Das Muster der Liebe (German Edition)
darüber.”
Jacqueline verstand das.
“Aber mein Daddy liebt Mama. Genauso, wie Reese dich liebt.”
Schlagartig hörte Jacqueline auf zu lachen. Ihr Mann liebte sie seit Jahren nicht mehr. Ihre Ehe bestand nur noch, weil es bequem war und beide daraus ihren Nutzen ziehen konnten. Sie beklagte sich nicht über seine Verabredungen am Dienstag, und er regte sich nicht über ihre Shoppingtouren auf. Sie waren sich einig. Doch von der Liebe, die sie zu Beginn ihrer Ehe füreinander empfunden hatten, war nicht mehr viel übrig.
“Tammie Lee?” Pauls Stimme erklang von nebenan aus dem Esszimmer.
“Hier in der Küche mit deiner Mutter”, antwortete sie fröhlich.
Vater und Sohn kamen in die Küche.
“Du musst erschöpft sein”, sagte Paul und lächelte seine Frau so liebevoll an, dass es Jacqueline wehtat, zuzuschauen. “Wollen wir nach Hause fahren?”
Sie nickte, und Paul half ihr beim Aufstehen. Dann, zu Jacquelines Entsetzen, beugte sie sich vor und schlang ihrer Schwiegermutter die Arme um den Nacken.
“Danke”, flüsterte Tammie Lee und umarmte sie voller Wärme.
Jacqueline wusste nicht, wie sie darauf reagieren sollte. Also legte sie vorsichtig ihre Arme um ihre Schwiegertochter und drückte sie. Es war so lange her, dass jemand sie einfach so und mit so viel Zuneigung umarmt hatte, dass sie spürte, wie Tränen in ihre Augen traten.
“Du bist eine wundervolle Schwiegermutter”, sagte Tammie Lee leise. “Ich glaube, ich bin die glücklichste Frau der Welt.”
Über Tammie Lees Schulter hinweg warf Jacqueline ihrem Mann einen Blick zu. Und plötzlich hatte sie den Eindruck, dass etwas Starkes, ein tiefes Gefühl in seinen Augen aufblitzte. Fühlte er möglicherweise immer noch etwas für sie? War das der Grund, weshalb er so wütend geworden war, als er erfuhr, dass sie in der Nebenstraße geparkt hatte? Konnte es sein, dass Tammie Lee
das
mit ihrer Geschichte sagen wollte?
Der Gedanke daran war beinahe unfassbar.
28. KAPITEL
C arol Girard
Carol kam als Erste zum Strickkurs am Freitagnachmittag. Sie war extra früh da, um in Lydias Buch mit Strickmustern nach einem neuen Projekt zu suchen.
“Ich dachte, du strickst einen Pullover für deinen Bruder”, sagte Lydia, als Carol die Seiten mit den Mustern für Männerpullis auffallend schnell durchblätterte.
“Damit habe ich angefangen. Aber im Moment bin ich einfach zu wütend auf ihn.” Seit einer Woche hatte Carol nicht mehr mit Rick gesprochen. Das war an sich noch keine Seltenheit. Doch sie hatte gehofft, er würde nach seiner Beichte mit ihr in Kontakt bleiben. Dieses Mal würde sein Charme allein nicht ausreichen, um ihn aus dem Schlamassel herauszuholen. Für dieses Problem gab es keine einfachen Antworten und Lösungen.
Das Glöckchen über der Tür erklang. Carol musste tatsächlich zweimal hinschauen – denn herein kam Alix, die eine Jeans und ein T-Shirt trug. Es war das erste Mal, dass Carol sie ohne ihren schwarzen Ledermantel, eine schwarze Hose oder einen lächerlich kurzen Rock sah. Und auch ihr Haar sah weniger … punkig aus. Carol wollte gerade etwas sagen, verkniff sich dann jedoch jeglichen Kommentar. Alix stand nicht gern im Mittelpunkt, auch wenn sie offenbar unbedingt anders sein wollte. Wenn das kein Widerspruch in sich selbst war, wusste Carol es auch nicht.
“Hi”, sagte Alix und schlenderte lässig zum Tisch. Sie wirkte selbstbewusst und blickte Lydia und Carol herausfordernd an. Doch die beiden schwiegen nur lächelnd. Alix setzte sich auf einen Stuhl und holte ihr Strickzeug aus einer Plastiktüte mit dem Logo des Videoladens.
“Hi”, grüßten nun auch Lydia und Carol.
“Wie läuft die Schwangerschaft?” Alix Stimme klang beiläufig – für sie schien es eine ganz normale Frage zu sein.
Carol bemerkte, wie Lydia vorsichtig zu ihr herübersah. Keine der Frauen hatte bis jetzt den Mut gehabt, sie nach ihrem Befinden zu fragen. “So weit, so gut”, antwortete Carol. “Ich pinkle immer noch blau.”
“Was?” Alix hob den Kopf.
“Der Test, den ich regelmäßig machen muss, färbt sich blau, wenn man schwanger ist”, erklärte Carol. Da ihr eine befruchtete Eizelle eingesetzt worden war, lag das Problem nicht darin, schwanger zu
werden
– sondern vielmehr darin, schwanger zu
bleiben
. Bereits zweimal hatte sie innerhalb der ersten beiden Wochen das Baby verloren. Dass sie nun schon so lange schwanger war, zeigte, dass es Hoffnung gab. Aber wirklich sicher war bei einer künstlichen
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