Das Muster der Liebe (German Edition)
nicht hören, was der Gesprächspartner am anderen Ende sagte. Zuerst dachte sie, die Person habe sich verwählt, doch plötzlich sagte Doug: “Ja, sie ist hier. Wer spricht da?”
Einen Moment später deckte er mit einer Hand die Sprechmuschel ab und wandte sich an Carol. “Kennst du ein Mädchen namens Alix Townsend?”
Sie nickte. “Hat sie gesagt, was sie will?”
“Nein. Nur, dass sie dich unbedingt sofort sehen muss. Sie ist unten.”
Sie zögerte.
“Soll ich sie reinlassen?”, fragte er.
Wenn Alix mitten in der Nacht zu ihr kam, musste es wirklich wichtig sein. “Ja”, sagte sie zu ihrem Mann. “Lass sie rein.”
“Bist du sicher?”
“Sie braucht vielleicht jemanden zum Reden”, erklärte sie.
“Um diese Uhrzeit?”
Sie küsste ihn auf die Schläfe. “Ja, mein Liebling.”
Sie schlug die Bettdecke zurück und griff nach ihrem Morgenmantel. “Du musst nicht aufstehen.” Sie vermutete, dass Alix als Freundin zu ihr gekommen war und möglicherweise ihren Rat brauchte. Vielleicht steckte sie in einer Krise. In ihrem momentanen Zustand zweifelte Carol zwar daran, Alix eine große Hilfe sein zu können, aber eventuell konnte sie ihr wenigstens zur Seite stehen und zuhören …
Als sie aus dem Schlafzimmer ging, kam sie am Kinderzimmer vorbei. Später würden einige Möbelpacker vom Kaufhaus kommen, um die Babyausstattung wieder mitzunehmen. Zusammen mit der Wiege, dem Wickeltisch und der Kommode würde auch ihr Traum von einer eigenen Familie verschwinden. Nach allem, was sie durchgemacht hatte, nach all der Frustration und den Enttäuschungen, hoffte Carol nun, dass es auf diese Weise einfacher sein würde, loszulassen. Der aussichtslose Kampf um ein Kind hätte beinahe ihre Ehe zerstört, und Doug hatte recht: Es musste ein Schlussstrich gezogen werden. Trotzdem tat es weh, und der Schmerz würde bleiben.
Es klopfte an der Tür. Barfuß huschte sie über den Fliesenboden zur Eingangstür, um das Sicherheitsschloss zu öffnen. Sie schnappte nach Luft, als sie Alix vor sich stehen sah – mit einem Kind auf dem Arm.
“Hier”, sagte Alix und hielt ihr das Baby entgegen. “Dieser Kleine braucht eine Mutter.”
Carol starrte ungläubig auf das Neugeborene, das in ihren Armen lag. Sprachlos blickte sie Alix an. Sie wusste überhaupt nicht, was sie denken sollte. Was sie sagen sollte, war ihr ebenfalls ein Rätsel.
“Ich habe ihn auf die Welt geholt”, erklärte Alix.
“Wessen …?” Carol konnte keinen klaren Gedanken fassen, geschweige denn einen Satz herausbringen.
“Meine Mitbewohnerin wollte das Kind nicht. Ich sollte es loswerden. Sie hat mir gesagt, dass sie den Kleinen in einen Müllcontainer werfen würde, wenn ich ihn nicht nehme. Er braucht jetzt eine Mutter und einen Vater. Er braucht jemanden, der ihn liebt.”
Das schien alles nicht wahr, nicht möglich zu sein. Das Einzige, was Carol in den Sinn kam, war, nach ihrem Ehemann zu rufen. Aber ihre Stimme versagte den Dienst. Obwohl sie nicht glaubte, dass er sie gehört hatte, kam Doug einen Augenblick später aus dem Schlafzimmer. Er trug nur seine Pyjamahose.
“Hi”, sagte Alix und klang so anders als sonst, dass Carol sie überrascht anblickte. “Ich bin Alix. Wir haben gerade telefoniert.”
“Alix hat uns ein Baby vorbeigebracht”, sagte Carol tonlos, und Tränen schimmerten in ihren Augen.
Doug sah zwischen den beiden Frauen hin und her. Genau wie Carol schien er nicht zu wissen, wie er reagieren sollte. Doch zum Glück hatte er sich schnell wieder im Griff. “Ich denke, wir sollten uns alle zusammensetzen und darüber reden.”
“Es ist alles ganz legal”, versicherte Alix. “Laurel hat eine Verzichtserklärung unterschrieben.” Sie griff in ihre Tasche, zog das Blatt Papier heraus und reichte es Doug. “Laurel muss ins Krankenhaus, und wenn sie erst einmal da ist, werden die Behörden sich der Sache annehmen. Aber ich denke, ihr könnt die Formalitäten schnell regeln. Wenn ihr das Kind bei euch habt, ist es schon so gut wie eures, stimmt’s? Endlich seid ihr Eltern.”
“Wir sollten eine Kanne Kaffee kochen”, schlug Carol vor. Die Gedanken in ihrem Kopf überschlugen sich. Alles, was sie wusste, war, dass sie hier stand und ein Neugeborenes in den Armen hielt.
“Ich kümmere mich um den Kaffee”, sagte Doug. Carol nickte dankbar. Sie betrachtete das schlafende Baby, und ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Allein der Gedanke, dass seine Mutter den Kleinen wie ein Stück Abfall in
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