Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)
noch
auf die Dunkelheit zu warten, wenn sie sich schlafen gelegt haben, dann
schlagen wir zu. Wartet auf Hartmuts Zeichen, den Käuzchenruf. Und jetzt hockt
euch hin und haltet Ruhe.“
Die Stimmen verstummten und Stille trat ein. Nur das Singen
der Vögel und das Rauschen der Blätter im Wind waren zu hören.
Geronimo zitterte vor Angst und Aufregung. Er musste
unbedingt sofort zum Lager zurück und die anderen warnen. Aber wie sollte er
hier unbemerkt wegkommen? Er konnte die Fremden nicht sehen und wusste nicht,
wie viele es waren. Wenn er nur das kleinste Geräusch machte, würde er sich
verraten und sein Leben wäre verwirkt. Es mussten viele sein, wenn sie sich an
einen so gut bewachten Wagenzug heranwagten.
Geronimos Herz schlug so laut, dass der Junge fürchtete, die
Wegelagerer könnten ihn hören. Es dämmerte bereits, in ein paar Stunden würden
die Wegelagerer zuschlagen. Er musste handeln. Alles hing jetzt von ihm ab.
Ganz langsam, Zoll für Zoll, schob Geronimo sich rückwärts
über das feuchte Laub, jeden Moment darauf gefasst, entdeckt zu werden. Dann
bliebe ihm nur noch, um sein Leben zu laufen. Er nahm sich vor, in dem Fall so
laut zu schreien wie er nur konnte, um die Anderen zu warnen.
Als sich der Junge nach endlos erscheinender Zeit endlich
ein paar Fuß zurückgezogen hatte, wagte er es, sich ganz langsam aufzurichten.
Auf allen Vieren kroch er weiter. Plötzlich brach unter ihm ein Ast. Entsetzt
kauerte er sich zusammen und horchte. Aber alles blieb still. Wenn die fremden
Männer das Geräusch gehört hatten, mussten sie glauben, es wäre von einem Tier
verursacht worden, vielleicht einem Igel, der durch das Unterholz kroch.
Langsam normalisierte sich Geronimos Herzschlag wieder und
er schlich noch vorsichtiger weiter. Der Mann hatte davon gesprochen, dass sie
das Lager umzingelt hätten. Jeden Moment konnte er also auf weitere Wegelagerer
stoßen, die auf das Angriffssignal warteten.
Unendlich langsam näherte er sich dem Lager. Auf keinen Fall
wollte er noch einmal auf einen Ast treten.
Zitternd, mit kalkweißem Gesicht und schlotternden Knien
erreichte der Junge endlich das Lager. Er wankte auf Conrad zu, der ihn auffing
und besorgt anschaute. „Was ist geschehen, Geronimo, hast du einen Geist
gesehen?“
„D-d-d-da s-sind M-männer“, stammelte Geronimo. „Sie–sie
wo–wollen….“
„Ruhig“, sagte Conrad, „hole erst einmal tief Luft. Und dann
erzähle, was du gesehen hast.“
Geronimo holte Luft, dann sprudelte es aus ihm heraus: „im
Wald sind Männer, die uns überfallen wollen, wenn es dunkel ist, wenn das
Käuzchen ruft…“
„Wegelagerer?“, fragte Conrad.
Der Junge nickte.
„Weißt du, wie viele es sind?“
„Nein. Aber sie haben gesagt, wenn alle schlafen, wäre es
ein Kinderspiel.“
„Gut, dann werden wir ihnen den Gefallen eben nicht tun.“
Conrad klopfte dem Jungen anerkennend auf die Schulter. „Das hast du gut
gemacht, Junge. Ein Glück, dass wir dich mitgenommen haben.“
Erstaunt schaute Geronimo zu dem jungen Ritter auf. Hatte er
wirklich ihn gemeint? Das Lob machte ihn sehr stolz und vertrieb augenblicklich
seine Furcht. Ritter Conrad wusste sicher, was zu tun ist.
Inzwischen waren mehrere Waffenknechte hinzugetreten, einige
hatten die letzten Worte gehört.
„Ein Überfall?“, fragte Martin, der junge Hauptmann der
Waffenknechte aus Breuberg ungläubig, „wer greift denn eine so stark bewachte
Reisegruppe an?“
„Vielleicht wittern sie reiche Beute bei so einer Eskorte“,
vermutete Conrad, „oder sie sind hinreichend verzweifelt. Auf jeden Fall müssen
sie ziemlich zahlreich sein, wenn sie das Wagnis auf sich nehmen. Ich glaube
eher, es sind marodierende Soldaten als gewöhnliche Wegelagerer.“
Dann wandte er sich wieder an Geronimo. „Hast du gesehen, welche
Bewaffnung sie tragen? Haben sie Schwerter oder nur Knüppel?“
„Ich konnte sie nicht sehen“, antwortete Geronimo, „aber ich
habe sie genau gehört. Ich habe Eisenklirren gehört, ich glaube, sie hatten
Schwerter. Ich habe auch gehört, wie sich einer den Helm abgeschnallt hat.“
„Du hast aber ein verdammt gutes Gehör“, stellte einer der
Waffenknechte fest, „weißt du auch, welche Farbe der Helm hatte?“ Einige
lachten verhalten.
Conrad warf dem Soldaten einen strengen Blick zu.
„Es war kein Lederhelm“, antwortete der Junge jedoch prompt,
„dann hätte ich nicht das Klirren der eisernen Schnalle gehört, als sie beim
Abnehmen an den Helm
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