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Das mysteriöse Pergament 01 - Begegnungen (German Edition)

Das mysteriöse Pergament 01 - Begegnungen (German Edition)

Titel: Das mysteriöse Pergament 01 - Begegnungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiko Rolfs
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Rauch über dem Wald
aufsteigen sahen. Er kam aus der Richtung, in der sich die Hütte der beiden
Frauen befand.
    „Ein Waldbrand?“, vermutete Conrad laut.
    Weder er noch Line wollten daran glauben, dass der Rauch von
Gretes Hütte kam. Alarmiert beschleunigten sie ihre Schritte, innerlich auf
eine böse Überraschung gefasst.
    Aber was sie tatsächlich erwartete, überstieg ihre
schlimmsten Befürchtungen.

XIV
Der fremde Ritter
    Scheidingmond
Anno 1229
                                                                                              
    Völlig außer Atem kamen Conrad und Line auf der kleinen
Lichtung an. Das Bild, das sich ihnen dort bot, überstieg ihre schlimmsten
Befürchtungen und ließ ihnen das Blut in den Adern gefrieren. Von der Hütte
waren nur noch ein paar verkohlte Balken übrig, nur der gemauerte Schlot ragte
aus den Trümmern.
    Line schlug die Hände vor den Mund.
    Die alte Grete war nirgends zu sehen. Lieber Gott, lass sie
nicht zu Hause gewesen sein, als, als das Unglück geschah, dachte Conrad. Aber
sein Wunsch erfüllte sich nicht. Als sie näher kamen, sahen sie eine reglose
Gestalt im Gras liegen.
    Mit einem Aufschrei stürzte Line zu ihr und warf sich
schluchzend über sie.
    Conrad sah auf den ersten Blick, dass hier nichts mehr zu
machen war. Die Alte lag auf dem Rücken und blickte mit offenen, gebrochenen
Augen in den Himmel. In ihrer Brust klaffte eine Wunde, das Kleid war
blutdurchtränkt und unter ihr hatte sich eine Blutlache gebildet.
    Neben der alten Frau lag ein zerrissener blassroter Ärmel.
Wilde Wut stieg in Conrad auf. Er dachte an den dürren Kerl mit dem
abgerissenen Ärmel und wusste, hierfür waren dieselben Männer verantwortlich,
die Line am See überfallen hatten.
    Erschüttert sah Conrad auf die Szene. Die Hütte war nicht
mehr zu retten, der Ziegenpferch war zerstört, die Tiere verschwunden.
    Er sah zu Line herüber, die wie ein Häuflein Unglück vor
ihrer toten Großmutter kniete und bitterlich weinte.
    Es brach ihm schier das Herz. Er fühlte sich für das Mädchen
verantwortlich. Er wusste, dass sie außer der alten Frau niemanden hatte.
    In diesem Moment fasste er einen Entschluss. Er würde Line
niemals mehr allein lassen. Falls sie einverstanden war, wollte er sie mitnehmen
in seine Heimat. Da die Hütte nicht mehr bewohnbar war, mussten sie wohl oder
übel trotz des bevorstehenden Winters aufbrechen.
    Er ging zu ihr und legte ihr vorsichtig eine Hand auf die
Schulter.
    „Sie hat niemandem etwas getan, sie hat den Menschen immer
nur geholfen“, schluchzte das Mädchen. „Warum sie?“
    Darauf wusste Conrad natürlich keine Antwort.
    „Was soll ich jetzt tun?“, fragte sie hilflos.
    „Wir werden deine Großmutter begraben.“
    „Sie war nicht meine Großmutter“, sagte Line leise.
    Erstaunt blickte Conrad auf, aber da sie nicht weiter
sprach, wollte er nicht in sie dringen. 
    „Morgen früh brechen wir auf“, sagte er bestimmt.
    „Aufbrechen?“, das Mädchen sah ihn an. Tränen standen in
ihren Augen.
    „Hier können wir nicht bleiben, Line. Wenn…“, er stockte
kurz, „wenn du möchtest, nehme ich dich mit in meine Heimat.“
    Line nickte mechanisch. Wo sollte sie auch hin? Obwohl sie
keine Ahnung hatte, wo die Heimat des jungen Ritters lag, würde sie ihm folgen.
Sie wollte hier weg und er war der einzige Mensch, der ihr nahe stand.
    Conrad war erleichtert über ihre Zustimmung. Er hätte es
niemals fertig gebracht, Line allein zu lassen.
    Mühevoll hoben sie mit Hilfe von Conrads Schwert eine Grube
aus und betteten die alte Heilerin hinein.
    Halblaut murmelte Line Gebete vor sich hin. Zu Conrads
großem Erstaunen sprach sie lateinisch.
    Er beobachtete, wie das Mädchen sich an Gretes Grab setzte.
Die alte Grete war für sie mehr gewesen als eine Frau, mit der sie ein Haus,
die Arbeit und das Essen teilte. Sie hatte ihr ein Zuhause gegeben,
Geborgenheit und Liebe. Sie war ihre Familie gewesen.
    Plötzlich stand Line auf, warf den Kopf in den Nacken und
gab einen lang gezogenen, verzweifelten Schrei von sich.
    Erschüttert sah Conrad, wie sie mit schmerzverzerrtem
Gesicht ihren Kummer in die hereinbrechende Dämmerung hinausschrie, während ihr
die langen Haare um das Gesicht wehten. Dann sackte sie in sich zusammen, barg
ihr Gesicht in den Händen und weinte bitterlich.
    Eine Weile überließ er das Mädchen ihrem Schmerz. Manchmal
war es besser,

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