Das Muster der Liebe (German Edition)
lebendig aus dieser Situation herauskamen.
“Nein, das können sie
nicht
!”, rief Alix, als die beiden Typen auf sie zukamen. “Geh in den Laden!”
“Nein!” Jacqueline wusste nicht, woher sie den plötzlichen Mut nahm, doch sie hob ihre Tasche auf und schleuderte sie – wie eine Waffe – über ihrem Kopf. Sie hatte siebenhundert Dollar dafür bei Gucci bezahlt, und sie leistete ihr gute Dienste – vor allem, als sie den kleineren Gangster am Kopf traf. Ralph heulte vor Schmerz auf.
“Was ist da los?”, rief Lydia und blickte aus der Hintertür ihres Geschäfts.
“Ruf die Polizei!”, schrie Jacqueline panisch.
Alix stand in gebückter Haltung vor den beiden Männern und hielt drohend ihr Messer in der linken Hand. Die Ganoven warfen einen Blick auf die zu allem entschlossenen Frauen und auf den leeren Türrahmen, in dem kurz zuvor noch Lydia gestanden hatte. Dann sahen sie einander an und ergriffen die Flucht.
Sobald sie außer Sichtweite waren, begann Jacqueline wie Espenlaub zu zittern. Es begann in den Händen, kroch die Arme hinauf und bis zu den Beinen. Ihre Knie schienen plötzlich ein Eigenleben zu führen.
“Alles in Ordnung?”, fragte Alix.
Wortlos schüttelte Jacqueline den Kopf.
“Die Polizei ist unterwegs”, rief Lydia.
“Larry und Ralph sind weg.” Alix legte den Arm um Jacquelines Taille und führte sie durch die Hintertür in den Wollladen.
Der Tisch schien kilometerweit entfernt zu sein. Als Jacqueline ihn endlich erreichte, fiel sie auf einen der Stühle.
“Ich … ich hätte umgebracht werden können.” Sie spürte noch immer die Blicke dieser Männer. Gott allein wusste, was sie mit Jacqueline gemacht hätten, wenn Alix nicht vorbeigekommen wäre.
“Alix”, stieß sie atemlos hervor, “du hast mir das Leben gerettet.” In dem Moment wollte Jacqueline all die bösen Gedanken, die sie dem Mädchen gegenüber gehegt hatte, zurücknehmen. Ihr war egal, welche Farbe Alix’ Haar hatte. Dieses Mädchen hatte sie vor einem Schicksal bewahrt, das sie sich nicht ausmalen wollte.
Alix setzte sich neben sie, und Jacqueline bemerkte, dass sie ebenfalls zitterte. Es war ihr wirklich gelungen, so zu wirken, als hätte sie keine Angst. Doch in Wirklichkeit hatte sie genauso eine Panik wie Jacqueline.
Draußen ertönte eine Sirene. Lydia eilte zum Eingang des Ladens, um die Polizisten abzuholen. Einige Minuten später betraten zwei Officer den Laden.
Die drei Frauen fingen an, wild durcheinanderzureden. Jacqueline meinte, sie sei diejenige, die den Vorfall schildern müsste, denn sie war schließlich bedroht worden. Sie sprach also weiter und wurde dabei immer lauter, um die anderen beiden zu übertönen.
“Nur eine von Ihnen auf einmal, meine Damen”, sagte der erste Officer und hob beschwichtigend die Hände. Er war jung und sah nett aus. Jacqueline erinnerte er an ihren Sohn. Paul würde sicher außer sich sein, wenn er erführe, dass sie beinahe ausgeraubt worden wäre.
Der Officer begann Jacqueline zu vernehmen. Als er fertig war, kam Alix an die Reihe. Schließlich stellte er Lydia noch ein paar Fragen. Jede der Frauen beschrieb die Männer ein bisschen anders. Alix weigerte sich jedoch, ins Detail zu gehen. Sie kannte die beiden immerhin. Zuerst wollte sie die Namen der beiden verschweigen, doch Jacqueline gab sie zu Protokoll.
Nun, da die Beschreibungen der beiden Typen fertig und die Vornamen bekannt waren, war es sicherlich nur eine Frage der Zeit, bis sie gefasst würden. Jacqueline hatte sich dafür entschieden, Anzeige zu erstatten. Während sie sprach, hielt sie unentwegt ihre Tasche mit beiden Händen fest umklammert.
“Sie beide kennen sich?”, fragte der eine Polizist und sah zwischen Jacqueline und Alix hin und her.
“Aber natürlich”, erwiderte Jacqueline. “Wir stricken zusammen.”
“Ja”, brummelte Alix und reckte herausfordernd das Kinn vor. “Jacqueline und ich sind Freundinnen.”
“Sie hat mich vor Gott weiß was bewahrt”, sagte Jacqueline leise.
Der Officer schüttelte den Kopf. “Es wäre besser gewesen, Sie hätten den beiden einfach die Tasche gegeben.”
Jacqueline wusste, dass er recht hatte. Jedes Buch über das Leben und Überleben in der Großstadt lehrte den Leser genau diese Regel: Wenn man angegriffen wurde, sollte man die Habseligkeiten fallen lassen und rennen.
Als die Polizisten schließlich gegangen waren, sah Jacqueline zu Alix herüber, die inzwischen am Tisch gegenüber saß. “Ich weiß nicht, wie ich
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