Das Musical
ist ein wenig verschmutzt, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
Malkuths Lachen klang in Rex’ Ohren nach. Er fiel fast durch die Bunkertür und riß sich den Schutzhelm vom Anzug. Und er erinnerte sich an diesen Geruch. Diesen schalen, ranzigen Geruch. Den Geruch nach hoffnungsloser Armut und Elend.
Der Bunker sah aus, wie er immer ausgesehen hatte. In dem winzigen Schrein an der Wand brannten Kerzen, und ein altes Photo vom Dalai Lama grinste auf nichts. Direkt daneben befand sich eine Zeichnung von Onkel Tony, die Rex’ Kinderhand auf ein Dosenetikett gemalt hatte. Die beiden selbstgebauten Sessel waren auf das Fernsehterminal gerichtet.
Tantchen Norma lag mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden vor den Sesseln. Ihr Gesicht war vollkommen farblos und kaum wiederzuerkennen. Eine Hand lag unnatürlich verdreht auf dem Aschehäufchen, das einst Onkel Tony gewesen war. Mit den sterbenden Fingern hatte sie einen einzelnen Namen hineingekritzelt.
Dan.
Rex’ Augen füllten sich mit Tränen. Er starrte auf den gebrochenen Leichnam hinab. Starrte auf das Fernsehterminal. Es leuchtete farbenfroh wie immer. Und Dans Gesicht war darauf zu sehen. Es grinste wölfisch.
Rex streichelte seiner toten Tante sanft über das Haar, dann stand er auf und trat mit seinem schweren Stiefel den Fernsehschirm ein.
19
… Ich war von dreiundsechzig bis achtundsechzig bei der Stiftung, bis zu dem Tag, an dem ich in den Untergrund gegangen bin. Wenn die Stiftung noch immer existiert, dann weiß ich jedenfalls nicht, wo sie zu finden ist. Aber er lebt ganz sicher noch, soviel kann ich Ihnen verraten. Wenn man einmal gesehen hat, wie er arbeitet, dann vergißt man das nie wieder. Man liest Dinge in den Schlagzeilen, und man weiß augenblicklich, das war sein Werk. Das war der Gott. Wie schon gesagt, ich bin dreiundsechzig beigetreten, von der Straße weg angeworben, wie das so üblich ist. Ihre Technik ändert sich nie. Mußte sich noch nie ändern. Warum soll man Perfektion auch verbessern? Ich war nur ein weiteres von diesen desillusionierten Kindern. Aus der High School geworfen. Diese Burschen trafen mitten ins Schwarze. Warmes Lächeln, Händeschütteln, beim Vornamen nennen. Als hätten sie mich schon ein ganzes Leben lang gekannt. Sie luden mich ein zu einem dieser Wochenendseminare, und ich bin nie wieder weggegangen. Fünf Jahre lang nicht. Wir veränderten die Welt. Oder jedenfalls dachten wir, daß wir das täten. Und alles nur für ihn. Er war uns immer einen ganzen Schritt voraus. War jedem einen Schritt voraus. Er wußte genau, was kommen würde, wann es kommen würde und wo. Und so waren auch wir den anderen immer einen Schritt voraus. Mode, Musik, was auch immer. Er steckte hinter alledem, wissen Sie? Haight Ashbury. Woodstock. Owsley’s Acid. Was Sie wollen. Hendrix. The Doors. The Grateful Dead… Scheiße, selbst die Beatles, Mann! Irgend jemand hat mir erzählt, daß er alles arrangiert hat. Zusammen mit Brian Epstein. Er hat Epstein das ganze Geld geliehen und alles. Und nicht ein einziges Wort hat er aufgeschrieben. Es steckte alles immer nur in seinem Kopf. Wir schaffen das Fundament, das hat er zu uns gesagt. Ziemlich oft sogar damals, kann ich Ihnen verraten. Ja, ja, die Stiftung. Ich erinnere mich nur allzu deutlich an die Stiftung…
Das Sub-Urbane Buch der Toten
Das, was man sich ausdenken kann, ist nicht die Wahrheit.
Hindu-Sprichwort
Ich denke, also bin ich.
Französisches Sprichwort
Der saure Regen setzte ein. Das Sicherheitsfahrzeug von Nemesis war längst abgeflogen. Rex Mundi saß allein auf den Trümmern vor dem Bunker seiner alten Tante. Zischende Tropfen rannen über seinen transparenten Schutzhelm. Er seufzte lang und schwer. Fünfzig Jahre in einem Loch im Boden, und wozu? Rex kam stolpernd auf die Beine. Für nichts. Nichts als eine weitere Unperson. Er brauchte einen Drink. Er brauchte einen großen Drink. Mit einem letzten, sehr finalen Blick auf sein früheres Zuhause kehrte er zu dem Flugwagen zurück und gab die Koordinaten der Tomorrowman Taverne ein. »Und zwar schnell«, fügte er hinzu.
»Fergus, warum glauben Sie, daß ich jegliches Vertrauen in Sie zu verlieren beginne?« fragte Mungo Madoc.
Er saß auf seinem Vorstandssessel im Vorstandszimmer. Schläuche aus zahlreichen bunten Flaschen, die an einem Gestell über ihm baumelten, verschwanden in den verschiedensten Teilen seiner Anatomie. Er sah nicht gerade wie die blühende Gesundheit aus.
Fergus zuckte bloß hilflos
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