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Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)

Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)

Titel: Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)
Autoren: Heiko Rolfs
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Essen und
Schlaf bekam.
    Ihre Haarfarbe konnte man nur vermuten, denn sie trug ein
eng anliegendes Schultertuch, das Stirn, Kopf und Nacken verbarg, darüber einen
weiten Schleier. Ihre wollene Tunika war einfach geschnitten und schmucklos,
und sie war barfuß. Nur ihre Haltung verriet ihre hohe Herkunft als Tochter des
ungarischen Königs und Landgräfin von Thüringen. 
    Sie hoben die Becher und tranken. Die Nonne Elisabeth dankte
Conrad noch einmal höflich und entschuldigte sich mit der vielen Arbeit, die
noch auf sie wartete.
    Als sie sich umdrehte, sah Line eine einzelne Träne über ihr
ausdrucksloses Gesicht rollen.
    „Eine wirklich außergewöhnliche Frau“, bemerkte Conrad
beinahe ehrfürchtig, als sie wieder draußen auf der Gasse waren. Ihn hatte die
Begegnung genauso beeindruckt wie Line.
    Als sie in der Gastwirtschaft beim halbwegs genießbaren
Abendmahl saßen und über ihren Besuch im Hospital sprachen, mischte sich
plötzlich der Wirt ein und gab seinen Kommentar dazu: „Wenn Ihr mich fragt,
Elisabeth ist eine Heilige. Sie hat auf all ihren Reichtum verzichtet, um in
Armut zu leben und den Kranken und Armen zu helfen. Viele glauben, sie ist von
Gott gesandt. In ihrem Hospital genesen Menschen, die von den Badern und Ärzten
längst aufgegeben worden sind. Man sagt, sie habe heilende Hände. Ich bin
sicher, sie ist eine Heilige.“
    Dann schaute er in die Runde. „Verzeiht, dass ich Euer
Gespräch unterbrochen habe, verehrte Herren, aber das musste ich sagen“,
beeilte er sich hinzuzufügen, als er Martins missbilligenden Blick sah.
    „Du hast vollkommen recht“, sagte Conrad, „bring uns noch
einen Krug Wein.“
    Dienstbeflissen eilte der Wirt davon.
    „Sie ist wahrhaftig eine Heilige“, bekräftigte Conrad und
hob seinen Becher. „Auf Elisabeth von Thüringen, die wie keine andere Frau Demut
und Stolz in sich verbindet, in freiwilliger Askese lebt, die Armen speist und
die Kranken heilt. Möge sie die Edlen beschämen und ihnen ein Beispiel an
Nächstenliebe geben.“
    „Amen“, sagte Li Chan und grinste frech.
    „Auf Elisabeth“, sagten alle wie ein Chor und hoben die
Becher.
     
     
     
     
     
     

XXIII
Der Überfall
    Brachetmond Anno 1230    
                                                                                                                    
    Seit mehreren Wochen hatten die Reisenden Marburg hinter
sich gelassen und waren gut vorangekommen. Jetzt waren sie bereits in Holstein
und näherten sich langsam Lübeck. In einem Waldstück hatten sie ihr Lager
aufgeschlagen, um wieder einmal im Freien zu übernachten. Die Nächte wurden
immer milder und in den letzten Tagen hatte es kaum geregnet.
    Geronimo hatte gerade seine Notdurft hinter einem Gebüsch
verrichtet, als er plötzlich ein Geräusch hörte, das nicht von einem Tier
stammen konnte. Es waren unverkennbar Schritte, die langsam auf ihn zukamen.
    Zuerst glaubte er, es wäre ein anderer Lagerbewohner, der
sich ebenfalls erleichtern wollte.
    Aber eine innere Eingebung ließ ihn misstrauisch werden und
sich hinter einen Busch ducken. Wenn es einer der Soldaten war, warum schlich
er dann so vorsichtig durch das Unterholz, als wolle er möglichst kein Geräusch
verursachen? Außerdem näherten sich die Geräusche nicht aus der Richtung, in
der das Lager war, sondern von der anderen Seite.
    Der Junge legte sich gänzlich auf die Erde und verbarg sich
unter einigen tief hängenden Ästen. Dann lauschte er angespannt und wagte dabei
kaum zu atmen.
    „Wie viele sind es?“, hörte er eine raue Stimme flüstern.
„Ein Ritter, fünf berittene Waffenknechte und sechs Fußsoldaten, von denen drei
die Wagen lenken. Ein weiterer, kleinerer Mann ist dabei, gut gekleidet, aber
schlecht bewaffnet, wahrscheinlich ein Kaufmann. Bei ihnen sind mindestens fünf
Frauen.“
    „Keine leichte Beute“, raunte eine andere Stimme.
    „Aber umso wahrscheinlicher eine lohnende. Warum sollte man
die Wagen sonst so gut bewachen? Du hast Hartmut gehört. Wir warten hier, bis
es dunkel wird, genau wie die anderen.“
    Das war wieder die erste Stimme.
    Dem Jungen lief es kalt über den Rücken. Wollten diese Kerle
etwa ihr Lager überfallen? Die nächsten Worte ließen keinen Zweifel mehr zu. 
    „Das wird ein Kinderspiel“, hörte er wieder die andere
Stimme flüstern. „Wir haben ihr Lager bereits umstellt. Wir brauchen nur
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