten von Blut. Sie postierte sich mit dem Rücken zum Wald. Die Männer – außer dem Gefallenen – stellten sich im Halbkreis um sie auf und fuchtelten mit den Waffen. Joshua sah, dass ihre Geilheit der Vorsicht gewichen war, denn selbst ein halbwüchsiges Ham-Mädchen war, wenn es volle Bewegungsfreiheit hatte, einem einzelnen Skinny mehr als ebenbürtig.
Aber sie konnte sie nicht alle besiegen.
Mit einem letzten bedauernden Blick auf Joshua drehte sie sich um und brach durch die Bäume. Obwohl sie eine breite Schneise schlug, war sie bald verschwunden, und Joshua wusste, dass die Eiferer ihr nicht zu folgen vermochten.
Er legte den Kopf auf den blutgetränkten Boden.
Ein Schatten fiel auf ihn. »Das ist für Peter.«
Ein Stiefel trat ihn ins Gesicht.
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Reid Malenfant:
Am Morgen nach ihrer Gefangennahme stellten Malenfant und McCann fest, dass die Tür nicht mehr verrammelt und die Wache abgezogen worden war.
Sie traten hinaus ins Licht, das noch einen Stich von der Morgenröte hatte.
Die Leute gingen schon ihrem Tagewerk nach. Läufer und Hams waren damit beschäftigt, den Boden vom Schutt des vergangenen Tags zu säubern und die Wasserfässer zu füllen, die vor jeder Hüt-te standen. Es war ein seltsamer Anblick, wie Vertreter des Homo neandertalensis und des Homo erectus in Lumpen gehüllt ihren Verrichtungen nachgingen. Die missgebildeten Köpfe und Körper stachen im diffusen Tageslicht umso stärker ins Auge. Es war wie die Travestie einer menschlichen Siedlung.
In Abwesenheit der Eiferer bedienten weder Hams noch Läufer sich der menschlichen Sprache; sie erledigten fügsam und in ihrem elenden Schicksal vereint die Arbeit.
Es gab eine spezialisierte Gruppe von Läufern, die allein zum Transport von Passagieren eingesetzt wurde. Ein paar trugen ein primitives Geschirr. Doch diese Unglücklichen gingen gebückt, mit übermäßig ausgeprägten Schultern und verkümmertem Rück-grat. An Schultern und Beinen hatten sie hellrote Striemen.
»Schauen Sie sich diese Narben an«, sagte Malenfant. »Diese Eiferer -Jockeys geizen nicht mit der Peitsche.«
McCann grunzte ungeduldig. »Haben Sie denn Erfahrung mit dem Dressieren von Tieren, Malenfant? Keiner von ihnen sieht sehr alt aus, nicht wahr? Ich möchte wetten, dass ihre Körper unter ständiger Überlastung zusammenbrechen, sobald die Blüte der Jugend vorüber ist.
Aber die Peitsche ist sicherlich nötig. Ich kannte einen Mann in Afrika, der Elefanten auszubilden versuchte. Sie wissen vielleicht, 439
dass im Gegensatz zum indischen Elefanten, der von den Einheimischen seit Jahrhunderten gezähmt wird, der afrikanische Elefant in freier Wildbahn lebt. Mein Bekannter versuchte also, die Elefanten zu beherrschen, wozu er sogar erfahrene Mahouts aus Indien kommen ließ. Diesen afrikanischen Stoßzahnträgern liegt die Freiheit im Blut, und sie sind auch viel intelligenter als beispielsweise ein Pferd.«
»Deshalb die Peitsche.«
»Ja. Denn nur durch eine harte und konsequente Bestrafung vermag man diese intelligenten Tiere zu beherrschen. Und selbst dann kann man sich natürlich nie sicher sein. Wenn zum Beispiel in Indien auch der scheinbar zahmste Elefant einen Groll gegen seinen Mahout hegt, wartet er vielleicht Jahre, gar Jahrzehnte – aber er wird die Chance irgendwann nutzen und seinen Peiniger aufspießen oder zertrampeln, ohne Rücksicht auf sein eigenes Schicksal.
Nun ist der Läufer, bei dem es sich schließlich um einen Menschen handelt – wenn auch um eine andere Spezies Mensch –, gewiss viel intelligenter als ein Elefant. Deshalb also die Peitsche, wie Sie schon sagten. Und vielleicht hat man auch andere Praktiken entwickelt. Sehen Sie dort – dieser graue, gebeugte alte Kamerad ist an den Jungen gefesselt.« Der alte Mann und der Junge, die nackt und teilnahmslos im Dreck saßen, waren an den Knöcheln
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