Das Muster der Liebe (German Edition)
legte und meine Tasche an mich nahm. Ich hatte keine Eile zu hören, wie sich meine schlimmsten Befürchtungen bestätigten.
Peggy führte uns in Dr. Wilsons Büro. Seine gerahmten Zeugnisse schmückten die Wände. Einige Familienfotos standen auf einer Anrichte. Der Schreibtisch aus Mahagoni glänzte und war aufgeräumt – nur meine Akte lag dort. Schon zweimal war ich in diesem Büro gewesen, und jedes Mal hatte Dr. Wilson vernichtende Nachrichten für mich gehabt. Und dieses Mal erwartete ich nichts anderes.
Nachdem meine Schwester sich vorgestellt hatte, schüttelte sie seine Hand.
Dr. Wilson zog seinen großen Ledersessel mit der hohen Lehne zurück und setzte sich an den Schreibtisch. Dann griff er nach meiner Akte, die er in die Mitte des Tisches legte. Er hielt inne und …
“Der Krebs ist wieder da.” Das war keine Frage von mir, sondern eine Feststellung. Der Tumor war entfernt worden, aber es gab bestimmt Metastasen, die sich nicht so leicht behandeln ließen wie der Haupttumor.
“Stimmt das?”, fragte Margaret. Zu meinem Erstaunen bemerkte ich, dass ihre Stimme leicht zitterte.
So oft in der Vergangenheit hatte ich versucht, Margaret zu übertrumpfen – ich wollte ihr immer wieder beweisen, dass ich im Recht war und sie nicht. Die normale Rivalität zwischen Geschwistern. Doch dieses eine Mal wünschte ich mir nichts sehnlicher, als dass ich falsch lag.
Wie gesagt, es gab keinen Grund, optimistisch zu sein. Die Krankheit schien sich zu weigern, meinen Körper zu verlassen. Schon öffnete ich meinen Mund, um zu sagen, dass ich mich gegen eine Behandlung entschieden hatte. Ich besaß weder den Willen noch die Kraft, diesen dritten Kampf zu kämpfen. Nicht ohne meinen Vater.
“Aufgrund Ihrer Krankengeschichte”, begann Dr. Wilson, “ist es wichtig, ganz sicherzugehen, bevor ich eine Diagnose stellen kann. Deshalb habe ich die Probe an eine Krebsspezialistin geschickt.”
Ich hielt den Atem an.
“Was hat sie gesagt?”, fragte Margaret und rutschte auf ihrem Stuhl ganz nach vorn.
“Die Ärztin – wie gesagt, Spezialistin auf dem Gebiet der Krebsforschung – war einer Meinung mit mir. Der Tumor ist gutartig.”
“Gutartig”, wiederholte ich. Hatte ich Dr. Wilson richtig verstanden? Der Tumor war gutartig?
“Ja”, bestätigte er und lächelte mich an. Doch ich stand zu sehr unter Schock, um überhaupt reagieren zu können. “Dieses Mal wird alles gut, Lydia. Sie haben keinen Krebs.” Er stand auf und ging hinüber zu dem Schaukasten für Röntgenaufnahmen. Dann zog er zwei Röntgenaufnahmen aus einem Umschlag und hängte sie vor das erleuchtete Glas. Er nahm einen Kuli in die Hand und deutete auf die Bilder. “Dies ist die erste Aufnahme, die wir gemacht haben, und dies die zweite, die nach der Operation erfolgte.”
“Wollen Sie damit sagen, dass ich keine Bestrahlung oder Chemotherapie brauche?”
Er schüttelte den Kopf. “Es besteht kein Anlass dazu.”
Ich straffte die Schultern.
“Das sind tolle Neuigkeiten, finden Sie nicht?”
In diesem Moment war ich wie gelähmt. Ich konnte ihm nicht zustimmen, ja nicht einmal nicken. Seine Stimme wurde scheinbar immer leiser, während die Nachricht langsam zu mir durchdrang. Mir war mein Leben zurückgegeben worden!
Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich mich erhoben hatte. Aber plötzlich stand ich vor Dr. Wilsons Schreibtisch. Ich schlug die Hand vor den Mund und fürchtete, in Tränen auszubrechen. Zu meinem Erstaunen bemerkte ich in dem Moment, dass Margaret weinte. Sie stand ebenfalls auf, umarmte mich und schluchzte.
“Du wirst wieder ganz gesund”, wiederholte sie. “Oh Lydia, du wirst wieder ganz gesund.”
Dr. Wilson erklärte, dass es ein neues, vielversprechendes Medikament gab, das er mir verschreiben würde. Doch nichts von dem, was er sagte, erreichte mich. Ich war einfach zu glücklich.
Margaret und ich hatten aufgehört zu weinen und lachten mittlerweile – unsere Reaktionen verliefen vollkommen synchron. Unser Gelächter muss hysterisch geklungen haben. Meine Schwester legte irgendwann ihre Finger an die Lippen und sah mich nicht mehr an. Sie versuchte ernsthaft, sich auf die Worte des Arztes zu konzentrieren. Doch mich interessierte nichts von alledem. Ich hatte mein Leben zurückbekommen! Mein schönes, wundervolles Leben gehörte wieder mir!
Erst als wir das Büro verließen, dachte ich an Brad. “Margaret”, sagte ich und ergriff die Schultern meiner Schwester. Plötzlich wich alle
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