Das Musical
entgangen ist.
»Meinen Sie das immer noch vollkommen ernst mit dieser Revolutionsgeschichte? Ich meine, wissen Sie eigentlich, auf was Sie sich da einlassen? Der Dalai Lama wird von der halben Weltbevölkerung verehrt und angebetet. Wenn Sie ihn erledigen, werden Sie nicht gerade mit Beliebtheitspreisen überhäuft.«
»Und deswegen werden wir ihn als das bloßstellen, was er ist. Sind Sie immer noch dabei?«
Rex zuckte die Schultern. »Ich hab’ lange und gründlich darüber nachgedacht. Was ich einfach nicht verstehe ist, wozu Sie mich überhaupt brauchen? Warum benutzen Sie nicht einen von Ihren Zeitkanälen und machen ihm auf diese Weise den Garaus?«
»Gute Frage.« Elvis zupfte an seiner Schmalzlocke. »Warum mache ich das nicht?«
»Steht nicht im Drehbuch, Chef. Und wenn schon, dann muß es nach Drehbuch gemacht werden.«
»Warum?« fragte Rex.
»Ja, warum?« fragte Elvis.
»Weil«, sagte die helle vegetarische Stimme, »weil wir schon jetzt in der Vergangenheit und der Gegenwart herumpfuschen. Wenn wir jetzt auch noch in der Zukunft herumpfuschen, dann kann niemand vorhersagen, wo das alles enden wird.«
»Da«, sagte Elvis und klopfte Rex auf den Rücken. »Jetzt wissen Sie den Grund.«
»Das ist überhaupt nicht der Grund«, widersprach Rex aufgebracht.
»Nun ja, lassen Sie es mich einmal anders ausdrücken, Chef. Wir tun es auf diese Weise, wenn ich weiß, was geschehen wird. Und weil Sie, wenn Sie es auf diese Weise tun, hinterher prima dastehen werden.«
»Ich tue es? Ich meine, ich werde es tun?« fragte Rex ungläubig.
»Ich war dort, Chef. Und außerdem wollen Sie doch sicher auch, daß der Gerechtigkeit Genüge getan wird? Der Dalai Lama hat ein Mitglied Ihrer Familie umgebracht.«
»Meine Tante.«
»O nein, Chef, das meine ich nicht. Er hat Ihren Onkel getötet. Und zwar persönlich.«
Eine Stunde später verließ Rex die Kaverne. Er schraubte seinen Plexiglashelm auf, schlüpfte durch den verborgenen Eingang und starrte über die verbrannte Umgebung. Die erstaunlichen Enthüllungen, die ihm durch den Zeitkohl zuteil geworden waren, hatten die letzten dünnen Fäden zerreißen lassen, die diese alte, heruntergekommene Welt zusammenhielten.
Es war in der Tat eine ziemlich riskante Angelegenheit. Und so geheim, daß sie dem Leser unter allen Umständen zu diesem Zeitpunkt noch verborgen bleiben muß, um nicht den süperben und vollkommen unerwarteten Kniff zu verraten, mit dem dieses Buch endet.
Nur soviel soll verraten werden, daß Rex Mundi von diesem Augenblick an ein Mann mit einer Mission war. Einer Mission, die ihn, abgesehen von einigen gewaltigen Hindernissen, von denen er nicht die leiseste Ahnung hatte, wie er sie lebendig überwinden konnte, die also ihn, Rex Mundi, abgerissen, ungewaschen, pockennarbig und von der Räude gezeichnet, zum sprichwörtlichen Retter der Menschheit machen würde.
Nein, blättern Sie jetzt nicht vor. Sie verderben sich sonst alles.
Dan verließ die beiden vielversprechenden Lamaretten mit einem größeren Problem. Genauer gesagt: wie ein einzelner Mann genügend Kraft aufbringen konnte, es beiden gleichzeitig zu besorgen. Er blieb vor seinem Badezimmerspiegel stehen, streckte seinem Spiegelbild die Zunge heraus und zwinkerte sich zu. Es hatte seine Vorteile, wenn man der Lebende Gottkönig war, kein Zweifel – obwohl sein metaphysisches Repertoire traurigerweise keine Unverwundbarkeit mit einschloß. Und obwohl Dan die Zahl seiner persönlichen Leibwächter verdreifacht und einen magischen Spruch über seine Gemächer ausgesprochen hatte, konnte er nicht umhin, die düsteren Vorzeichen seiner näheren Zukunft zu spüren. Das alles war so verdammt unfair. Hier stand er nun, ein Mann, der Millionen Freude bereitet hatte – nun ja, Tausenden ganz bestimmt – und dort war dieser Verrückte, dessen Kräfte die seinen offensichtlich überstiegen und der nichts anderes im Sinn hatte, als ihn zu töten.
Dan erschauerte.
Dieser Verrückte? Das war nicht irgendein Verrückter, das war Der Verrückte. Der Mann, den er immer gefürchtet hatte. SUN. Der Wiedergeborene. SUN, den die Untergrundpresse anbetete und der, wenn man ihrem Geschreibe glauben schenken durfte, von vielen willkommen geheißen und von einigen wenigen gefürchtet werden würde wie der Tod.
»Willkommen geheißen von vielen«, murmelte Dan. »Dieser Kerl ist ungefähr so willkommen wie ein Haufen in einem Swimmingpool.«
Ohne weitere Umstände gürtete er seine Lenden
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