Das Muster der Liebe (German Edition)
Befruchtung nichts. Die ersten drei Monate waren die riskantesten. Von einer Frau aus der Online-Gruppe hatte sie vor Kurzem gehört, dass sie zweieinhalb Monate lang schwanger gewesen war, nur, um dann das Baby doch noch zu verlieren. Es hatte ihr das Herz gebrochen. Und jedes Mitglied der Gruppe konnte ihren Schmerz verstehen.
Die Tür ging wieder auf, und Jacqueline kam herein. Ihre Armreifen klimperten. Sie trug einen maßgeschneiderten Hosenanzug, den Carol ein bisschen zu schick für einen Strickkurs fand. Diese Frau genoss es offensichtlich, ihre Auftritte zu zelebrieren. Es schien, als sollte jeder bemerken, dass sie da war – und sich entsprechend verhalten. Doch das war Carol egal. Sie konnte damit umgehen, denn inzwischen hatte sie
jede
der Teilnehmerinnen des Strickkurses in ihr Herz geschlossen.
Sie und Jacqueline strickten mittlerweile schon an neuen Projekten. Die Einzige, die noch immer an der Babydecke arbeitete, war Alix. Carol vermutete, dass sie kein Geld hatte, um sich neues Garn zu kaufen.
“Ich fange einen neuen Pullover an”, erklärte Carol und blätterte die Strickmuster durch.
“Was ist mit dem anderen?”, fragte Alix erstaunt. Carol wusste, dass die graue Kaschmirwolle ihr besonders gut gefallen hatte.
“Ich habe keine Lust mehr, daran weiterzuarbeiten”, erklärte Carol und sah sie an. “Möchtest du die Wolle haben?”
Alix’ Augen begannen zu leuchten. “Willst du sie nicht mehr?”
“Nicht wirklich.”
“Und was ist mit dem Muster? Brauchst du das noch?”
“Nein.”
“Cool!” Alix stopfte ihr Strickzeug zurück in die Plastiktüte und rieb sich vor Freude beinahe die Hände. “Ich habe die Decke fast fertig und würde den Pullover gern für einen … Freund stricken.”
“Für wen?” Jacqueline blickte Alix erwartungsvoll an.
“Für einen Freund, wie ich schon sagte”, murmelte Alix.
“Sei nicht so gemein zu mir”, rief Jacqueline. “Ich war nur interessiert.”
Jacqueline war daran interessiert, was Alix machte? Einige Wochen zuvor wäre das noch unvorstellbar gewesen, dachte Carol. Das vollkommen neue Verhältnis zwischen den beiden hatte mit dem Überfall in der Seitenstraße begonnen. Zwar waren sie noch immer bissig zueinander, aber das wohl mehr aus einer Gewohnheit heraus als aus Überzeugung.
“Ich wusste gar nicht, dass du einen Freund hast”, sagte Lydia und lächelte Alix an.
“Hab ich auch nicht”, erwiderte Alix schnell – zu schnell, um wirklich überzeugend zu sein.
“Für wen ist dann der Pullover?”
“Wie ich schon sagte: für einen Freund.”
“Sicher”, murmelte Jacqueline und grinste. Sie blinzelte Alix zu, deren Wangen sofort von einer zarten Röte überzogen wurden.
“Wenn es so wichtig ist … Er ist ein Typ, den ich im Videoladen kennengelernt habe”, sagte Alix missmutig. Trotzdem wurde Carol das Gefühl nicht los, dass Alix es ihnen eigentlich erzählen wollte …
“Mag er dich?”, erkundigte sich Jacqueline.
Alix zuckte die Schultern. “Das hat er jedenfalls getan, als wir in der vierten Klasse waren – aber er wird Pfarrer, und ich sehe uns beide noch nicht gemeinsam in den Sonnenuntergang reiten. Wenn ihr versteht, was ich meine.”
“Warum nicht?”, fragte Lydia. “Auch Seelsorger und Pfarrer haben ein Leben.”
Alix senkte den Kopf und konzentrierte sich auf ihr Strickzeug. “Er küsst gut”, sagte sie schließlich leise.
Natürlich erregten diese Worte das Interesse der gesamten Gruppe. Kurz darauf führten die Frauen eine lebhafte Diskussion.
“Reese war auch ein guter Küsser … damals”, erzählte Jacqueline. “Ich erinnere mich noch genau daran, als er mich zum ersten Mal küsste. Jede einzelne Zelle in meinem Körper schien nahezu zu explodieren.”
Carol musste schmunzeln, als sie den träumerischen Ausdruck auf Jacquelines Gesicht bemerkte. “Ich dachte, ich wäre gestorben und im Himmel, als Doug mich zum ersten Mal küsste.” Sie bemerkte, dass Lydia begonnen hatte, im Laden herumzulaufen und Wolle zu ordnen. “Was ist mit dir, Lydia?”, wollte Carol wissen.
Lydia fuhr herum. Sie wirkte, als sei sie nicht gerade begeistert, in das Gespräch einbezogen zu werden. “Ich glaube, ich habe dabei nie mehr gespürt als einen … Kuss. Es war zwar immer schön, aber es war nichts Weltbewegendes.”
“Eines Tages wird es das sein”, entgegnete Jacqueline.
“Denkt ihr nicht, dass ihr viel zu viel Wert auf einen einfachen Kuss legt?”, fragte Lydia. “Meine Güte, wir
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