Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das mysteriöse Pergament 01 - Begegnungen (German Edition)

Das mysteriöse Pergament 01 - Begegnungen (German Edition)

Titel: Das mysteriöse Pergament 01 - Begegnungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiko Rolfs
Vom Netzwerk:
schüttelten mit dem Kopf und sahen ihn erwartungsvoll
an.
    „Ich habe sie von einem Araber, einem weisen Mann“, erklärte
der Graf und nahm noch einen Schluck aus seinem Becher, bevor er begann: „Eines
Tages kamen drei Weise zu Gott und jeder stellte ihm eine Frage. Der Erste
fragte: ‚Sag mir bitte, Gott, wann werden die Juden in Frieden leben können?’
    ‚wenn man sie lässt’, antwortete Gott, ‚aber das wirst du
nicht mehr erleben.’ Da senkte der Weise sein Haupt und wurde sehr traurig.“
    Wieder nahm Rainulf einen Schluck, bevor er fortfuhr: „Jetzt
trat der zweite Weise vor und fragte: ‚Wann werden die Moslems aufhören,
friedliche Pilger zu überfallen?’
    ‚Wenn sie einsichtig werden’, entgegnete Gott, ‚aber das
wirst du nicht mehr erleben.’
    Der Weise senkte sein Haupt und wurde sehr traurig.
    Nun trat der dritte Weise vor und fragte: ‚Sag mir, Gott,
wann werden die Christen endlich aufhören, in Deinem Namen Kriege zu führen und
Menschen zu töten?’“
    Wie gebannt hingen die Ritter an Rainulfs Lippen, als er
genüsslich noch einen Schluck Wein trank, bevor er weiter sprach. „Gott sah den
Weisen lange an, dann senkte er sein Haupt und wurde sehr traurig.“
    Eine Weile war es still am Lagerfeuer, nur das Knacken der
Zweige und das Prasseln des Feuers war zu hören.
    Einige Ritter nickten versonnen vor sich hin.
    „Der Papst ist nicht Gott“, sagte Graf Rainulf bestimmt.
Dann hob er seinen Becher und rief: „Wir kämpfen für unseren Kaiser Federico,
für unsere Heimat, für unsere Freiheit, für unsere Familien. Warum sollte Gott
nicht mit uns sein?“ 
    „Gott ist mit uns!“, riefen wir alle wie aus einer Kehle und
tranken ihm zu.
    „Wenn wir Süditalien zurückerobert haben, wird der Papst zu
Kreuze kriechen“, sagte ich grimmig.
    „Zu Kreuze kriechen!“, johlten einige Ritter, „oh ja, er
wird zu Kreuze kriechen.“ Diese Metapher gefiel ihnen. 
    „Er kann froh sein, wenn Friedrich ihn in seinem
Kirchens-taat unges-horen lässt“, meinte Sven.
    „Oh ja! Wir werden ihm kräftig in seinen heiligen Arsch
treten!“, rief ein älterer, vierschrötiger Landsknecht und erntete lauten
Beifall.

VIII
Gnadenlos
    Brachetmond Anno 1229
                                                                                                     
    Ohne Verzug schickte Friedrich Boten aus, um die ihm treuen Adligen
um sich zu sammeln und sein Land zurückzuerobern. Auch wenn die meisten
fränkischen Ritter in ihre Heimatländer aufgebrochen waren, verfügte er noch
immer über eine ungeheure Streitmacht.
    Ich hatte mich mit meinen drei Waffenknechten bei Rainulf gemeldet,
dem über fünfhundert Ritter und tausend Bogenschützen und Fußsoldaten
unterstanden. 
    Zunächst stieß die kaiserliche Streitmacht auf wenig
Widerstand. Die meisten Städte öffneten uns die Tore und empfingen ihren
Federico euphorisch. Viele einheimische Adlige, die sich vor dem päpstlichen
Heer zurückgezogen hatten, stießen jetzt zu uns und schlossen sich dem Heer
ihres Königs an, das sich dadurch ständig vergrößerte.
    Unaufhaltsam rückten wir vor und machten die Burgen der
abtrünnigen Barone dem Erdboden gleich. Die wenigen Städte, die uns Widerstand
leisteten, wurden geschleift und geplündert, ihre Bewohner konnten keine Gnade
erwarten.
    Hier erlebte ich Grausamkeiten gegenüber der
Zivilbevölkerung, die ich niemals vergessen werde. In ihrem Blutrausch machten
die Sieger auch vor hilflosen Alten und Kindern nicht Halt und hieben und
stachen auf alles ein, was sich bewegte. Ich sah, wie Frauen jeden Alters
vergewaltigt wurden, oft mehrmals hintereinander, bis der Tod sie endlich von
ihren Qualen erlöste.
    Nicht nur einmal hielt der hünenhafte Normanne Sven mich
gerade noch zurück, wenn ich dazwischen gehen wollte, um ein Kind oder eine
wehrlose Frau zu retten.
    „Deine Ritterlichkeit in allen Ehren“, pflegte mein Freund
dann zu sagen, „aber du solltest dich beherrs-hen, sonst wird es dich den Kopf
kosten.“
    Natürlich wusste ich, wie sinnlos der Versuch wäre,
eingreifen zu wollen. Selbst wenn es mir gelänge, ein einzelnes Kind oder eine
Frau vor dem Blutrausch eines Soldaten zu retten, würden sie kurz darauf dem
Nächsten zum Opfer fallen. Man konnte sich bestenfalls raushalten. Wer einen
der eigenen Leute angriff, musste mit harter Bestrafung rechnen, falls er nicht
an Ort und Stelle

Weitere Kostenlose Bücher